“Risse” in Russland – Konfusion beim EU-Gipfel

Offiziell ist der Machtkampf in Russland kein Thema beim EU-Gipfel. Doch in Wahrheit beschäftigt er alle Staats- und Regierungschefs – die Meinungen gehen weit auseinander.

“Wir werden unsere Entschlossenheit bekräftigen, die Ukraine so lange wie nötig zu unterstützen – auch durch nachhaltige finanzielle und militärische Hilfe“, heißt es in der Einladung an die 27 Staats- und Regierungschefs der EU. “Unsere felsenfeste Einigkeit steht im Gegensatz zu der Uneinigkeit in Russland“.

Dies ist ein Seitenhieb auf Putin und den Aufstand der Söldnergruppe Wagner am vergangenen Wochenende. Die dramatischen Vorgänge in Russland sind ganz oben auf die Gipfel-Agenda gerückt; sie dürften auch das Gespräch mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg beherrschen.

Doch bei der Einschätzung der Folgen des gescheiterten Putsches sind sich die 27 nicht einig.

Während Polen und Balten fordern, die Ostflanke der Nato zu stärken und Putin weiter zu schwächen, warnen die Westeuropäer vor den Folgen des innerrussischen Machtkampfs. Er könnte auf Europa zurückfallen, mit der weltgrößten Atommacht sei nicht zu spaßen.

Auch EU-Chefdiplomat Josep Borrell mahnt zu Vorsicht. Die unklare Lage in Moskau könne Gefahren bergen, sagte er, die EU müsse sich auf alle möglichen Szenarien vorbereiten. Bisher hat sie keine Strategie – dabei arbeitet man seit einem Jahr daran, Russland mit Sanktionen zu “ruinieren”…

Siehe auch “Den Schuß nicht gehört”

P.S. Auch Kanzler Scholz hat von “Rissen” und einer “Schwächung Putins” gesprochen. Doch ist dem wirklich so? Derzeit sieht es eher so aus, als sei Prigoschin “geschwächt” – und als könne Putin seine Macht konsolidieren. Unserem guten Nato-Freund Erdogan hat der Militärputsch in der Türkei ja auch nicht geschadet, im Gegenteil…