Spannungen im westlichen Bündnis, Scholz goes East – und heißer Herbst in Paris

Die Watchlist EUropa vom 17. Oktober 2022 –

Heute berichten wir über zunehmende Spannungen im westlichen Bündnis gegen Russland, den unbändigen Drang von Kanzler Scholz zur Osterweiterung der EU – und den ersten Streit in der neuen Rechts-Koalition in Italien. Außerdem geht es um das Treffen der EU-Außenminister und den Auftakt zum “heißen Herbst” in Paris.

In der Nato gibt es Streit über die nukleare Abschreckung. Nachdem Frankreichs Staatschef Macron klargestellt hatte, dass sein Land auf einen russischen Atomschlag in der Ukraine nicht mit einer ähnlichen Attacke reagieren werde, wirft ihm Großbritannien nun vor, die Einheit des Westens zu gefährden. “The UK’s secretary of state for defence said Mr Macron had revealed his hand by confirming that if Vladimir Putin goes nuclear in Ukraine then France would not repay it in kind, meldet “Mail Online”.

Derweil beschuldigen die USA die EU, nicht genug Geld für die Ukraine zu zahlen. Die für 2022 zugesagten 9 Mrd. Euro seien nicht genug, heißt es in Washington, Brüssel müsse künftig monatlich mindestens 1,5 Mrd. Euro nach Kiew überweisen. Tensions are rising between the United States and its Western allies over Ukraine’s deteriorating economy, as American officials increasingly prod the European Union to ramp up financial assistance to the war-torn country, berichtet die “Washington Post”.

Beide Meldungen zeigen, dass die Nerven unter den Alliierten blank liegen. Die USA und das UK versuchen, Deutschland, Frankreich und die EU vor ihren Karren zu spannen und noch mehr Geld und Waffen für die Ukraine zu erpressen. Dabei übersehen sie, dass EUropa jetzt schon die Hauptlast dieses Krieges trägt – die größte Flüchtlingsbewegung seit dem 2. Weltkrieg und die wohl schlimmste Rezession seit der Finanzkrise sprechen eine deutliche Sprache. – Ungeachtet der Spannungen beginnt am Montag die atomare Nato-Übung “Steadfast Noon”, mehr dazu hier

Scholz goes East

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Kanzler Scholz hat seine Vision eines nach Osten erweiterten Groß-EUropas bekräftigt. Die EU könne mit 36 Mitgliedern viel stärker werden als derzeit, sagte der SPD-Politiker beim Kongress der europäischen Sozialdemokraten in Berlin. Von Vertiefung sprach er nicht, von Sozialismus schon gar nicht.

“Eine geeinte Europäische Union aus 27, 30, 36 Staaten mit dann mehr als 500 Millionen freien und gleichberechtigten Bürgerinnen und Bürgern kann ihr Gewicht in dieser Welt noch stärker zur Geltung bringen”, sagte der Kanzler.

“Dass die EU weiter in Richtung Osten wächst, ist für uns alle ein Gewinn.” Vor allem die Ukraine und Moldau will Scholz so schnell wie möglich in den Club holen. Dabei erfüllen beide Länder nicht einmal die Mindest-Voraussetzungen: Rechtsstaat, Demokratie, Abwesenheit von Korruption. Mehr hier

Streit in Rom

In Italien ist noch vor dem offiziellen Beginn der Regierungsbildung ein heftiger Streit innerhalb der neuen Rechtskoalition ausgebrochen. Vor allem zwischen der Wahlsiegerin und voraussichtlich nächsten Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und ihrem bisherigen Verbündeten Silvio Berlusconi brodelt es.

Sie sei nicht erpressbar, sagte die Vorsitzende der rechtsradikalen Partei Fratelli d’Italia am Freitagabend. Berlusconi verlangt im nächsten Kabinett wichtige Ressorts für seine Partei Forza Italia – Meloni aber ließ ihn bislang weitgehend abblitzen. Berlusconi wird vom Chef der konservativen EVP, dem Deutschen M. Weber, unterstützt…

Watchlist

Wie hart fallen die neuen EU-Sanktionen gegen Iran aus? Das dürfte sich beim Treffen der EU-Außenminister am Montag in Luxemburg zeigen. Ebenfalls auf der Tagesordnung steht eine neue militärische Ausbildungsmission für die Ukraine. Die Mission EUMAM Ukraine ist vorerst auf zwei Jahre angelegt und soll 15.000 Soldaten schulen. Deutschland will dem Vernehmen nach rund 5000 Soldaten ausbilden. 

Was fehlt

Der heiße Herbst in Paris. In der französischen Hauptstadt haben am Sonntag zehntausende Menschen gegen hohe Preise und “Klima-Passivität” demonstriert. Linke Parteien, Organisationen und einige Gewerkschaften hatten zu der Protestaktion aufgerufen. Der ehemalige linke Präsidentschaftskandidat Mélenchon marschierte mit erhobener Faust neben der designierten Nobelpreisträgerin Ernaux. Am Dienstag sind noch größere Proteste angesagt.