Sie reden von Demokratie

US-Präsident Biden hat mehr als 100 Staaten zu einem virtuellen Demokratie-Gipfel geladen. Die EU geht alles andere als geschlossen in das Treffen, auch Deutschland ist nicht unbedingt ein Vorbild.

Die Idee stammt noch aus dem Wahlkampf, nun hat Biden sie umgesetzt. Er will Amerika wieder als Hort der Demokratie präsentieren – dabei haben sich die Anhänger von D. Trump bis heute nicht mit ihrer Wahlniederlage abgefunden.

Besser wäre es also gewesen, einen Demokratie-Gipfel nur für die USA zu machen. So ähnlich wie die Konferenz zur Zukunft Europas – die ist ja auch aus einem Demokratie-Defizit entstanden (die Europawahl wurde von den EU-Chefs konfisziert).

Aber auch so wirft das Treffen Fragen auf. Wieso wurde Ungarn nicht eingeladen, ist Regierungschef Orban nicht demokratisch gewählt? Und wieso darf Kommissionschefin von der Leyen dabei sein, obwohl sie sich keiner Wahl durch die Bürger gestellt hat?

Beide Entscheidungen haben dazu geführt, dass die EU alles andere als geschlossen in den Gipfel geht. Ungarn hat aus Protest eine gemeinsame Position blockiert, von der Leyen will nun nur für ihre Behörde sprechen. Dabei ist auch die nicht gewählt.

Immerhin kann sich Biden mit dem “Modell Deutschland” brüsten. Im größten EU-Land haben wir ja gerade eine “Sternstunde der Demokratie” erlebt, wie uns die Medien einreden wollen. Doch auch Deutschland ist nicht unbedingt ein Vorbild.

Wenn es geschlagene 16 Jahre dauert, bis die Regierungschefin geht, dann ist es um den demokratischen Wechsel schlecht bestellt. Zuletzt hatten viele Deutsche den unangenehmen Eindruck, sie hätten gar keine echte Wahl, alles sei “alternativlos”.

Das ist auch die Schuld der Sozialdemokraten, die nun die Macht übernommen haben. Immer wieder haben sie sich auf eine “Große Koalition” eingelassen, zuletzt sogar gegen den Willen der Parteibasis. Die innerparteiliche Demokratie wurde beschädigt.

Und wenn man den Umfragen glauben darf, dann sind die Deutschen auch jetzt nicht wirklich vom Ergebnis “ihrer” Wahl überzeugt. So gibt eine Mehrheit an, in den Koalitionsverhandlungen habe sich die FDP weitgehend durchgesetzt.

Dabei ist sie die kleinste der drei Regierungsparteien – demokratisch ist das nicht. Und vor der Wahl konnte niemand wissen, dass sie in eine Koalition mit SPD und Grünen gehen würde. Anders gesagt: Selbst FDP-Anhänger wollten diese Regierung nicht.

Was dann in vertraulichen “Ampel”-Gesprächen ausgehandelt wurde, entzog sich vollends dem Willen der Wähler. Vor allem die Entscheidungen zu EUropa und Corona sind schwach legitimiert – im Wahlkampf wurde darüber nicht gesprochen!

Aber so ist das nun ‘mal in einer parlamentarischen Demokratie. Am Ende zählt, wer sich im Parlament durchsetzt – und nicht, was die Parteien versprochen und die Bürger gewollt haben…

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P.S. Die EU-Kommission will 1,5 Mrd. Euro zur Förderung von Demokratie und Menschenrechten in der Welt bereitstellen. Zu den Zielen gehört auch die Abschaffung der Todesstrafe – da könnte man ja mal in den USA anfangen…