Wahl in Polen: Brüssel gratuliert dem Verlierer
Das gab’s noch nie: Nach der Präsidentschaftswahl in Polen gratuliert das Europaparlament nicht etwa dem Gewinner Duda, sondern dem äußerst knapp unterlegenen Verlierer Trzaskowski. Denn der gilt als europafreundlich.
„Wir sind sehr stolz auf Deine Wahlkampagne“, twitterte der CSU-Politiker und Chef der größten Parlamentsfraktion, M. Weber.
„Wo Deine Gegner mit Haß spalten, machst Du Hoffnung“, schrieb er in Anspielung auf die aggressive Kampagne des Wahlgewinners Duda. „Du hast Polen und Europa gezeigt, dass eine andere Zukunft möglich ist.“
Einen Blick nach vor wagt auch die grüne Europaabgeordnete T. Reintke. Das Wahlergebnis sei zwar eine Enttäuschung, sagte sie.
„Ein Grund zur Hoffnung“ sei aber das Verhalten der jungen Wählerinnen und Wähler, die mit großer Mehrheit für ein europäisches Polen abgestimmt hätten.
Ganz ähnlich kommentierte die SPD-Abgeordnete K. Barley. „Die unter 50jährigen stimmen für den Wechsel, ebenso der komplette Westen des Landes“, so die Vizepräsidentin des Europaparlaments auf Twitter.
„Keine Propaganda, keine Tricksereien haben sie davon abhalten können.“ Dies mache Mut.
In Brüssel hofft man nun, dass Wahlsieger Duda und die regierende PiS-Partei auf die EU zugeht. Für Ärger hat zuletzt vor allem die umstrittene Justizreform gesorgt. Zudem wird Polen für das geplante neue EU-Budget und den Wiederaufbau-Fonds gebraucht.
Das Budget soll auch eine Rechtsstaats-Klausel enthalten – unklar ist, ob die PiS-Regierung ihre Zustimmung gibt. Ungarns starker Mann Orban hat bereits mit einem Veto gedroht…
Claus Hiller
14. Juli 2020 @ 08:39
Im Ergebnis so oder anders – das Volk scheint mit der Wahl eines Präsidenten ohnehin total überfordert zu sein. Deshalb nimmt in Deutschland die Politik dem Volk diese Bürde ab und lässt den Bundespräsidenten in Hinterzimmern auskungeln. Ganz im Sinne einer Frau Barley: “Keine Propaganda, keine Tricksereien.”
Fritz - Ulrich Hein
14. Juli 2020 @ 08:16
Jedenfalls wurde ersteinmal die homofreundliche Partei nicht gewählt. Und das quält natürlich deutsche Politiker. Ich hoffe jedenfalls, dass aufgrund der Vorkommnisse vor der Stichwahl und die jetzigen Äußerungen der „Westpolitiker“ der Bumerang aus Polen Deutschland voll trifft.
Kleopatra
13. Juli 2020 @ 23:24
Anders als Boris Johnson tritt auch Andrzej Duda nicht für einen Austritt seines Landes aus der EU ein, und wenn das nicht “europafreundlich” ist, was bitte soll es dann sein?
Korrekterweise sollte man von Vertretern großer Fraktionen des EP sprechen, ich sehe hier keine Stellungnahme des EP selbst. Ist es übrigens ein Zufall, dass alle drei Abgeordnete, die Sie zitieren, Deutsche sind, oder regen sich wirklich nur oder vor allem Deutsche über die polnischen Wahlergebnisse auf? Ist ja auch wirklich unglaublich, dass die Polen nicht das wählen, von dem jeder fortschrittliche Deutsche weiß, dass es das beste für ist 😉