Planspiele für 3. Weltkrieg, Palaver über Flüchtlings-Krise – und Sky-Wars

Die Watchlist EUropa vom 14. Oktober 2022 –

Heute beschäftigen wir uns mit Planspielen für den 3. Weltkrieg, dem atomaren Nato-Manöver „Steadfast Noon“, den roten Linien von Olaf Scholz und Emmanuel Macron – sowie mit der neuen Flüchtlingskrise und einem Raketenschutzschild für (West-)Europa.

Die Ukraine drängt wieder in die Nato. Die Alliierten wollen zwar mehrheitlich nicht über den Beitrittsantrag reden, dennoch warnt Russland vor einem solchen Schritt. “Kiew ist sich bewusst, dass ein solcher Schritt eine sichere Eskalation hin zu einem Dritten Weltkrieg bedeutet”, sagt der Vize-Sektretär des Sicherheitsrats der Russischen Föderation, Alexander Wenediktow, in einem Interview der staatlichen Nachrichtenagentur Tass. Wenediktow wiederholte die Ansicht Russlands, dass der Westen wegen seiner Hilfe für die Ukraine bereits direkt in den Konflikt involviert sei.

Beim Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel spielte diese schrille Drohung keine Rolle. Man gab sich gelassen und ließ die nukleare Planungsgruppe wie geplant tagen. In der streng geheimen Sitzung legten die 30 Verteidigungsminister letzte Hand an die Vorbereitung des Manövers „Steadfast Noon”. Die Übung soll in der kommenden Woche stattfinden und der atomaren Abschreckung dienen. 14 Länder, darunter Deutschland, proben den Abtransport von Wasserstoffbomben vom Typ B-61 aus Lagern, die Beladung von Kampfflugzeugen und den Abwurf über simulierten Zielen.

Ein Großteil der Übung werde in Belgien und über der Nordsee stattfinden, teilte die belgische Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder mit. Die Bevölkerung müsse sich aber keine Sorgen machen, da keine scharfen Bomben eingesetzt würden. Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wiegelte ab. Es handele sich um eine Routineübung ohne Bezug zum Krieg in der Ukraine. Dennoch ist der Einsatz diesmal besonders brisant. Schließlich hat Kremlchef Wladimir Putin mit dem Einsatz von (taktischen) Atomwaffen gedroht, wenn die vitalen Interessen Russlands bedroht würden.

Düstere Warnungen

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Das Treffen der nuklearen Planungsgruppe war von düsteren Warnungen begleitet. Sollte die Regierung in Moskau tatsächlich Kernwaffen einsetzen, würde dies wohl eine “physische Antwort” der Verbündeten der Ukraine und möglicherweise auch der Nato selbst zur Folge haben, sagte ein Insider. Der Schritt würde “noch nie dagewesene Konsequenzen” für Russland nach sich ziehen. Was damit gemeint ist, blieb offen – die nukleare Planungsgruppe tagt unter strikter Geheimhaltung.

Sollten alle Bündnispartner zustimmen, könnte die Militärallianz versuchen, die russischen Invasionstruppen in der Ukraine militärisch auszuschalten, hieß es in Brüssel. Auch ein massiver Cyberangriff auf russische Infrastruktur wird nicht mehr ausgeschlossen. Demgegenüber hatte Stoltenberg zu Beginn des zweitägigen Treffens noch erklärt, dass sich die Nato nicht in den Krieg ziehen lassen werde. Man werde die Alliierten bei Waffenlieferungen unterstützen, jedoch nicht selbst eingreifen.

Fällt die “rote Linie”?

Nun ist nicht mehr klar, ob diese „rote Linie“, die auch Kanzler Olaf Scholz immer wieder betont, noch hält. Klar ist nur eins: Auch ein Nato-Einsatz in der Ukraine könnte den 3. Weltkrieg auslösen. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron ist sich dessen offenbar bewußt: “Wir wollen keinen Weltkrieg”, schrieb der Chef der unabhängigen französischen “Force de Frappe” auf Twitter: “Wir helfen der Ukraine dabei, ihren Boden zu verteidigen, niemals dabei, Russland anzugreifen. Wladimir Putin muss diesen Krieg beenden und die territoriale Integrität der Ukraine respektieren.”

Zu den nuklearen Nato-Plänen, die vor allem von den USA und UK vorangetrieben werden, äußerte sich Macron nicht. Und an der Aufrüstung der Ukraine will er auch nicht rütteln…

Siehe auch “Die Ukraine stellt die Nato bloß”

Watchlist

Wie antwortet die EU auf die neue Flüchtlingskrise? Dies dürfte sich beim Treffen der Innenminister am Freitag in Luxemburg zeigen. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem die verstärkte Migration über die Balkan-Route, die Lage von Flüchtlingen aus der Ukraine sowie den Zustand des Schengen-Raums. Die deutsche Innenministerin Faeser hatte zuletzt verstärkte Grenzkontrollen angekündigt. Von einer koordinierten EU-Politik hat sie nicht gesprochen…

Was fehlt

Der europäische Raketenschutzschild. Das Ziel der deutschen Initiative für einen “European Sky Shield” sei es, „Lücken zu schließen”, sagte Verteidigungsministerin Lambrecht am Rande des Nato-Treffens in Brüssel. Die Nato begrüßte den Vorstoß. Laut einer in Brüssel verbreiteten Erklärung haben sich bisher 14 Bündnispartner und das Anwärterland Finnland angeschlossen. Sieht fast so aus, als wolle Deutschland die “Führung” übernehmen – doch das könnte teuer werden…