Ursulas Krönung

Keine Gegenkandidaten, aber eine bombastische Inszenierung: EU-Chefin von der Leyen ist nun “Spitzenkandidatin” der EVP für die Europawahl. Wählen kann man sie allerdings nicht.

Vor fünf Jahren stand sie auf keinem Wahlzettel, nun soll sie für Christdemokraten und Konservative die Europawahl gewinnen: Die CDU-Politikerin Ursula von der Leyen ist beim Kongress der Europäischen Volkspartei (EVP) in Bukarest zur Spitzenkandidatin nominiert worden.

Für von der Leyen stimmten 400 Delegierte, 89 sprachen sich gegen sie aus. Gegenkandidaten gab es nicht.

Die Entscheidung war denn auch keine klassische Wahl, sie ähnelte eher einer Krönungszeremonie.

“Danke, Ursula”

Noch während die Stimmzettel ausgezählt wurden, huldigten mehrere konservative Staats- und Regierungschefs der „Queen of Europe“, wie die 65-Jährige in Brüssel augenzwinkernd genannt wird – wegen ihres selbstherrlichen Führungsstils an der Spitze der EU-Kommission, die seit sie 2019 leitet.

Für die Nominierung waren zahlreiche EU-Kommissare von Brüssel nach Bukarest gereist; die genaue Zahl wollte von der Leyens Sprecher auf Nachfrage nicht verraten.

Auch Parlamentspräsidentin Roberta Metsola ließ es sich nicht nehmen, am EVP-Event teilzunehmen und die deutsche EU-Chefin – die das Parlament eigentlich kontrollieren soll – zu loben. „Danke, Ursula“, rief sie aus.

Trotz der bombastischen Inszenierung mit Popmusik und Europahymne gab es in Bukarest einige Misstöne. So stimmten die konservativen französischen Republikaner gegen von der Leyen.

Der frühere EU-Kommissar Michel Barnier nannte es „unverständlich“, dass sie im Herbst an einer Parteiveranstaltung des liberalen französischen Staatschefs Emmanuel Macron teilgenommen hatte.

Allerdings stützt sich von der Leyen bei ihrer Bewerbung für eine zweite Amtszeit nicht nur auf Macron, der sie 2019 als Alternative zum damaligen EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber (CSU) aus dem Hut gezaubert hatte.

Wahl ohne Wähler

Sie hat auch das Vertrauen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und vieler anderer Staats- und Regierungschefs in der EU – quer durch alle parteipolitischen Lager.

Da die Chefs nach der Europawahl die Kommissionsspitze aussuchen und die EVP in allen Wahlprognosen vorn liegt, gilt ihre Bestätigung als so gut wie sicher.

Von der Leyen muss sich nicht einmal mehr den Wählern stellen: Sie hat sich gegen eine Bewerbung um einen Parlamentssitz entschieden und dient der EVP bei der Europawahl im Juni vor allem als Aushängeschild und Zugpferd.

Weiterlesen auf taz.de. Siehe auch “Von der Leyens zweite Amtszeit: Ein abgekartetes Spiel”