Von wegen unabhängig: “Koalition der Willigen” schlüpft unters Dach der Nato
Frankreich und Großbritannien wollten unabhängig von den USA und der Nato die Ukraine absichern. Nun trifft man sich bei der Nato wieder – und hofft auf die Amerikaner.
Die europäische „Koalition der Willigen“ für die Ukraine nähert sich der Nato an. Als demonstratives Zeichen der Verbundenheit trafen sich 30 Verteidigungsminister der informellen Koalition im Nato-Hauptquartier in Brüssel.
Es war eine Premiere – bisher hatte die von Frankreich und Großbritannien begründete Allianz stets auf Chefebene in Paris oder in London getagt.
Beim Treffen in Brüssel wollten die „Willigen“ nun Bilanz ziehen. 200 Militärplaner aus 30 Ländern hätten die Vorbereitungen auf einen möglichen Einsatz „wie ein Mann“ vorangetrieben, berichtete der britische Verteidigungsminister Healey.
Die erste Priorität für eine mögliche Friedensmission sei es, den Luftraum über der Ukraine abzusichern, danach gehe es um die See.
Kein Platz am Verhandlungstisch
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Allerdings ist ein Waffenstillstand in weite Ferne gerückt, Russland hat seine Angriffe sogar ausgeweitet. Außerdem haben die Europäer immer noch keinen Platz am Verhandlungstisch gefunden.
Die Details einer möglichen Friedenslösung machen die USA und Russland unter sich aus, auch die Ukraine ist nur indirekt beteiligt. Die Europäer haben nicht einmal einen eigenen Friedensplan!
Zudem bleibt unklar, wer sich an den geplanten „Rückversicherungstruppen“ in der Ukraine beteiligen wird. Bisher steht nur die Teilnehme Frankreichs und Großbritanniens fest, die meisten anderen Länder machen ihren Einsatz von Sicherheitsgarantien der USA abhängig.
US-Präsident Trump ist dazu bisher aber nicht bereit. Mit dem Treffen am Nato-Sitz in Brüssel sind die Willigen zwar symbolisch auf die USA zugegangen – doch ob man sich auf ein gemeinsames Vorgehen einigen kann, ist weiter fraglich.
Kommen die USA zurück?
Eine erste Antwort könnte es schon am Freitag geben: Dann trifft sich die so genannte Ukraine-Kontaktgruppe – ebenfalls im Nato-Hauptquartier in Brüssel.
Bis zum letzten Jahr hat diese Gruppe unter US-Führung im im US-Stützpunkt Ramstein getagt und die Waffenhilfe für die Ukraine koordiniert. Nach Trumps Amtsantritt zogen sich die USA jedoch aus der Führungsrolle zurück.
Die große Frage ist nun, ob die USA an der Kontaktgruppe teilnehmen – und sich damit auch wieder den Europäern und ihrer „Koalition der Willigen“ annähern.
Karl
11. April 2025 @ 12:18
Titi: Nur noch die Neutralität kann die “wirksame militärische Allianz-Alternative zur NATO auf europäischen Boden” sein, von der sie sprechen.
Österreich fährt sehr gut mit der Neutralität und hat momentan Chancen, den Wohlstand breiter Bevölkerungsschichten zu halten. Indessen unser Blackrocker bereits 800 Milliarden aus dem Bundeshaushalt für seine superreichen Auftraggeber plünderte, bevor er überhaupt zum Kanzler gewählt war. So wird es weitergehen.
Sie, Titi, lassen sich Sand in die Augen streuen, denn eine eigenständig handlungsfähige Industrie Europas gibt es nicht mehr. Daher kann es auch keine europäische Rüstungsindustrie geben. Die “Deutschland-AG” wurde unter Schröder/Fischer ab 1998 aufgelöst. Die Aktionärsmehrheiten, so z. B. bei Rheinmetall und den DAX-Konzernen, sitzen heute in den USA, Blackrock hat das Sagen. Viele KMU wurden geschreddert.
Die historische Alternative, von der Sie sprechen, war der Gaullismus, der heute leider auch in dem Frankreich Macrons & Le Pens tot ist. Die Weichen wurden bereits bei Gründung der EU kurz vor dem Mauerfall falsch gestellt. Lesenswert: “Frankreich beging noch einen zweiten Fehler. … Deutschland … durch die Schaffung einer gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik (Gasp) ‘einzubinden’.” Diese Gasp konnte “nur im Rahmen der Nato erfolgen. Statt Deutschland aus der Nato herauszulösen, konnte diese Politik letztlich nur zu einer vollständigen Reintegration Frankreichs [in die Nato] führen.”
Aus: “Wie de Gaulle lernte, Adenauer zu lieben” / Von Pierre Béhar, 2004
https://monde-diplomatique.de/artikel/!765516
Titi
11. April 2025 @ 10:27
Die USA haben ja auch gut dafür gesorgt, dass da keine wirksame militärische Allianz-Alternative zu NATO auf europäischen Boden aufgebaut wird.
Ein alternatives Militärbündnis würde jetzt viel Zeit benötigen, bis es die nötige Stärke erlangt. Bei der Waffenproduktion ist Europa nicht autark genug für seine Abschreckungspläne, somit macht man sich weiterhin von den USA abhängig.
PS: Aus Kiew kam in den letzten Tagen die Meldung, dass chinesische Soldaten in der russischen Armee in der Ukraine kämpfen. Zwei Chinesen wurden laut Kiew gefangen genommen. Möchte Zelensky mit dieser Meldung auch erreichen, dass Trump beschließt, die Ukraine wieder militärisch zu unterstützen (da Trump bekanntlich gegen China vorgehen möchte)?
Helmut Höft
11. April 2025 @ 08:39
Man will unabhängig von den USA – und dann hofft man auf die USA … Hm? *grübel_grübel* Was ist falsch an dem Satz?
Guido B.
11. April 2025 @ 08:10
„Die Europäer haben nicht einmal einen eigenen Friedensplan!“
Das sehe ich anders. Die Europäer haben sehr wohl einen Friedensplan. Er sieht vor, dass Russland alle eroberten Gebiete zurückgibt, Kriegsreparationen bezahlt, seine Führung dem IStGh übergibt, weiterhin den Sanktionen unterliegt und Paria auf der Weltbühne bleibt. Das ist der Friedensplan.
Darum hat Russland keine andere Wahl, als die ukrainische Regierung zur Kapitulation zu zwingen. Der Krieg wird so lange dauern, bis Russland dieses Ziel erreicht hat.
Stef
11. April 2025 @ 08:09
Daran wird sich nichts ändern, solange der Karriereweg der „dienenden Führung“ (Habeck) zugunsten der USA der attraktivste für unsere Führungsmannschaft bleibt. Die Kernfrage ist deshalb: Wie können wir die typische Wasserträgerkarriere steinig und unattraktiv machen und gleichzeitig die Mühsal der Emanzipation vom Vasallenstatus attraktiv?
Im Grunde geht es um mehr bzw. auch um andere Felder. Dieselbe Frage stellt sich auch im Verhältnis von Arbeit zu Kapital. Es ist attraktiver dem Status Quo des Großkapitals zu dienen, die Gegenseite ist in jeder Hinsicht unattraktiv. Engagement für den Frieden ist ebenfalls politisch und ökonomisch reizlos, die Rüstungsindustrie bietet die besseren Aussichten und ihre parlamentarische Politlobby die besseren Gestaltungsmöglichkeiten und Karrierewege.
Wir sehen gerade an der neuen Bundesregierung, dass der herkömmliche Karriereweg der „dienenden Führung“ noch bestens funktioniert. Ich hoffe, es gibt einen demokratischen Weg die „dienende Führung“ auf neue Paradigmen und Ziele zu verpflichten. Ich bin aber nicht überzeugt davon. Das System riegelt sich zunehmend systematisch von Änderungen ab, das ist am Koalitionsvertrag ablesbar.
european
11. April 2025 @ 07:48
Patrik Baab liefert in seinem jüngsten Interview eine knallharte Analyse der Situation und beschreibt wie unaufhörlich sich Deutschland und die EU selbst in den Untergang bewegen. Er untermauert das mit Fakten und beschreibt die fatale Auswirkung einer Politik, die nicht auf die fähigsten Leute, sondern auf Ideologie und Netzwerker setzt. Kurz gesagt. Wir haben vollständig den Plot verloren mit sehr fatalen Konsequenzen.
Wirklich sehr hörenswert. Das hätten sich alle Wähler vor der Wahl anhören sollen.
https://youtu.be/Z1j1UsJ8gSU?feature=shared