Unverständnis über Tunesien-Deal, düstere Wahlprognose – und EUropa spricht Catalan
Die Watchlist EUropa vom 19. September 2023
Es hagelt Kritik. Am Tunesien-Deal, an der EU-Kommission und an ihrer Chefin von der Leyen. Am Montag ging ein regelrechtes Hagel-Gewitter über die deutsche EU-Chefin nieder.
Beim “Midday Briefing” für die Presse kam eine kritische Frage nach der anderen. Was steht in dem Deal, warum ist er noch nicht in Kraft, wieso kommen immer noch tausende Boat People aus Tunesien nach Lampedusa?
Die Kommission konnte die Fragen nicht beantworten, wie so oft. Dabei zweifeln nicht nur die Journalisten am Abkommen mit Tunesien. Auch EU-Botschafter und Minister gehen öffentlich auf Distanz.
Mehrere Mitgliedstaaten hätten ihr “Unverständnis” über den Deal bekundet, den von der Leyen zusammen mit der italienischen Regierungschefin Meloni ausgehandelt hatte, klagt sogar EU-Chefdiplomat Borrell.
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“As you know … in July, several member states expressed their incomprehension regarding the commission’s unilateral action on the conclusion of this [memorandum of understanding] and concerns about some of its contents,” Borrell wrote in a letter to Olivér Várhelyi, the European commissioner for neighbouring countries.
The Guardian
Einige Staaten kritisieren, das “Memorandum of Understanding” mit Tunesien sei unter Missachtung der EU-Regeln zustande gekommen. Die EU-Kommission müsse nun beweisen, dass es trotzdem funktioniert.
Mit anderen Worten: Von der Leyen trifft die alleinige Schuld an dem aktuellen Chaos. Wenn die Flüchtlingskrise nicht bald gelöst wird, könnte es eng werden für sie und ihre “geopolitische” Kommission…
Mehr hier: “Von der Leyen in der Tunesien-Falle”
News & Updates
- Düstere Wahlprognose: Neun Monate vor der Europawahl gibt es schon die ersten Prognose. Für Frau von der Leyen und ihre konservative Parteienfamilie sieht es nicht gut aus. Die AfD hingegen verspürt Aufwind. Mehr im Blog
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- Fügt sich Musk den EU-Regeln? Der neue Chef von Twitter bzw. X wollte die freie Rede fördern. Doch nun setzt er mehr und mehr die strikten EU-Zensurregeln vor, insbesondere in Deutschland, sagen seine Kritiker Mehr bei Brussels Signal (English)
Das Letzte
Das kommt mir katalanisch vor. Der spanische EU-Vorsitz hat merkwürdige Prioritäten. Statt über die neuen Flüchtlingskrise oder den akuten Geldmangel in den EU-Kassen wollen die Spanier partout durchsetzen, dass in den EU-Institutionen künftig auch Katalanisch, Baskisch und Galizisch gesprochen werden kann. Hintergrund ist die schleppende Regierungsbildung in Spanien: Der sozialistische Ministerpräsident Pedro Sanchez braucht für eine Wiederwahl die Stimmen von Anhängern der katalanischen Unabhängigkeit. Deren Anführer Puigdemont macht davon seine Unterstützung für Sanchez abhängig. Wäre er doch in Brüssel geblieben: Hier hat Katalonien eine eigene Vertretung mitten im Europaviertel, da spricht man Tag und Nacht katalanisch…
KK
19. September 2023 @ 12:42
“Einige Staaten kritisieren, das „Memorandum of Understanding“ mit Tunesien sei unter Missachtung der EU-Regeln zustande gekommen. Die EU-Kommission müsse nun beweisen, dass es trotzdem funktioniert.”
“Unter Missachtung der EU-Regeln” heisst ja nichts anderes als “rechtswidrig”!
Und wenn etwas rechtswidrig zustande gekommen ist, dann beweist man nicht, dass es “trotzdem funktioniert”, sondern sucht nach einer rechtskonformen Lösung!
Hatte ich jedenfalls gedacht, dass dies einen demokratischen RECHTSSTAAT oder ein Staatengebilde, dass laut Vertragsgrundlagen auf Demokratie und eben RECHTSSTAATLICHKEIT gründet, auszeichnet!
Aber wir sind in der EU schon mitten in einer Autokratie, wie dieses Beispiel eindrücklich belegt. Die zunehmende Auskunftsverweigerung der EUCO und ihrer Präsidentin gegenüber dem Parlament und der Justiz passt ins Bild.
ebo
19. September 2023 @ 12:46
Gut beobachtet. Wir Journalisten haben natürlich nachgefragt. Und da hieß es dann, der Tunesien-Deal sei zwar problematisch, aber nicht illegal 🙂
KK
19. September 2023 @ 13:36
Ja, das sagten die deutschen Bundes- und Landesregierungen auch schon oft – bis sie spätestens das Bundesverfassungsgericht dann eines besseren belehren musste!
Monika
19. September 2023 @ 12:39
Wenn ich richtig verstehe haben wir
– einen Türkei-Deal, mit dem sich EU von der Türkei “abhängig” macht,
– einen innerhalb der EU “umstrittenen” Tunesien-Deal mit Spaltpilzwirkung,
– viele Hähne, die nach der Verstärkung von FROTEX schreien,
– und wohl mehrere “mitteleuropäische” Mitglieder, ganz vorn dran Polen, die als EU-Mitglieder im Schengenraum ein lohnendes Geschäftsmodell entwickelt haben indem sie weltweit über ihre Auslandsbotschaften sehr effizient “Fluchthilfe organisieren”, mit 5000€ soll man dabei sein…
Die Liste gehört von unten in dieser Reihenfolge aufgearbeitet! EU-Mitglieder, die mit krimineller Energie dermaßen eklatant gegen den Geist der EU-Verträge verstoßen, sollten das sehr empfindlich an den Zuweisungen aus der EU spüren!
Das Zusehen bei solcher “bauernschlauer” Korruption erbost die Bürger der EU zu Recht!
Als zusätzliche Sternchen auf dem Sternenbanner sehen sich wohl schon jetzt einige.. Unsere Frau vdL fände das bestimmt “riesig”, viele andere eher hirn-rissig.
KK
19. September 2023 @ 13:47
Da diese EU vorne und hinten nicht mehr funktioniert und offenbar jeder macht, was er will, wäre es an der Zeit, darüber nachzudenken, wie man sie auflöst und ggf. dann mit anderen Mitteln – zu allererst einer richtigen Verfassung, einem Gericht, das über deren Einhaltung wacht, und weitreichende Suspendierungs- und Ausschlußmöglichkeiten – sowohl für rechtsuntreue Staaten als auch rechtsuntreue EUCO-PräsidentInnen, KommissionsmitgliederInnen und sonstige FunktionsträgerInnen innerhalb dieses Molochs – ganz neu gründen könnte.
Ich war bis ca. 2019/20 ein überzeugter Befürworter der EU, mit der Art der Amtseinführung von der Leyens bekam die Überzeugung die ersten Kratzer (die mit jeder Woche von-der-Leyen zunahmen), und seit der bellizistischen Ukraine-Politik (mitsamt ihrer damit einhergehenden Zwei-Klassen-Flüchtlingspolitik) bin jetzt an dem Punkt: In die Tonne damit, hat nicht funktioniert!