Warum diese Europawahl eine Mogelpackung ist (2)

Der Europa-Wahlkampf nimmt langsam Fahrt auf. Die Parteien versuchen, mit dramatischen Appellen zur Wahl im Juni zu mobilisieren. Dabei haben die Wähler diesmal weniger zu melden als früher – fünf Gründe.

  • Im Gegensatz zu 2014 (Eurokrise) und 2019 (Klimakrise) geht es diesmal nicht um eine andere (Krisen-)Politik. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs heißt es vielmehr “keine Experimente”.
  • Die EU will auf Nummer sicher gehen und nichts dem Zufall beziehungsweise den Launen der Wähler überlassen. Deshalb arbeiten die EU-Chefs bereits an der Agenda für die nächste Legislatur.
  • Die nächste Kommissionsspitze steht schon so gut wie fest, auch die Politik für die nächsten Jahren ist vorgezeichnet: Von der Leyen soll an der Spitze der EU-Kommission bleiben, die Ukraine soll EU-Mitglied werden, der Klimaschutz wird aufgeweicht. Dagegen wird die Asyl- und Migrationspolitik spürbar verschärft.
  • In den USA tobt über all diese Fragen ein harter Wahlkampf. Dort gibt es eine echte, wenn auch wenig erfreuliche Alternative: Joe Biden gegen Donald Trump. In der EU hingegen scheint von der Leyen alternativlos. Europas „Schicksalswahl“ ist eigentlich schon gelaufen.
  • Die dramatischen Wahl-Appelle sind deshalb nicht ernst zu nehmen. Sie stehen im krassen Gegensatz zum schwindenden Einfluß der Wähler auf die Politik der EU. Deshalb spreche ich von einer Mogelpackung.

All dies heißt nicht, dass diese Wahl sinnlos wäre. Man sollte nur keine nennenswerten Änderungen auf der EU-Ebene, also in Brüssel, erwarten. Umso größer könnte die Wirkung in Berlin, Paris und anderen nationalen Hauptstädten sein. Ich rechne mit einem massiven Denkzettel für Scholz und Macron…

Siehe auch “Warum diese Europawahl eine Mogelpackung ist (Teil 1).” Ausführlich führe ich meine Argumente im aktuelle “Cicero” (Magazin) aus, leider gibt es noch keine Online-Fassung.

P.S. Wie es der Zufall so will, fand gerade wieder ein “Leader’s meeting” mit Staats- und Regierungschefs der EU zur “strategischen Agenda” statt – diesmal in Vilnius. In diesen kleinen und verschwiegenen Runden, die es auch schon im Berliner Kanzleramt gab, wird die EU-Politik der nächsten Jahre festgelegt. Das Ergebnis soll beim EU-Gipfel im Juni präsentiert werden – wenige Tage nach der Europawahl 🙂