So viel Macht hat die EZB – So ohnmächtig ist Mrs May
Die EZB darf ganzen Staaten den Geldhahn abdrehen und muß sich dabei nicht einmal in die Karten schauen lassen. Derweil muss die EU ohnmächtig mitansehen, wie Mrs May den in zwei Jahren mühsam ausgehandelten Brexit-Deal vor die Wand fährt. Und dann gibt es noch gute Nachrichten für Whistleblower.
Es war der entscheidende Hebel, um die griechische Linksregierung zum Einlenken zu zwingen: Im Frühjahr 2015 beschloß die Europäische Zentralbank (EZB), die griechischen Banken von der Notversorgung im Eurosystem abzuhängen, der sogenannten „Emergency Liquidity Assistance“ (ELA).
Die EZB stützte sich bei ihrer Entscheidung auf ein geheimes Rechtsgutachten. Nun entschied das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg, dass das umstrittene Vorgehen rechtmäßig war. Die EZB müsse einen geschützten „Raum zum Nachdenken“ haben und könne nicht zur Herausgabe des Gutachtens gezwungen werden.
Geklagt hatten der frühere griechische Finanzminister Yanis Varoufakis und der linke Bundestagsabgeordneten Fabio De Masi. Sie wollten die Offenlegung des Gutachtens erreichen – und verhindern, dass die EZB ihre Macht ausnutzt, um Regierungen auf Austeritätskurs zu zwingen,
In ihrem Urteil kamen die EU-Richter nun jedoch zu dem Schluss, dass die EZB die Herausgabe des Dokuments verweigern durfte, um ihren Ermessensspielraum zu schützen. Sie habe die möglichen negativen Auswirkungen im Jahr 2015 und danach berücksichtigen dürfen, die eine Veröffentlichung des Gutachtens zur Folge gehabt hätte.
“Das stinkt”, erklärte De Masi nach der Urteilsverkündung. “Das Gericht meint, die EZB brauche Raum zum Nachdenken, doch Transparenz hindert die EZB nicht am Denken.” Die Kläger wollen nun vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ziehen. “Wir rechnen uns daher gute Chancen aus, was eine Revision des Urteils angeht.”
Sollte das Urteil bestehen bleiben, so liefe es auf einen Freibrief für die EZB hinaus – mit möglicherweise weit reichenden Folgen für alle Euroländer. Denn fortan müssten sie fürchten, im Fall einer Schuldenkrise ähnlich in die Zange genommen zu werden wie damals Griechenland.
Mit der EZB-Entscheidung verschlechterte sich die Verhandlungsposition der Linksregierung, der das Wasser 2015 ohnehin bereits bis zum Hals stand. Am Ende mußte sie sich dem Diktat der Troika ergeben, Ex-Finanzminister Schäuble hatte sogar den Rauswurf aus dem Euro gefordert…
Watchlist
- Wie lange hält Premierministerin May noch durch? Diese Frage stellt sich, nachdem der EU-Austrittsvertrag am Dienstag Abend erneut durchgefallen ist. 391 Abgeordnete stimmten im Unterhaus dagegen, 242 dafür. May hatte sich noch um Nachbesserungen bemüht, doch die EU hatte ihr fast nicht zugestanden. Am Mittwoch stimmt das Unterhaus über die nächste Option ab – No deal. Es wäre das Worst-Case-Szenario…
Was fehlt
- Die EU zieht Konsequenzen aus LuxLeaks, Panama Papers und anderen Finanzskandale – und gibt den “Whistleblowern” mehr Rechte. Die Hinweisgeber sollen sich zwar nach Möglichkeit zunächst intern melden, wenn sie Missstände entdecken. Sie dürfen aber unter bestimmten Umständen auch sofort die Behörden einschalten und besonders schwere Fälle öffentlich machen. Eine gute Entscheidung der EU!
Peter Nemschak
13. März 2019 @ 16:00
Die EZB muss die Interessen aller Eurozonenmitglieder vertreten, nicht nur die eines bestimmten Landes. Sie darf sich nicht zur Geisel von Partikularinteressen machen lassen.
ebo
13. März 2019 @ 16:46
Die EZB hat kein Mandat, um einzelne Länder aus politischen Gründen vom Eurosystem abzuklemmen.
Holly01
13. März 2019 @ 17:12
Jetzt schon …
Warum?
Weil Sie es können …
vlg
Peter Nemschak
14. März 2019 @ 11:35
Die EZB hat nur dann ein Mandat ein Land zu refinanzieren, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Über die Voraussetzungen entscheidet nicht sie sondern der ESM. Die Unabhängigkeit der EZB soll Staatsfinanzierung über die Notenpresse tunlichst verhindern. Die EZB hat ihr Mandat, so die Deutsche Bundesbank ohnedies bis ihre Grenzen, wenn nicht darüber, interpretiert. Die gemeinsame Währung ist nicht dazu erfunden worden, transnationale sozialpolitische Wunschvorstellungen der Linken umzusetzen. Das müssen die verantwortlichen Politiker entscheiden, nicht die EZB.
Holly01
14. März 2019 @ 12:57
Die EZB finanziert keine Länder sondern sie refinanziert Banken.
Als Notenbank entscheidet sie, welche Anleihen sie dafür anerkennt.
DAS ist ein riesen Unterschied was Vorgang und Wirkung angeht.
vlg
Baer
13. März 2019 @ 10:52
Diese gesamte korrupte Elite bis hin zur Justiz gehört weg.Die EU ist tot ,der Euro auch und die Solidarität hat es nie gegeben.Was wollen wir also mit der EU?
Ein auf den eigenen Vorteil bedachter Haufen von wenig nutzbringenden Experten, auf den man leicht verzichten kann,und den Völkern auch noch viel zukünftiges Leid erspart und auch ein wenig Geld.
Der Mai wird es hoffentlich zeigen,aber auch da habe ich wenig Hoffnung ,dass man sich nicht wieder durch Manipulation das Wahlergenis hinbiegt,wie schon so oft.
Allerdings wars dann wie immer der Russe.
Holly01
13. März 2019 @ 09:58
Das UK fängt den Wettlauf mit der Zeit an:
Maßnahmen um im Geschäft zu bleiben:
https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2019/03/13/grossbritannien-plant-weitreichende-abschaffung-von-importzoellen/
gegen ein finanzielles Ausbluten im Doppeldefizit.
Ausgaben 2018 etwa 800 Mrd. Pfund
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/200539/umfrage/staatseinnahmen-und-staatsausgaben-in-grossbritannien/
und
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/15634/umfrage/handelsbilanz-von-grossbritannien/
Wohlgemerkt, bei 75% der Deutschen Wirtschaftsleistung in BIP und 66Mio Einwohnern, lebt man im UK generell auf “großem Fuß”, nur eben nicht erfolgreich.
Die Möglichkeiten für einen Stimulus sind ziemlich begrenzt.
vlg
Holly01
13. März 2019 @ 10:55
Falls jemand die Größenordnungen nicht kennt:
Bundeshaushalt mit 20% mehr Bewohnern und 33% menr BIP bei 343 Mrd. € was etwa 290 Mrd. Pfund entspricht.
https://de.statista.com/infografik/14562/bundeshaushalt-deutschland/
Das ach so neoliberale UK das ach so krass privatisiert hat und ach so wenig für Soziales und Gesundheit tut, gibt im Bundeshaushalt nur knapp das 2 1/2 fache von Deutschland aus.
Also nur für die Größenordnungen, wie groß die Probleme sind die das UK aus sich selbst heraus hat …
vlg
Holly01
13. März 2019 @ 08:47
Warten Sie erst einmal die Verfahren zum ESM ab …. da wird “rechtsfreier Raum” völlig neu definiert.
vlg
Ein Europäer
13. März 2019 @ 07:48
Hallo Ebo, da hast du einen Wunden Punkt getroffen. Das ist genau was Brexiters, Euro-Skeptiker und EU-Kritiker verbindet – Intrasparenz sowie das Modus operanti viele Entscheidungsprozesse in der EU liefert alle drei Gruppe ständig mit Munitionen und Argumente. Der Brexit an sich ist ein Ohrfeige für die EU, die Herren und die Damen in Brüssels wollen aber nichts wissen und machen sich auch keine Gedanke darüber.