Von der Leyen allein zu Haus
So schnell kann’s gehen: Am Dienstag hat Klimakommissar Frans Timmermans seinen Job aufgegeben, um als Spitzenkandidat der Sozialdemokraten in den Niederlanden anzutreten.
Kurz darauf ernannte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen seinen Amts-Nachfolger – den Slowaken Maros Sefcovic. Der hat schon öfter als Ausputzer vom Dienst hergehalten, etwa nach dem Brexit.
Ein eigenes Profil hat sich Sefcovic aber nicht erarbeitet. So bleibt von der Leyen allein zu Haus – zumal auch ein zweites Schwergewicht, Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, ihren Abgang angekündigt hat.
Timmermans und Vestager galten bei der Europawahl 2019 als Hoffnungsträger, nun kehren sie Brüssel den Rücken. Was nicht zuletzt daran liegt, dass von der Leyen ihnen den Schneid abgekauft und sich in den Vordergrund gedrängt hat.
Nun muß sie sehen, wie sie allein klarkommt – mit massivem Gegenwind in der Umwelt- und Klimapolitik aus ihrer eigenen Parteienfamilie, der konservativen EVP. Und das zehn Monate vor der nächsten Europawahl.
Geschieht ihr recht! Künftig kann sie nicht mehr auf Timmermans oder Vestager verweisen, wenn es Probleme gibt – wie zuletzt beim Renaturierungs-Gesetz. Nun muss sie selbst dafür gerade stehen…
Siehe auch Aufgelesen: Von der Leyen laufen die Kommissare davon. Mehr zur Klimapolitik hier
P.S. Das Deutschland seine Klimaziele für 2030 und 2045 verfehlen dürfte, macht es für VDL nicht leichter. Schließlich kommt sie selbst aus der (früheren) Bundesregierung. Bei ihrem Wechsel nach Brüssel hat sie „Klimaneutralität“ bis 2050 versprochen – das ist kaum noch erreichbar…
Arthur Dent
23. August 2023 @ 23:24
„Bei ihrem Wechsel nach Brüssel hat sie „Klimaneutralität“ bis 2050 versprochen – das ist kaum noch erreichbar… “
Die weltweite Nachfrage nach fossilem Kohlenstoff liegt derzeit bei etwas über 10 Mrd. Tonnen jährlich – es versteht sich von selbst, das die Ersetzung einer solchen Masse an Ressourcen kaum etwas ist, das sich am besten durch staatliche Verkündung von Zielwerten für ein bestimmtes auf 0 oder 5 endendes Jahr schaffen lässt.
Das Renaturierungsgesetz dürfte der Landwirtschaft und der Ernährungssicherheit noch schwer zu schaffen machen. Eine Studie von Agrarökonomen der Universität Kiel (Henning et al., 2021) kommt zu dem Ergebnis, dass die F2F-Strategie zu einem signifikanten Produktionsrückgang und entsprechenden Preissteigerungen in der EU führen wird. Zwar prognostiziert die Studie eine Verringerung der Treibhausgasemissionen in der EU um 109 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Jedoch würden der Rückgang der Exporte und die Zunahme der Nahrungsmittelimporte aus Nicht-EU-Ländern dort zu einer Zunahme der THG-Emissionen um 54 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent führen, womit die Hälfte des erzielten Gewinns wieder zunichte gemacht würde. Darüber hinaus würden Landnutzungsänderungen in der EU zusätzliche Emissionen in Höhe von 50 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent verursachen. Insgesamt scheinen die negativen Auswirkungen auf die Nahrungsmittelkosten und die Ernährungssicherheit deutlich gravierender als die zu erwartenden Vorteile in Hinblick auf den Klimawandel.
KK
23. August 2023 @ 11:42
„Geschieht ihr recht! Künftig kann sie nicht mehr auf Timmermans oder Vestager verweisen, wenn es Probleme gib…Nun muss sie selbst dafür gerade stehen…“
Die hat bislang in all ihren Ämtern immer Sündenböcke für ihren eigenen Dilettantismus gefunden… und am Ende einen – beständig grösser werdenden – Scherbenhaufen hinterlassen. Und ich fürchte, sie hat noch lange nicht fertig – nach der Beerdigung der EU als Friedensprojekt droht sie dann wohl noch in Gestalt der obersten NAhTOd-Kriegsherrin, Europa auch noch völlig unbewohnbar zu machen.
Wenn es einen Gott geben sollte, der zulässt, dass solche Personen in derartige Ämter kommen, dann hat der einen arg fiesen Charakter…
Dr Wolfgang Sachsenroeder
23. August 2023 @ 10:54
Frau VdL kann den Laden sicher auch im Alleingang ruinieren. Fuer einen Europafan aus der Nachkriegsgeneration wie mich ist das ein trauriger Moment. Meine erste Mitgliedschaft nach den Pfadfindern war bei den Jungen Europaeischen Foederalisten.