Hulk meets Lame duck – Schlägt Trump nun zu?
Kurz vor einem Treffen mit Kommissionschef Juncker brüstet sich der britische Premier Johnson mit “großen Fortschritten” in den Brexit-Gesprächen. Doch in Brüssel ist davon nichts zu sehen.
Nach Darstellung der EU-Kommission haben die Gespräche bisher nur auf „technischer Ebene“ stattgefunden. London habe dabei keine Alternative zum umstrittenen Backstop vorgelegt.
Doch die Briten stellen dies ganz anders dar. Der Brexit-Beauftragte David Frost habe am Mittwoch Pläne für „Irland-spezifische“ Regeln vorgelegt, die den Backstop ersetzen sollen, hieß es.
Um eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland zu vermeiden, sollten „alternative Zoll-Prozeduren“ mit Kontrollen jenseits der Grenze entwickelt werden.
In Brüssel stößt dies nicht auf Begeisterung, in Dublin noch weniger. Irlands Regierungschef Varadkar sagte, man sei zwar breit, über Alternativen zu diskutieren. Aber die Vorschläge der Briten seien sehr unzureichend.
Eine andere Möglichkeit wäre, dass das britische Nordirland auch nach dem Brexit zunächst im europäischen Binnenmarkt oder in der Zollunion bleibt.
So würde die Zollgrenze mit der EU nicht quer durch Irland, sondern durch die irische See verlaufen; bis zu einer endgültigen Lösung wäre Nordirland von der britischen Insel abgekoppelt.
Bisher hat die nordirische DUP-Partei das verhindert. In Brüssel spekuliert man jedoch, dass die DUP für Johnson keine große Rolle mehr spiele, da er ohnehin keine Mehrheit im Unterhaus mehr habe.
Die Londoner “Times” hatte unter Berufung auf Parteikreise berichtet, die DUP habe ihren Widerstand gegen eine mögliche Lösung im Brexit-Streit teilweise aufgegeben.
DUP-Chefin Arlene Foster erteilte diesen Gedankenspielen jedoch eine Absage. Sie erklärte auf Twitter, ihre Partei akzeptiere keinen Brexit-Vertrag, der den Binnenmarkt Großbritanniens spalte.
Immerhin ist der Druck auf Johnson gestiegen, sich um eine Einigung mit der EU zu bemühen. Ob er sich deshalb nun so aufplustert und mit dem Superhelden “Hulk” vergleicht?
Und was ist von Juncker zu erwarten? Bisher ist ihm beim Brexit nichts gelungen, vielen gilt er längst als “Lame Duck”. Aber vielleicht kann er gerade deshalb noch etwas bewegen…
Siehe auch “Bewegung beim Brexit?” und “Johnsons schmutzige Trümpfe”
Watchlist
- Droht ein US-Krieg gegen Iran? Nach den Drohen-Attacken auf Ölfelder in Saudi-Arabien haben die USA Iran beschuldigt, hinter den Angriffen zu stecken. Die Mullahs in Teheran haben den Vorwurf vehement zurückgewiesen. Dennoch sind nur Militärschläge denkbar – ob Großbritannien oder Frankreich mitmachen?
- Gehen die EU-Staaten gegen Ungarn vor? Am Montag tagen die Europaminister in Brüssel – zum ersten Mal wollen sie über das Rechtsstaatsverfahren reden, das das Europaparlament angestrengt hat. Zuletzt sah es eher nach Entspannung aus; die kommende Kommissionschefin von der Leyen umgarnt die Regierung in Budapest.
Was fehlt
- Das grüne Licht der Welthandelsorganisation für US-Vergeltungsmaßnahmen im Streit um europäische Airbus-Subventionen. Am Freitag war durchgesickert, dass die WTO den USA in einer geheimen Entscheidung Recht gegeben hat. US-Präsident Trump könnte dies für einen Zoll-Hammer nutzen – es geht um 5 bis 10 Mrd. Euro.
- Das nächste Ermittlungsverfahren gegen einen Kommissar im Team von der Leyen. Diesmal geht es um den Belgier Reynders. Er sieht sich mit Vorwürfen der Geldwäsche in der Demokratischen Republik Kongo konfrontiert. Details wurden nicht bekannt – aber für den designierten Justizkommissar ist das überaus peinlich…
Peter Nemschak
16. September 2019 @ 14:02
Steuerparadiese beschränken sich nicht nur auf das UK. Warum soll die Eurozone wegen der Steuerparadiese nicht weiterkommen?
Holly01
17. September 2019 @ 08:01
…. weil die EU die Maßnahmen zur Steuerhinterziehung und zu den schwarzen Listen (auf denen die rechtsfreien Räume der Finanzwirtschaft geführt werden) dank der Steuerparadiese nicht voranbringen kann.
das geht von Junckers Luxemburg über das UK bis nach Deutschland mit seinen „Lücken“ in der Gesetzgebung, wo keiner was tut.
Das Uk hat aber mit der CoL die größte Drehscheibe für solche Geschäfte oder dachten Sie der Kaffee in London schmeckt besser als der beim Sachbearbeiter in Frankfurt, Paris oder Rom?
Ein Land ohne die Möglichkeit in einen Laden zu gehen und ein Buch zu kaufen in dem alle Gesetze drin stehen, will keine Rechtssicherheit.
Seehofers geblubber von Gesetzen die man so formulieren muss das die Leute nicht verstehen was da passiert geht auch in diese Richtung und spricht für den Verfall auch in Deutschland.
Geld ist der Ausdruck von Rechten !!!! die als Beleihungsgrundlage dienen.
Rechte ruhen auf Recht und Gesetz !!!!
Keine Rechtssicherheit bedeutet kein sicheres Geld. So einfach ist das.
vlg
Holly01
16. September 2019 @ 10:17
Das eigentliche Problem ist ja nicht Nordirland. Nordirland gehört ja mit dem Finanzplatz Dublin ja sowieso schon ein Dorn im Euro-Raum.
Zum UK gehören aber noch die Überseegebiete und ganz und gar offiziösen Steuerparadiese die unter königlichem Recht stehen.
Die gehören nur dem Namen nach zum UK.
Das ist ja ein gewichtiger Grund warum die Eurozone nicht weiter kommt und anfällig bleibt.
So gesehen kann man Dublin nach dem Brexit wahrscheinlich einbremsen.
Ein Sonderstatus würde aber die ganzen Bemühungen um eine konsistente Eurozone auf Jahrzehnte zerstören.
Also die harte Grenze ist das Aushängeschild einer tieferen Konfliktes um den Binnenmarkt im Finanzsektor.
vlg