Kontrollverlust in London – und in Brüssel
“Look for answers in London, not Brussels”. So reagierte die EU-Kommission auf das Scheitern des Austrittsabkommens – ganz so, als habe Brüssel damit nichts zu tun und alles im Griff. In Wahrheit haben beide Seiten die Kontrolle über den Brexit verloren – London und Brüssel.
Die politische Klasse in London ist offenbar unfähig, sich auf das EU-Abkommen oder einen anderen, alternativen Deal zu verständigen. Premierministerin May ist die Macht entglitten.
Sie kann zwar noch die Agenda setzen. Heute Abend wird über einen “No deal” abgestimmt – eine breite Mehrheit dürfte diese Option ablehnen. Morgen ist dann eine Vertagung des Brexit dran.
Doch sie hat die Kontrolle über ihre eigene Mehrheit verloren. Und diese brüchige Mehrheit ist sich selbst nicht einig, wie es nun weiter gehen soll. “Take back control?” Im Gegenteil!
Daran ist allerdings nicht nur May schuld – sondern auch die EU, die das Austrittsabkommen entlang ihrer “roten Linien” formuliert hat und sich danach weigerte, es zu ändern.
Dabei sind die roten Linie das Problem, wie Labour-Chef Jeremy Corbyn zurecht sagt. Die EU hat sich zum Gefangenen von May gemacht und danach keinen Millimeter bewegt.
Diese falsche Politik fällt ihr nun auf die Füße. Besser wäre es gewesen, flexibler zu verhandeln und den Austrittsvertrag offen zu halten. Stattdessen hat sie ihre Haltung verhärtet.
Nun muß die EU hilflos mitansehen, wie sich die politische Klasse in London zerlegt und der Brexit zerbröselt. Brüssel hat die Kontrolle verloren und fürchtet nun den “No Deal”.
Allerdings bleibt auch noch, den Brexit auf die lange Bank zu schieben oder ganz abzublasen. Doch das wäre – zumindest aus meiner Sicht – noch schlimmer als ein “No Deal”.
Denn dann würde sich die EU erst recht zur Geisel machen – eines Landes (UK), das längst unberechenbar geworden ist und nicht im Traum daran denkt, EUropa voranzubringen.
Merkwürdig, dass so viele in Deutschland genau von diesem Szenario träumen. Fast alle deutschen Parteien incl. der AfD wollen UK in der EU halten, koste es was es wolle…
Siehe auch “Brexit-Dämmerung” und “Vom Grexit zum Brexit: wie sich die EU verhärtet”
Holly01
14. März 2019 @ 15:37
https://www.wto.org/english/news_e/news19_e/gpro_27feb19_e.htm
Das ist nicht so einfach zu beantworten, mit der WTO und dem UK.
Das zerfällt offensichtlich in die WTO Teilverträge und da wird nur ein einziger als abgehandelt angezeigt.
Wenn ich das also richtig interpretiere und beim suchen kein Fehler unterlaufen ist, dann ist das UK nach seinem EU Austritt (abgesehen von diesem Teilvertrag) KEIN WTO Mitglied und eine Behandlung durch die EU als wenn es eines wäre, ist reines good will.
Was dann natürlich bedeutet, das das weltweit auch so ist.
Das UK könnte als WTO Mitglied eingestuft werden, wenn die Vertragspartner das Zeichen des guten Willens gewähren.
Einen Anspruch das UK da aber nicht.
Kontrollverlust? Ich hoffe die haben die großen Windeln angelegt für den worst case.
vlg
ebo
14. März 2019 @ 18:35
Doch natürlich ist UK ein WTO-Mitglied! Wer behauptet das Gegenteil? https://www.wto.org/english/thewto_e/countries_e/united_kingdom_e.htm
Holly01
14. März 2019 @ 20:22
Das UK ist Mitglied als TEIL DER EU, weil jedes EU Mitglied WTO Mitglied ist.
Schauen Sie auf meinen link.
30 Tage vor dem EU-Austritt muss das UK einen Antrag auf Aufnahme stellen und wird dann in den GPA aufgenommen.
https://www.wto.org/english/news_e/news19_e/gpro_27feb19_e.htm
und das ist nur ein Teil der WTO
https://www.wto.org/english/tratop_e/gproc_e/gp_gpa_e.htm
Tja, die Vollmitgliedschaft des GB aus sich selbst heraus kommt da NIRGENDS vor und ich habe mich wirklich bemüht das zu finden.
Die Formulierung lautet immer :
“It is a member State of the European Union (more info). All EU member States are WTO members, as is the EU (until 30 November 2009 known officially in the WTO as the European Communities for legal reasons) in its own right.”
Ich denke das ist so ein Ding, wie die ganzen 4 (in Worten vier) Handelsabkommen die das UK in den fast 3 Jahren seit dem die Vorbereitungen zum Brexit gestartet sind hinbekommen hat.
Das ist die nach BIP 5. größte Wirtschaft der Welt und den rennt man nicht gerade die Bude ein …..
vlg
Peter Nemschak
13. März 2019 @ 15:57
Je länger der harte BREXIT warten muss, desto besser für die Wirtschaft, die Zeit hat, sich auf die Unwägbarkeiten der Politik einzurichten. Die großen Unternehmen haben es längst getan (operationales Risikomanagement). Selbst bei einem harten BREXIT steht es dem UK und der EU frei, freiwillig b.a.w. auf die Einhebung von Zöllen zu verzichten und Zollkontrollen bloß stichprobenartig durchzuführen, d.h. ein möglichst wirtschaftsschonendes Verhalten bis zum Abschluss eines Freihandelsabkommens an den Tag legen. Europa voranbringen ist ein großes Wort. De facto sind es immer kleine Schritte, egal ob das UK nun mitspielt oder nicht. Auch ohne UK wird die EU nicht plötzlich zu neuen Ufern aufbrechen. Im übrigen hat die EU schon anklingen lassen, dass sie einer Verlängerung der Spielzeit ohne konkreten Plan des UK nicht zustimmen würde. Wer weiß?
Holly01
14. März 2019 @ 08:56
Neben einem regulären Austrittsverfahren, würde ich mal das Thema “Ausschluss” in die Runde werfen.
Also einstimmig ein Mitglied raus setzen.
vlg
Holly01
13. März 2019 @ 14:24
Kennt jemand einen link zum tatsächlichen aktuellen Stand UK – WTO?
Der letzte Stand war das Russland dem UK per Veto die Aufnahme verweigert hat, weil das UK die Aufnahmebedingungen nicht erfüllt. Da war das UK also nicht selbst Mitglied sondern nur über die EU bzw die Verträge der EU.
Gibt es eine aktuelle Pressemitteilung, aus der man entnehmen kann, wie der UK Status zur Zeit nach dem Brexit wäre?
Wäre das UK Drittland gegenüber der EU, welches man so behandelt als wenn es in der WTO wäre?
vlg