Schnelle Eingreiftruppe kommt zu spät, Streit um Ölembargo – und Deutschland soll führen

Die Watchlist EUropa vom 22. März 2022 –

Neue Sanktionen gegen Russland, mehr Waffen für die Ukraine und eine schnelle Eingreiftruppe für brisante Militäreinsätze: In der vierten Woche des Ukraine-Krieges will sich die Europäische Union noch härter als bisher gegen Kremlchef Wladimir Putin positionieren.

Man müsse den Druck auf Putin erhöhen und Russland international isolieren, hieß es bei einem Treffen der Außen- und Verteidigungsminister der EU am Montag in Brüssel. Die Minister beschlossen eine neue Sicherheitsstrategie, in der Russland erstmals als Hauptgegner gebrandmarkt wird.

Teil dieser Strategie ist auch eine neue Eingreiftruppe. Sie soll aus verbesserten EU-Battlegroups sowie anderen Streitkräften und Fähigkeiten der Mitgliedstaaten bestehen. Die Größe wird mit bis zu 5000 Soldaten angegeben.

Das erste Kontingent könnte Deutschland stellen, erklärte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. Allerdings wird die neue Truppe wohl erst 2025 an den Start gehen – zu spät für den Krieg in der Ukraine.

Ratlosigkeit und Müdigkeit

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Auch die Sanktionen gegen Russland – letzte Woche verabschiedete die EU das vierte Paket – zeigen bisher keine Wirkung. Putin führt seinen Krieg weiter und steht offenbar kurz davor, die Hafenstadt Mariupol einzunehmen.

Wie soll es nun weitergehen? Nach einem furiosen Start, bei dem die Europäer nach Kriegsbeginn Ende Februar alle Tabus über Bord geworfen und beispiellose Sanktionen gegen Russland beschlossen hatten, macht sich in Brüssel Ratlosigkeit breit.

“Es gibt dieses Gefühl im Raum, dass wir uns gerne mal hinsetzen und durchatmen würden, weil die ersten drei Wochen für die Europäer unglaublich schwierig waren”, sagte Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis. Sanktionsmüdigkeit sei jedoch fehl am Platze.

Streit um neue Sanktionen

Litauen fordert neue Sanktionen, diesmal im Energiesektor. Das wollen auch Polen und die Ukraine. Allerdings können die Hardliner nicht erklären, warum die fünfte Sanktionswelle mehr bringen sollte als die vier vorangegangenen.

Derweil warnt Moskau vor einem Ölembargo. “Ein solches Embargo hätte sehr schwere Folgen für den Weltölmarkt, verhängnisvolle Folgen für den europäischen Energiemarkt”, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.

Ein Embargo auf russisches Öl würde “die ganze Welt treffen”. Der Kreml-Sprecher hob jedoch auch hervor, dass die USA von einem solchen Embargo weniger betroffen wären als Europa: “Die Amerikaner (..) werden sich besser fühlen als die Europäer.”

Siehe auch unseren Live-Blog zum Wirtschaftskrieg

Watchlist

Sind die Gerichte in Polen unabhängig? Darüber muß am Dienstag der Europäische Gerichtshof entscheiden. Eine polnische Amtsrichterin, gegen die ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, hatte die Zuständigkeit des Richters der Disziplinarkammer in Frage gestellt. Auch die EU hatte Zweifel geäußert. Allerdings interessiert man sich in Brüssel seit Beginn des Ukrainekrigs kaum noch für den Rechtsstaat in Polen – schließlich steht Warschau nun auf der “richtigen” Seite…

Was fehlt

Deutschlands neue Führungsrolle. Berlin solle wieder vorangehen, sagte die neue US-Botschafterin in Deutschland, Amy Gutmann. “Wenn Deutschland nicht die Führungsrolle in der EU einnimmt, werden wir alle zusammen schwächer sein”, betonte sie. In der Nato müsse Deutschland ebenfalls mit führend sein. Offenbar reicht den USA die “Zeitenwende” in Berlin nicht – sie wollen mehr, vor allem mehr Sanktionen gegen Russland. Dann könnten sich die USA wieder auf China konzentrieren…-