Europaparlament schwenkt auf Anti-Russland-Kurs
Normalerweise wäre es keiner Erwähnung wert. Welche Rolle spielt das Europaparlament schon in der Außenpolitik? Aber angesichts der nahenden Europawahl sollte man schon wissen, dass die Abgeordneten auf Anti-Russland-Kurs schwenken – und neue Sanktionen befürworten.
Russland könne nicht mehr als strategischer Partner betrachtet werden, heißt es in einer Resolution, die mit 402 Stimmen gegen 163 bei 89 Enthaltungen angenommen wurde. Stattdessen sind die Abgeordneten nicht weit davon entfernt, den Nachbarn im Osten zum Feind zu erklären.
Auszug aus der Presseerklärung des Parlaments:
Die Abgeordneten stellen fest, dass seit 2015 neue Spannungsfelder zwischen der EU und Russland entstanden sind, darunter: die Intervention Russlands in Syrien sowie die Einmischung in Ländern wie Libyen und der Zentralafrikanischen Republik und das fortgesetzte aggressive Vorgehen in der Ukraine. Sie betonen auch die Unterstützung Russlands für EU-feindliche Parteien und rechtsextreme Bewegungen, zum Beispiel in Ungarn, und dass es sich immer wieder in Wahlen einmischt und die Menschenrechte im eigenen Staat verletzt.
Das entbehrt nicht einer gewissen Komik. Ausgerechnet an dem Tag, da der Chef der größten Fraktion des Parlaments, EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber (CSU), dem ungarischen Regierungschef Viktor Orban seine Aufwartung macht, beschuldigt man Russland, dort “rechtsextreme Bewegungen” zu unterstützen!
Doch es geht noch weiter:
Zudem betonen die Abgeordneten, dass die EU bereit sein sollte, weitere Sanktionen gegen Russland zu verhängen, auch gezielt gegen bestimmte Personen. Die Sanktionen sollten im Verhältnis zu den Bedrohungen durch Russland angewandt werden.
Das EU-Parlament fordert also neue Sanktionen – einfach so. Das klingt nach einem Freibrief für die Hardliner im Ministerrat. Vor allem gegen die deutsch-russische Nordstream-2-Pipeline würden die Abgeordneten gern vorgehen – man könnte fast meinen, dass sie US-Sanktionen herbeisehnen!
Von Dialog ist dagegen keine Rede. Sozialdemokraten wie Knut Fleckenstein setzen sich zwar immer mal wieder dafür ein, doch sie dringen nicht durch. Es gebe “nur sehr wenig Spielraum für eine Kooperation”, sagte die Berichterstatterin Sandra Kalniete, die – wie Weber – auch der EVP angehört.
Die Abgeordneten setzen sich damit über die Mehrheit der Bürger etwa in Deutschland hinweg, die sich in Umfragen für eine Annäherung an Russland aussprechen. Vor der Münchener Sicherheitskonferenz wurde sogar eine Erhebung bekannt, derzufolge die Deutschen Russlands Zar Putin mehr vertrauen als US-Präsident Trump!
Vielleicht sollte man das bedenken, wenn man Ende Mai zur Europawahl geht. Wer EVP wählt, wählt einen prononciert antirussischen Kurs. Aber auch andere Abgeordnete, die Grünen eingeschlossen, scheinen in der Russland-Politik anders zu “ticken” als ihre Wähler…
P.S. Fast zeitgleich zum Parlaments-Votum gegen Russland hat die EU-Kommission China zum “systemischen Rivalen” erklärt. Prima, da hätten wir also zwei Quasi-Feinde auf einen Streich. Zum Glück haben wir ja noch die USA, oder?
Anton Latzo
17. März 2019 @ 08:20
Ist das wirklich ein EUROPAparlament? Wurden sie denn in Belorußland, Ukraine, Moldauische Republik, Serbien u.a. Staaten des zerschlagenen Jugoslawien, Schweiz gewählt? Oder praktizieren sie ganz im Sinne der alten Bundesrepublik die Allleinvertretungsanmaßung in erneuerter Version? Das ist aber ein friedlicher Fortschritt!
Toni
Holly01
17. März 2019 @ 13:48
Arroganz ist sicher kein schöner Wesenszug.
Fakt ist aber auch, die EU ist in Summe so stark, dass sich kein Land entziehen kann.
Fakt ist auch, dass Deutschland sich für so stark hält, dass sich die EU nicht entziehen kann.
Polen geht darum einen anderen alternativen Weg. EU ja. NATO ja. US Präsens ja. Deutschland und seine politischen Inhalte, eigentlich nicht so.
Also innerhalb der EU kann man sich schon ein gutes Stück weit entziehen. Das tun Italien und Frankreich ja auch.
Ausserhalb der EU aber in Europa, das ist inzwischen sehr sehr schwierig geworden…..
Das macht den Brexit mit seinem Inhalt “Eigenständigkeit” ja so absurd.
Das UK ist dann von der EU abhängig ohne eigenen Einfluss und muss sich auch noch dem Onkel aus Amerika unterwerfen, um überhaupt noch zurecht zu kommen. Wahrscheinlich braucht das UK auch noch eine komplette Unterwerfung in Richtung China, also ein “Freihandelsabkommen”. Die Folgen für das UK, wenn alle Konkurrenten ohne Zölle auf dem Binnenmarkt wüten ist ziemlich absehbar. Selbst als Mitglied der BIP-Top10 werden alle Regeln für das UK gelten und andere werden sich dank purer Marktmacht darüber hinwegsetzen. Das wird quasi ein Anschauungsstück für die ganze Welt …..
vlg
Bajoran
13. März 2019 @ 11:56
Diese Mehrheit ist so gewaltig, dass aus Deutschland nicht nur die Russophoben von CDU, FDP und Grünen dabei gewesen sein dürften, sondern auch diverse (vielleicht sogar die meisten) SPDler und vermutlich auch der eine oder andere Linke.
Und wem das bisher noch nicht klar war, Europa ist ein Kriegsprojekt: gemeinsamer Kampf eines freien Europas gegen ein imperiales Russland. Ist das jetzt politisch korrekt formuliert?
Günther Hornung
13. März 2019 @ 11:26
Von den russlandfeindlichen Grünen im Europaparlament sticht für vor allem Rebecca Harms hervor. Sie scheint völlig von den amerikanischen Freunden eingenordet worden zu sein.
Holly01
13. März 2019 @ 16:20
Ich denke frau Harms steht für das expansive Europa:
https://maidantranslations.com/2014/02/27/ukraine-interview-mit-rebecca-harms-b90grune-und-elmar-brok-cdu-am-26-02-2014/
und
https://www.youtube.com/watch?v=wtoLl_cvtLM&feature=youtube_gdata
und
https://www.youtube.com/watch?v=qVGWlH-bCu4
Ich denke es ist ganz zu erkennen, das die bei den USA nicht eingebunden wurde.
Die läuft auf einer anderen Spur.
Das ist übrigens auch die Richtung aus der die ganzen Sanktionen kommen und da ist auch eine Merkel sehr nah dran, wenn nicht treibend.
Es sind nicht immer nur die USA ….
(ich habe es mir verkniffen Odessa zu verlinken, ich denke EBO ist das lieber °°)
vlg
ebo
13. März 2019 @ 16:48
@Holly Habe kein Problem mit “Odessa”, wir haben in diesem Blog damals auch berichtet. Allerdings muss ich alle Links einzeln überprüfen, deshalb dauert es schon mal länger. Und wenn es zu sehr “off topic” ist, muß ich auch schon mal einen Link löschen, sorry.
Pjotr56
12. März 2019 @ 17:42
Fazit: Im EU-Parlament sitzen 402 Idioten gegen 163 Vernünftige bei 89 Enthaltungen.
“Intervention Russlands in Syrien” – wer das behauptet kennt weder die Fakten noch das UN-Völkerrecht oder ist ein/e Idiot/in.
“Einmischung in Ländern wie Libyen” – wer hat Libyen bombardiert und zum failed state “entwickelt”?
Ukraine/Krim – Konflikt kann man ernsthaft nicht ohne die vorherige Entwicklung um den sog. Euro-Maidan und die Rolle der “fuck the EU” 5.000.000.000 US-Dollar diskutieren.
“Außenpolitik ist immer Interessenpolitik” Egon Bahr.
Schade um das viele Geld, was dieses zu nichts nützliche EU-Parlament verschlingt.
Holly01
12. März 2019 @ 21:12
Nun ja, die EU ist weder fähig sich zu verteidigen, ganz zu schweigen von dr Fähigkeit Krieg zu führen.
Drohungen der EU sind ein Witz.
Beim Angriff auf Libyen brauchten F und GB die US Hilfe, weil die zu wenig Luft-Boden Raketen hatten. Haben diese Sprezies natürlich erst festgestellt, als der Angriff bereits lief.
Nun ist Russland kein Gegner. Aber man kann es ja behaupten. Alternativ müsste man offiziell gegen die USA rüsten.
George W. der dümmere hat das schön auf den Punkt gebracht “wer nicht für uns ist, der ist unser Feind”. Dieses deutsche “und willst Du nicht mein Bruder sein, so schlag ich Dir den Schädel ein” trifft es genau so.
Um also überhaupt so etwas wie eine Manövriemasse aufzubauen, muss die EU rüsten.
Um das den Menschen zu verkaufen, braucht es einen “Feind”.
Na vielleicht kann man ja das UK zum Feind erklären. Jetzt wo die uns so mies verlassen …
Es ändert aber eben nichts am Gesamtbild.
Ohne Bedrohung will kein normaler Mensch Geld für eine völlig schwachsinnige Rüstung ausgeben …..
vlg