Scholz macht jetzt Außenpolitik – Brexit schlimmer als Finanzkrise?
Wer hätte das gedacht? Finanzminister Scholz hat sich als überzeugter Europäer geoutet. Doch seine Rede in der Berliner Humboldt-Universität bringt nicht viel Neues – außer einer kleinen Provokation für Paris.
Frankreichs solle seinen ständigen Sitz im Uno-Sicherheitsrat in einen EU-Sitz umwandeln, sagte der SPD-Politiker. Im Gegenzug könne Frankreich dann den EU-Botschafter bei den Vereinten Nationen stellen.
Das bedürfe “sicherlich in Paris noch einiger Überzeugungsarbeit”, erklärte Scholz. Doch das ist wohl ironisch gemeint. Denn zum einen kann er selbst nicht überzeugend erklären, was ein EU-Sitz bringen soll.
In allen wichtigen Krisen – Irak, Syrien, Russland/Ukraine – war die EU tief gespalten. Derzeit schafft sie es nicht einmal, die Mini-Krise um die Krim zu beruhigen – da sie selbst Partei ergreift (natürlich für die Ukraine).
Deutschland spielt dabei eine besonders schizophrene Rolle. Einerseits unterstützt Berlin die Regierung in Kiew, andererseits will man die Nord Stream 2-Pipeline mit Moskau vorantreiben, die die Ukraine ablehnt.
Zum anderen hat Scholz offenbar die Uno-Charta nicht gelesen. Die schließt nämlich aus, dass ein Land seinen Sitz einem Staatenbund wie der EU überläßt. Und warum sollte Frankreich das auch tun?
Scholz ist den Franzosen bisher nur minimal entgegen gekommen. Bei der Bankenunion spielt er auf Zeit, beim Euro-Budget hat er die Pläne von Präsident Macron verwässert, die Digitalsteuer soll erst 2021 kommen.
In seinem eigenen Ressort hat der SPD-Mann bisher jede Vision vermissen lassen – warum kommt er nun mit dieser außenpolitischen Idee, die keinen Mehrwert hat (außer für seinen Genossen Maas)?
Wann hat Berlin (Kanzlerin Merkel eingeschlossen) zuletzt vorgeschlagen, Macht mit der EU und/oder Frankreich zu teilen? Wo bleibt der “Aufbruch für Europa”, der auch Deutschland etwas abverlangt?
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WATCHLIST:
- Wie geht es im neuen Krim-Konflikt weiter? Das könnte das deutsch-ukrainische Wirtschaftsforum in Berlin zeigen. Neben Kanzlerin Merkel spricht auch der ukrainische Ministerpräsident Groisman. Wird er nun auch Bodentruppen aus Berlin anfordern (die Bundesmarine hat Kiew ja schon herbeigewünscht)? Und wird er die deutsch-russische Gaspipeline ansprechen? Die USA fordern bereits, das umstrittene Bauwerk fallen zu lassen – für den Frieden im Schwarzen Meer…
WAS FEHLT:
- Die düstere Konjunkturprognose der Bank of England. Ein ungeordneter Brexit würde das Land nach Einschätzung der BoE härter treffen als die Finanzkrise vor zehn Jahren. Die britische Wirtschaftskraft würde demnach um acht Prozent schrumpfen. Allerdings ist dies ein Worst-Case-Szenario, das die Briten wohl vom umstrittenen Brexit-Deal mit Brüssel überzeugen soll. US-Wirtschaftsnobel Krugman bezweifelt diese Prognose – obwohl er selbst gegen den Brexit ist…
Again, I’m anti-Brexit, and have no doubt that it will make Britain poorer. And the BoE could be right about the magnitude. But they’ve really gone pretty far out on a limb here 6/
— Paul Krugman (@paulkrugman) November 28, 2018
Gradner Herbert
29. November 2018 @ 20:18
Deutschland hat aus 2 Weltkriegen wenig gelernt! Die unqualifizierte Hetze gegen Russland, das Kriegstreiben mit den Englendern und Franzosen mit dem Imperium USA im Ruecken ist, meiner Meinung nach, ein Verbrechen! Und jetzt die Embargos sind reine Kriegshetze welche auf Luegen aufgebaut sind! Nur weiter so mit der EU, dann opfern wir wieder einmal unsere Soehne auf dem Schlachtfeld !!!
Peter Nemschak
29. November 2018 @ 10:35
Deutschland kann in der derzeitigen Ukraine-Krise sehr wohl eine Vermittlerrolle spielen. Die Entwicklung von Northstream 2 oder deren vorläufigen Stopp wäre ein Druckmittel auf Russland, das man zwar mit Bedacht und überlegt aber durchaus einsetzen könnte. Umgekehrt hat sich die EU soweit von der Ukraine als Transitland für Erdgas emanzipiert, dass sie von seiten der Ukraine im Streit mit Russland nicht mehr erpressbar ist. Frankreich und Deutschland haben als ersten Schritt vorläufig auf eine Ausweitung der Sanktionen gegen Russland verzichtet. Man wird sehen, ob Russland an einem guten langfristigen wirtschaftlichen Verhältnis zur EU interessiert ist. Durch die Möglichkeit in Zukunft verstärkt Flüssiggas aus den USA zu beziehen, beginnt sich der Handlungsspielraum der EU, allen voran Deutschlands zu erweitern. Die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland und ihre Auswirkungen auf die Region wird wohl noch lange Dauerbrenner bleiben.
Georg Soltau
29. November 2018 @ 15:42
Das soll gut sein mit dem Flüssiggas ? : Die Amis pressen Chemie in den Boden um das Gas heraus zu bringe: gut für den Boden ?….dann muss es verflüssigt werden: hoher Aufwand, Energieverbauch ?….dann der Transport per Schiff: Umweltfreundlich mit Segelschiffen ?,
alles prima, oder ?