Machtpoker in der EU: Spanien wird wichtig

Eine Zeitlang sah es so aus, als gebe es in der EU nur noch drei Player: Deutschland, Frankreich und die Niederlande, die die Rolle Großbritanniens einnehmen möchten. Doch nun kommt ein weiteres Land hinzu: Spanien wird wichtig.

Zuerst hat sich dies bei der Wahl des Fraktionschefs der Sozialdemokraten im Europaparlament gezeigt. Der deutsche Spitzenkandidat Udo Bullmann hatte keine Chance gegen die spanische Sozialistin Iratxe Garcia Perez. Der erfahrene SPD-Politiker zog sich frustriert zurück.

Der nächste Machtbeweis kam kurz vor dem EU-Gipfel. Da erklärte Perez und der Fraktionschef der Liberalen, dass sie den Deutschen Manfred Weber (CSU) nicht zum EU-Kommissionschef wählen würden. Danach ging Weber beim Gipfeltreffen baden; seither sind seine Chancen minimal.

Nun steht schon die dritte Machtprobe an: Wer könnte Weber ersetzen? Wieder melden sich die Spanier zu Wort. Perez twitterte nach einem Gespräch mit EU-Ratspräsident Donald Tusk, ihre Fraktion sei überzeugt, dass Frans Timmermans die nötige Mehrheit im Europaparlament finden könne.

Das ist zwar Wunschdenken, denn Webers Fraktion mauert und will jeden „abschießen“, der sich gegen den konservativen Kandidaten ausspricht. Es zeigt aber doch, mit welchem Selbstbewusstsein die Spanierin vorgeht. Die spanischen Sozialisten erheben einen Führungsanspruch!

Seit der guten alten Zeit von Felipe González hat es das nicht mehr gegeben. Heute ist Pedro Sanchez der starke Mann der europäischen Sozialisten. Er zieht nicht nur im Europaparlament, sondern auch im Rat die Fäden. Dort wird er sogar von Kanzlerin Angela Merkel hofiert.

Allerdings mit wenig Erfolg. Denn Merkel hatte sich viel zu eng an Sanchez‘ konservativen Amtsvorgänger Mariano Rajoy gebunden. Rajoy war es, der Merkel in der Eurokrise die Gefolgschaft des Südens in der EU sicherte – und Sanchez ist es nun, der ihre genau diese Gefolgschaft verweigert…

Im Merkel-nahen Berlin will man das aber nicht sehen. Viel lieber wird Sanchez zum Pudel des angeblich allmächtigen französischen Staatschefs Emmanuel Macron erklärt, der versuche, der armen Kanzlerin und dem alternativlosen deutschen Spitzenkandidaten das Wasser abzugraben…