Richter proben den Polexit, Iren proben die Mindeststeuer – und bewaffnete Drohnen

Die Watchlist EUropa vom 08. Oktober 2021 –

Es passiert nicht allzu oft, dass die EU-Kommission die Entscheidungen nationaler Gerichte kommentiert, noch dazu am selben Tag. Normalerweise respektiert sie Rechtsentscheidungen ihrer Mitgliedsstaaten.

Doch nach dem Urteil des polnischen Verfassungsgericht, das den Vorrang des nationalen, polnischen Rechts proklamiert, war es so weit: Die Brüsseler Behörde äußerte „schwere Bedenken“ und stellte klar:

  • EU law has primacy over national law, including constitutional provisions;
  • All rulings by the European Court of Justice are binding on all Member States’ authorities, including national courts.

Damit ist genau das passiert, was man in Brüssel unbedingt verhindern wollte: Der Streit um das EU-Recht eskaliert, ein Kompromiß scheint kaum noch möglich. Der „Polexit“, der EU-Austritt Polens, ist näher gerückt.

Auch Karlsruhe hat Vorbehalte

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Dabei ist steht Polen mit seiner Auffassung nicht allein. Auch das Bundesverfassungsgericht hat dem Europäischen Gerichtshof schon öfter die Zuständigkeit streitig gemacht und sich nationale Alleingänge erlaubt.

Ähnlich wie die polnischen Richter betonen auch die roten Roben in Karlsruhe, dass Deutschland ein souveräner Staat sei und sich in allen Bereichen, die nicht unter EU-Kompetenz fallen, frei entscheiden könne – ohen Einmischung des EuGH.

Doch das polnische Verfassungsgericht legt sich mit der EU ausgerechnet im Streit um den Rechtsstaat an. Der EuGH dürfe sich nicht in das polnische Justizwesen einmischen, so das Verdikt.

Damit treffen sie einen wunden Punkt. Denn der EuGH hat mehrfach entschieden, dass die polnische Justizreform nicht mit EU-Recht vereinbar sei. Damit steht Urteil gegen Urteil.

Neues EU-Verfahren gegen Polen?

Die EU-Kommission ist nun gezwungen, ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen anzustrengen – so wie sie es auch schon gegen Deutschland getan hat, wegen der aufmüpfigen Richter aus Karlsruhe.

Doch damit wird das Problem nicht gelöst. Hier stehen sich zwei unvereinbare Vorstellungen des Rechts gegenüber. Die EU beansprucht das Primat – will und kann Polen aber nicht hinauswerfen.

Wenn kurz nach Großbritannien auch noch Polen geht, ist das europäische Projekt tot. Wenn sich die Mitgliedsstaaten selbst aussuchen dürfen, an welche EU-Vorschriften sie sich halten, aber auch…

Siehe auch „Wer will den Polexit?“

Watchlist

Ist das der Durchbruch? Irland will nun doch der OECD-Vereinbarung über einen globalen Mindestbesteuerungssatz von 15 Prozent für große Konzerne beitreten. Die Regelung sei der „richtige“ Weg, eine „ausgeglichene“ Entscheidung und ein „fairer Kompromiss“, sagte Finanzminister Paschal Donohoe. Bisher stand Dublin auf der Bremse – nun scheint der Weg frei…

Was fehlt

EU-Geld für bewaffnete Drohnen. Die Europäische Union könnte massiv in die Entwicklung von sogenannten Drohnenschwärmen investieren, berichtet der EU-kritische Experte Matthias Monroy. In Planung sei eine senkrecht startende große Drohne, in deren Innern sich „eine große Anzahl“ weiterer, kleiner Drohnen befinden. Diese könnten auch bewaffnet werden…