Schluss mit Merkel-Bashing!?
Nach der SPD rudern nun auch die Grünen in der Europapolitik zurück. Man dürfte nicht alle Probleme Kanzlerin Merkel anlasten, fordert Grünen-Vordenker M. Sarrazin. Das “Merkel-Bashing nützt Merkel”, schreibt die “taz” dazu. Waren wir wirklich zu hart mit Mutti?
Erstmal zu den Fakten: Die Grünen haben sich ihre Wahlniederlage selbst zuzuschreiben. Die Europapolitik spielte dabei kaum eine Rolle, die Kritik an Merkel war kaum vernehmbar.
Gewinner der Bundestagswahl sind jene, die Merkel hart rangenommen haben, nämlich Linke und AfD. Die Sozialdemokraten, die die Kanzlerin schonten, haben davon nicht profitiert.
Fakt ist natürlich auch, dass die Mehrheit der Deutschen mit Merkels Eurokurs einverstanden ist. Aber das liegt vor allem daran, dass SPD und Grüne keine Alternativen formuliert haben.
Und nun mein Part, nur zur Erinnerung an Merkels Verantwortung:
- Merkel war es, die die Griechenland-Hilfe zu Beginn der Krise um Monate hinauszögerte, um die NRW-Wahl zu gewinnen (die CDU verlor trotzdem). Das hat die Krise verschärft und die Springer-Hetze gegen Athen angeheizt.
- Merkel war es, die Spanien unter den Rettungsschirm zwang, und die spanischen Steuerzahler in Haftung für die Banken nahm. Damit hat sie die Krise in Spanien unnötig verlängert; das Land hat sich bis heute nicht erholt.
- Merkel war es, die den Fiskalpakt erst Frankreich und dann der ganzen Eurozone aufdrängte – gegen den Willen der EU-Kommission und Großbritanniens. Damit hat sie die EU gespalten und Frankreich geschadet – Paris wurde kurz danach herabgestuft.
- Merkel war es, die Eurobonds und eine gemeinsame Schuldentilgung in Bausch und Bogen verdammte. Damit stellte sie sich gegen vier EU-Präsidenten und den deutschen Sachverständigenrat. Wie der Schuldenberg abgetragen werden soll, bleibt offen.
- Merkel war es, die erst den Wettbewerbspakt (Euro-Plus-Pakt) und dann die Reformverträge für Wettbewerbsfähigkeit erfand. Damit will sie eine Agenda-Politik in ganz Europa durchsetzen – beim EU-Gipgfel im Dezember wird das wieder Thema.
Natürlich ist die Kanzlerin nicht für jede Schweinerei der Troika und jede Attacke von Spekulanten verantwortlich. Aber das Kanzleramt hat die Troika-Berichte zu Griechenland so lange gedreht und gewendet, bis sie Berlin passten.
Und Mutti hat auch dafür gesorgt, dass die Märkte in der Eurokrise NICHT an die Leine gelegt wurden, wie dies u.a. Cohn-Bendit und J. Fischer gefordert haben. Sonst drohe “moral hazard”, heißt ihr fragwürdiges Standard-Argument.
Last but not least hat sie dafür gesorgt, dass die SPD in der Koalitionsvereinbarung zu 99 Prozent auf Merkel-Kurs eingeschwenkt ist. Die Grünen sollten sich davon abheben, statt es nachzubeten…
Siehe zu diesem Thema auch “Kann der Nein-Euro überleben?”. Da steht, was Merkel alles verhindert hat…
Till
5. Dezember 2013 @ 21:02
Die Tusse ist ne marionette- wie der rest. bashing oder nicht bashing ist wurscht. ist politisch wohl kaum relevant.
GS
5. Dezember 2013 @ 10:19
Eine Sache stimmt nicht: Die Linke ist keine Wahlgewinnerin. Immerhin hat sie über 3 % verloren, was für eine Kleinpartei viel ist. Sie hat nur besser abgeschnitten als die Grünen, aber deren Ergebnis war tatsächlich katastrophal. Diese Erkenntnis ist für Deine Analyse aber schon wichtig, denn sie zeigt, dass nur Parteien Wahlgewinner waren, die entweder die Merkel-Linie gefahren sind oder noch “härter” waren (AfD), wobei der AfD der Hauptpreis (Mandate) verwehrt geblieben ist. Ich denke, dass das auch die Zurückruderei erst der SPD, dann der Grünen in der Europapolitik erklärt. Die haben erkannt, dass derzeit mit Forderungen, wie Du sie vertrittst, einfach keine Wahlen zu gewinnen sind.
ebo
5. Dezember 2013 @ 11:46
Naja, gewinnen und verlieren ist relativ. Die Linke steht ja auch viel besser da als die FDP, die Merkels Kurs voll mitgetragen hat – und abgeschmiert ist. – Was dieForderungen in diesem Blog betrifft: So weit ich sehen kann, hat sie keine einzige deutsche Partei vertreten. Und das, obwohl viele Ideen – wie die “Blue Bonds”, der Schuldentilgungsfonds, ja sogar das Euro-Budget – aus Deutschland kamen. Das Budget hat sogar Merkel selbst ins Gespräch gebracht. Doch sie steht nicht dazu. Sie steht auch nicht zu den Folgen ihrer Politik in Griechenland, Portugal, Spanien etc. Diesen Vorwurf muss sie sich schon gefallen lassen, und er wird auch unweigerlich kommen. Vielleicht nicht in Berlin, aber in Brüssel, Athen, Lissabon, Madrid, Washington… Herrje, wie provinziell ist Deutschland geworden!
Johannes
5. Dezember 2013 @ 18:58
Aber Ebo, die Jungs im Süden Europas und auch sonst wo müssen dann einfach NEIN sagen zu all diesen schrecklichen Dinge. Es geht ebenso nicht, ständig auf uns Deutsche einzuschlagen aber immer irgendwie JA zu sagen zu Merkels Plänen. Immer sind wir Deutsche schuld, nicht die Länder mit den Schulden, alle Probleme gehen von Deutschland aus, das ist hinterhältig. Und Deutschland hat sich gegen England gestellt, du müsstes doch jetzt feiern 😉