Russische Kriegsverbrechen: Zentrale Fragen weiter offen

In Den Haag hat eine Konferenz zu mutmaßlichen russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine begonnen. Sie soll für Gerechtigkeit sorgen und Entschädigungen vorbereiten – doch zentrale Fragen sind auch zwei Jahre nach Beginn des Krieges immer noch offen.

Das ukrainische Volk erwarte Gerechtigkeit, sagte der ukrainische Außenminister Kuleba bei seiner Ankunft in Den Haag. Seine niederländische Kollegin Hanke Bruins Slot verwies zur Eröffnung der Tagung darauf, dass durch den Krieg Zehntausende Menschen ihr Leben verloren hätten oder verletzt worden seien.

Zudem gebe es eine lange Liste von Verbrechen. Das zeige, wie wichtig eine Unterstützung der Ukraine sei. Andernfalls werde das Justizsystem letztlich “unter der Last dieser Gräueltaten zusammenbrechen“, sagte die Ministerin.

Allerdings ist immer noch unklar, welches Gericht eigentlich zuständig ist.  Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehle gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und russische Militärs ausgestellt, kann diese aber nicht umsetzen.

Die Ukraine will selbst einen Sondergerichtshof für russische Kriegsverbrecher einrichten, etwa in Kiew. Viele EU-Staaten würden aber ein neues Gericht in Den Haag bevorzugen. Allerdings hat die EU noch keinen Plan, wie dieses zusammengesetzt sein sollte.

Ein weiteres Problem ist, dass das mutmaßlich größte russische Kriegsverbrechen, das Massaker in Butscha, auch zwei Jahre danach nicht vollständig aufgeklärt ist. Vor einem Jahr berichtete die “Deutsche Welle” von “langsamen Ermittlungen”.

Seither gab es keine Neuigkeiten – nicht einmal zum 2. Jahrestag des Gemetzels am vergangenen Wochenende. Die Ukraine und die “New York Times” wollen zwar russische Verantwortliche identifiziert haben – doch Beweise lassen auf sich warten.

Man darf gespannt sein, ob dies in Den Haag offen angesprochen wird – oder peinlichst verschwiegen. Interessant wird auch die Frage nach den Maßstäben, die man an den Krieg in der Ukraine anlegt – und an andere Kriege wie etwa in Gaza.

Dort hat Israels Armee in wenigen Monaten größere Verheerungen angerichtet als Russland in zwei Jahren. Zuletzt wurde das Al-Schifa-Krankenhaus zerstört und eine NGO angegriffen, wobei auch Amerikaner und Europäer getötet wurden.

Doch der Aufschrei in der EU ist ausgeblieben. Jeder Angriff in der Ukraine findet mehr Beachtung als das unmenschliche Vorgehen der israelischen Armee in Gaza. Die Doppelstandards sind nicht zu übersehen – auch nicht in Den Haag…