Reden wir von Imperialismus

Es ist schon ziemlich lange her, dass man in Deutschland von “Imperialismus” sprach. Doch nun erlebt der Begriff eine überraschende Renaissance – in Frankreich. Gleich zwei Franzosen nehmen ihn in den Mund.

Der eine heißt Jean Pisani-Ferry und war lange Zeit Wirtschaftsberater von Präsident Emmanuel Macron. Nun hat der Brüsseler Thinktank Bruegel, den Pisani-Ferry vor der Rückkehr nach Paris leitete, ein Thesenpapier vorgelegt, Titel: “Europa und der neue Imperialismus”.

Die USA und China hätten sich vom regelbasierten globalen System abgewandt und betrieben wieder eine imperiale Machtpolitik, so die zentrale These. Darauf sei die EU nicht vorbereitet. Denn die EUropäer glauben immer noch an den freien Markt und faire Regeln. Zitat:

Europe’s challenge now is to position itself in a new landscape where power matters more than rules and consumer welfare. The EU faces three big questions: whether to reorient its competition policy; how to combine economic and security objectives; and how to avoid becoming an economic hostage of US foreign-policy priorities.

Das ist starker Tobak. Doch es geht noch stärker. Dies beweist Wirtschaftsminister Bruno Le Maire. Der Macron-Anhänger hat ein neues Buch vorgelegt – “The New Empire: Europe in the 21st Century.” Darin plädiert er, wenn man der britischen “FT” glauben mag, für ein “europäisches Empire”. Noch ein Zitat:

Mr Le Maire said his idea was not “an empire of domination” but “a peaceful empire” that would unite EU members in standing up to China’s expansionary new Silk Road — the Belt and Road Initiative for infrastructure — and President Donald Trump’s “America First” slogan.

Für ein “friedliches Imperium” namens EU sprach sich übrigens schon Ex-Kommissionschef José Barroso aus. Das ist bald zehn Jahre her. Wie es scheint, sind die Europäer seither nicht viel weiter gekommen. Im Gegenteil: Nun drohen sie von den neuen Imperien zerrieben zu werden…

Siehe auch: “Der nächste Machtkampf: China”