Unsere Super-Merkel-Follower
In seiner SPON-Kolumne hat sich J. Fleischhauer über die “Super-Journalisten” lustig gemacht, die vor der Niedersachen-Wahl völlig falsch lagen – danach aber so taten, als hätten sie alles kommen sehen.
Vielleicht sollte sich Fleischhauer auch mal die Kanzler- und Europaexperten in den Redaktionen vornehmen. Die passen sich nämlich derart geschmeidig an Merkels Windungen und Wendungen an, dass es schon peinlich wird.
Die Cameron-Rede lieferte dafür das jüngste Beispiel. Von “Bild” bis Welt” und von “SPON” bis SZ” heißt es, ganz Europa verurteile Camerons Kurs. Dann erfährt man plötzlich, im Kleingedruckten, dass Merkel den Briten keineswegs kritisiert.
Doch die Geschichte wird nicht etwa korrigiert, im Gegenteil: Dass Merkel auf Schmusekurs zu Cameron geht, wird plötzlich als intelligente Taktik präsentiert. “Merkel löscht, wo Cameron zündelt”, dichtet die “SZ”.
Ja wo löscht sie denn? Sie macht sich einen Teil der britischen Forderungen zu eigen, versucht aber mit keinem Wort, den Schaden zu begrenzen, den Cameron und seine Torys anrichten. Ist das wirklich im deutschen Interesse?
Doch niemand stellt diese Frage, weder bei der “SZ”, noch sonstwo. Unsere Europaexperten und Merkel- Watcher vollziehen einfach die jüngste Wendung der Kanzlerin nach. Nach dem Motto: Merkel hat immer recht – und ich auch, wenn ich ihr folge.
Diese Haltung steht in auffälligem Widerspruch zu der Krittelei, die sich unsere “Super-Journalisten” bei Steinbrück, aber auch bei Obama, Hollande und vielen anderen angewöhnt haben. Kein Wunder, dass Merkel so gut dasteht…
P.S. Siehe zu diesem Thema auch “Rezession? Nicht mit Merkel” sowie “Merkels neue Freunde”
Man muss einfach feststellen, dass in punkto Berichterstattung seitens der sogenannten Qualitätsmedien jede kritische Distanz verloren gegangen ist. Gerade bei den öffentlich-rechtlichen Medien fällt immer wieder nicht nur eine geradezu uniformistische Berichterstattung auf, die sich jeder Kritik enthält, sondern auch ein wirklich zwanghafter Relativismus, sobald wirklich einmal etwas kolportiert werden muss, das ein unschönes Licht auf die Regierungspolitik wirft. Da wird beschwichtigt, beschönt und gesundgebetet, dass es nur so knirscht.
Das mag man ja als unschön, aber hinnehmbar bewerten, was aber gesellschaftspolitische Themen betrifft, sind solche Entwicklungen einfach gefährlich. Zum Thema “Rente mit 67” bspw. wurden, wie die NDS seinerzeit recherchierten, über 650 absolut gleichlautende Meldungen veröffentlicht, die dem Durchschnittsmichel selbstverständlich die Alternativlosigkeit dieser Pläne einbleuten. Für den “Presseclub” bspw. war angeblich kein einziger Journalist aufzutreiben, der die Situation anders beurteilte.