Warten auf Scholz
“In Europa wird wieder deutsch gesprochen”, sagte V. Kauder auf dem Höhepunkt der Eurokrise. “Europa muss nicht mehr auf uns warten”, erklärt der CDU-Mann nun. Verheißt dass Besseres?
Man darf es bezweifeln. Es war das deutsche Europa, das fällige Reformen jahrelang verschleppte. Erst Frankreichs Präsident Macron gelang es, die EU aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken.
Nun will Deutschland also schnell antworten. Doch mit einer erfreulichen Antwort rechnet niemand mehr. Die Konservativen und ihre Lautsprecher von “FAZ” bis “Welt” fürchten, dass Deutschland für Macron zahlen wird.
Und die Sozis um M. Schulz haben bis heute keine eigene Antwort auf Macron formuliert. Der neue Koalitionsvertrag enthält auch keine klaren Aussagen. Die GroKo zeige “wenig Liebe für Europa”, kritisiert “Politico”.
Entsprechend verhalten fallen auch die Reaktionen in Brüssel aus. Nur Währungskommissar Moscovici, ein französischer Sozialist, lobt die GroKo und die SPD. Nun fühlt er sich wohl nicht mehr ganz so allein.
Doch noch während Moscovici dies schrieb, stimmten die Konservativen im Europaparlament, angeführt von CDU und CSU, schon wieder eine wichtige EU-Reform nieder: die EU-weiten Wahllisten.
Sie verprellten damit die SPD und zeigten, was vom deutschen “Aufbruch für Europa” zu halten ist: nicht viel. Auch Macron sollte sich keine allzu großen Hoffnungen machen.
Ein “Copy-and-Paste” der hochgelobten Forderungen aus seiner Sorbonne-Rede werde es nicht geben, warnte M. Weber (CSU), der die EVP-Fraktion im Europaparlament führt.
Wir dürfen gespannt sein, was der neue Außenminister Schulz aus dieser Gemengelage macht. Zwischen Kauder, Weber und Kanzlerin Merkel bleibt ihm nicht mehr viel Spielraum, oder?
Letztlich kommt es ohnehin nicht auf Schulz, sondern auf den neuen Finanzminister Scholz an. Er wird es sein, der entscheidet, ob das deutsche Spardiktat passé ist. Die “schwarze Null” hat schon mal überlebt…
WAS FEHLT? S. Abdeslam. Der Hauptverdächtige im Prozeß um die Schießerei im Brüsseler Stadtteil Forest will am Donnerstag nicht mehr vor Gericht erscheinen. Damit wird auch die Aufklärung der Attentate von Paris und Brüssel erschwert.
Kleopatra
11. Februar 2018 @ 06:59
An “Macrons Ideen” ist schon problematisch, dass er damit zwei Tage nach der Bundestagswahl herausgekommen ist. Es ist grundsätzlich ja in Ordnung, Dinge vorzuschlagen, für die er um die Zustimmung der deutschen Öffentlichkeit werben muss. Aber warum _nach_ den deutschen Wahlen? Damit hat er bewusst verhindert, dass deutsche Wähler sich mit ihrer Wahl auch hierzu positionieren, und ihnen implizit zu verstehen gegeben, dass er sie für Deppen hält, die nichts zu melden haben.
Falls man gegen diese Überlegung mit dem Hinweis argumentiert, dass Positionen zur EU-Politik nicht im Wahlkampf zerfetzt werden sollten, ist da natürlich wieder etwas dran. Nur bedeutet das umgekehrt, dass man konzedieren würde, dass für eine “Weiterentwicklung der EU” auf keine Unterstützung durch die Bürgerschaft gezählt werden könnte.
Peter Nemschak
8. Februar 2018 @ 10:06
Wir werden sehen, ob die zukünftige Europapolitik zum Etatistentreff wird.Von den USA könnte Europa hinsichtlich Unternehmermentatlität einiges lernen. mehr Liberalität könnte der EU nicht schaden.