Solidarität à la Scholz
Zur Bekämpfung der Coronakrise stellt der deutsche Staat mehr als 1000 Milliarden Euro zur Verfügung. Demgegenüber soll Italien mit 39 Mrd. aus ESM-Mitteln abgespeist werden. Geht’s noch?
Auf dem Papier geben sich die Genossen Scholz und Maas super solidarisch. In einem Gastbeitrag für südeuropäische Zeitungen versprechen sie “A response to the corona crisis in Europe based on solidarity”.
Finanzminister Scholz nennt darin auch Zahlen. Nach seinem Vorschlag, über den die Eurogruppe am Dienstag berät, soll der Euro-Rettungsfonds ESM schnell Hilfskredite zu günstigen Konditionen bereitstellen.
Italien könne mit 39 Mrd. Euro rechnen, Spanien mit 28 Mrd. Euro, rechnet Genosse Scholz vor. Sein Gastbeitrag strotzt nur so vor Selbstlob und Stolz über die angeblich großzügige europäische Solidarität.
Zu dumm, dass kurz nach dieser durchsichtigen PR-Aktion die Antwort auf eine Anfrage von Linksfraktionschef Dietmar Bartsch bekannt wurde. Demnach gönnt sich Deutschland einen kräftigen Schluck aus der Pulle.
Die bisher beschlossenen Maßnahmen summieren sich über alle staatlichen Ebenen hinweg auf 1,137 Billionen Euro, zitiert n-tv aus der Antwort der Bundesregierung, also aus dem Finanzministerium.
Und das sind nur die bisher beschlossenen Maßnahmen – am Ende dürfte Scholz noch wesentlich mehr Geld in die Hand nehmen, um die deutsche Wirtschaft zu stützen.
Da nehmen sich die 39 Mrd., die Scholz für Italien verspricht, nicht mehr so richtig großzügig aus. Es sieht eher nach Peanuts aus.
Selbst wenn man das nationale Hilfsprogramm aus Rom sowie andere geplante EU-Hilfen einrechnet, steht das Krisenland weit abgeschlagen da. Alles für Deutschland, Almosen für Italien – so sieht das aus.
Ändern ließe sich das nur, wenn die EU oder die Eurozone einen europaweiten Aufbaufonds (mit Coronabonds oder einer Art Corona-Soli) einrichtet, wie dies Italien und Frankreich fordern.
Dreimal dürfen Sie raten, wer dagegen ist…
Siehe auch “Wir sitzen alle im selben Boot – really?” und “Solidarität mit Italien – so viel Druck war nie
P.S. In einer Erklärung stellte sich Kanzlerin Merkel hinter Scholz. Die EU stehe “vor der größten Bewährungsprobe seit ihrer Gründung”, sagte sie. Coronabonds erwähnte sie nicht…
Helmut Ott
8. April 2020 @ 08:13
Diese Auseinandersetzung könnte schlimmstenfalls zum Auseinanderbrechen der Europäischen Union führen.
Dixie Chique
8. April 2020 @ 11:07
Diese Auseinandersetzung könnte bestenfalls zum Auseinanderbrechen der Europäischen Union führen.
Habs für Sie repariert. Gern geschehen. Diese EU ist für die allermeisten EuropäerInnen nichts als eine fortwährende Strafe. Wofür sie bestraft werden, wird nicht kommuniziert.
No Chance
7. April 2020 @ 12:30
Coronabonds Eurobonds
Es ist ganz wichtig, dass die Deutschen jetzt den Anweisungen ohne Murren und Denken folgen: 2 Vorstände/Berater (Gazprom/Deutsche Bank) befürworten natürlich ohne Lobbyauftrag den Aufbau von Italien/Spanien. Die beiden sind als absolut ehrlich, glaubwürdig und uneigennützig zu akzeptieren.
Essen für Senior*innen und Obdachlose müssen jetzt Bürger verteilen, das kann ja nicht die Aufgabe der Wohlfahrtsverbände ohne betriebliche Pandemiepläne sein. Also: initiiert bitte keine online-Petitionen, wonach die 195 deutschen Milliardäre und die 1.350.000 deutschen Millionäre in Deutschland, und die Superreichen in Spanien und Italien Aufbauhilfe leisten müssen. Das ist völlig ausgeschlossen: nur die unteren und mittleren Einkommen haben zu bluten. Deswegen müssen auch die Spekulationsgewinne auf deutsche Firmenzusammenbrüche an der Börse weiterhin in Deutschland geduldet werden. (Olaf Scholz wird auch nur ganz zufällig von Goldman-Sachs beraten).
Füße still halten und Kurzarbeit oder Insolvenz akzeptieren ist die erste Bürgerpflicht. Und Italien und Spanien mit Bankhilfe aufbauen.
Liste der europäischen Länder nach Vermögen pro Kopf (Wikipedia) In US-Dollar (2019) x 1000
Luxemburg 358, Dänemark 284, Niederlande 279, Frankreich 276, Österreich 274, Irland 272, Norwegen 267, Schweden 265, Belgien 246, Italien 234, Deutschland 216, Spanien 207, Malta 143, Portugal 131, Rest kleiner 130.
European
7. April 2020 @ 14:09
@no chance
Diese Listen sind so unsinnig wie nur was, weil sie sich auf irgendwelche Durchschnittswerte beziehen. In Deutschland können 40% der Bevölkerung gar kein Vermögen bilden. Darüber fangen diejenigen an, die zumindest einen Notgroschen aufbauen. Der oberen Hälfte der Deutschen geht es passabel gut bis gut.
Ebenso in Italien. Italien hat mittlerweile auch einen großen Niedriglohnsektor, prekäre Beschäftigung, Leiharbeit. Viele junge Leute wohnen lange zu Hause, weil sie sich eine eigene Wohnung nicht leisten können.
Wenn ich mit dem Kopf im Eisschrank und den Füßen im Feuer liege, habe ich auch eine Durchschnittstemperatur.
Ich überlebe es nur nicht.
Holly01
8. April 2020 @ 08:16
Median ist das Stichwort.
Bei Wiki stammen die Zahlen von 2010, aktueller trauen die sich nicht:
” https://de.wikipedia.org/wiki/Mittleres_Verm%C3%B6gen ”
Die Welt gibt den Median für 2017 mit 70.800 an und den Durchschnitt mit 232.800.
Basis ist (natürlich eine Umfrage ” https://www.bundesbank.de/resource/blob/794130/ed4942b241825cda68950d3ec30bc171/mL/2019-04-vermoegensbefragung-data.pdf ”
Niemand würde es wagen echte Daten zu erheben, darum haben wir in Schland keine Reichensteuer, nicht einmal eine mit 0%, denn dann müsste der Staat ja die Daten erheben.
Aber, Hey, das ist ok, denn so sind sehr große Teile der deutschen Bevölkerung krisenfest, die haben ja nichts zu verlieren …..
vlg
Holly01
7. April 2020 @ 10:12
Was wir sehen ist eine Zerreissprobe aus Ordoliberalismus (grob: man erstellt Regeln und erreicht eine stabile Wirtschaft) und Kapitalismus (grob: Man regelt über Geld alle Probleme).
Das Eine will einen Rahmen schaffen der für “immer” funktioniert und das Andere besteht im klaren Wissen der Unvollkommenheit und der abrupten Brüche und Reorganisation.
In Deutschland leben Ordoliberale der Freiburger Schule (ich sehe quasi die Augenbrauen der Ökonomen hoch gehen ^^). Die Welt lebt aber im Kapitalismus der in Schüben (bubbles) altert.
Nun kann man nicht ein strukturell unangebrachtes Konzept über eine real existierende Welt stülpen … es sei denn man heißt Merkel. Die kann das ….. jedenfalls bis der Krug auf dem Weg zum Brunnen zerbricht.
Wozu braucht ein deutscher Ökonom Türen, wenn es solide Wände gibt durch die man mit dem Kopf kann?
vlg
European
7. April 2020 @ 10:04
Frankreich, Spanien, Portugal, Italien und Griechenland sollten sowohl aus dem Euro als auch aus dem Binnenmarkt austreten. Sie profitieren nicht davon, sondern zahlen nur drauf. Als eigentlich begeisterte Europäerin mit einer multinationalen Familie blutet mir das Herz, wenn ich so etwas befürworte.
Die Länder kommen zum einen nicht auf die Füße, weil sie immer mehr Verluste durch diese Gemeinschaft mit falschen Regeln machen. Zum anderen will ich als Deutsche kein deutsches Europa. Für mich war der europäische Gedanke ein Aufbruch in eine neue Ära, in der sich Menschen unterschiedlicher Nationen als Freunde und Nachbarn auf Augenhöhe und ohne Feindschaft begegnen.
Alexander
6. April 2020 @ 13:48
Einige Länder müssten nun eigentlich eher früher als später zu der Erkenntnis kommen, dass es schön wäre, wenn sie eine Zentralbank hätten!