Rechtsstaat: EU-Parlament klagt gegen EU-Kommission
Der Streit um den Rechtsstaat und das EU-Budget eskaliert. Weil die EU-Kommission nichts gegen Rechtsstaats-“Sünder” wie Ungarn, Polen oder Bulgarien unternimmt, will das Europaparlament nun Klage einreichen.
Die Abgeordneten hatten ein Ultimatum zum 1. Juni gesetzt. Bis dahin sollte die Kommission gegen jene Länder vorgehen, die die neue Rechtsstaats-Klausel zum EU-Budget verletzen.
Doch die von der Leyen-Behörde unternahm – nichts. Sie will erst “Leitlinien” ausarbeiten, wie dies der Rat im Dezember 2020 – damals noch unter deutschem Vorsitz – gefordert hatte. Das könnte bis zum Herbst dauern.
Nun ist den Abgeordneten der Geduldsfaden gerissen. Sie wollen vor dem Europäischen Gerichthof klagen. Die sog. Untätigkeitsklage soll bei der Plenarsitzung in der kommenden Woche in Straßburg auf den Weg gebracht worden.
Bis zuletzt hatte die EVP – geführt von CDU/CSU – Widerstand geleistet. Doch Sozialdemokraten, Grüne und Linke machten Druck, es soll laut geworden sein. Am Freitag lenkten die deutschen Christdemokraten dann ein.
Zuvor hatten die USA Sanktionen gegen Bulgarien verhängt – wegen der dort grassierenden Korruption. Auch dort war Brüssel nicht aktiv geworden…
Siehe auch “USA verhängen Sanktionen gegen Bulgarien”
P.S. Parlamentspräsident David Sassoli soll beauftragt werden, die Untätigkeitsklage vor dem EU-Gericht einzureichen. Dafür habe Sassoli zwei Wochen Zeit, heißt es bei der EVP. Dieser Kompromiss, der von der Leyen noch etwas Luft verschafft, habe es CDU/CSU ermöglicht, das ungewöhnliche Verfahren gegen die Kommission mit zu tragen, höre ich im EP.
Volker Birk
5. Juni 2021 @ 18:40
Ein Rechtsstaat kann nur in einer Demokratie existieren, sonst fehlt ihm die Legitimation. Und in einer Demokratie muss das Parlament die Regierung nicht verklagen. Es setzt sie einfach ab und wählt eine neue.
Pseudodemokratie als Farce.
ebo
5. Juni 2021 @ 18:46
Gut beobachtet! Doch das Europaparlament hat noch nie eine Kommission gestürzt…
Kleopatra
11. Juni 2021 @ 10:15
Einmal hat es aber so glaubwürdig gedroht, dass die Kommission freiwillig demissioniert hat. (Stichwort Santer)
european
5. Juni 2021 @ 12:58
Naja,
Frau von der Leyen wurde schließlich von diesen Staaten gewählt. Die wussten schon sehr genau, warum sie Timmermans ablehnten. Der hätte sich nämlich nicht so auf der Nase herumtanzen lassen. Und nun muss sie in die Hand beißen, die sie füttert. 😉
Ich bin mir aber sicher, dass das genauso an ihr abperlen wird, wie alles andere zuvor auch. Solange kein Amtsenthebungsverfahren droht, kann man alles aussitzen.
ebo
5. Juni 2021 @ 13:31
Der Clou ist ja, dass das Parlament zwar bellt, aber nicht beißt.
Erst kommt eine Zwei-Wochen-Frist, dann nochmal eine zweimonatige Wartezeit, bevor das EuGH-Verfahren überhaupt gestartet wird – voraussichtlich im August. Bis zum Urteil vergehen dann nochmal einige Wochen. Bis dahin dürfte die EU-Kommisison ihre “Leitlinien” fertiggestellt haben, vielleicht laufen sogar die ersten Verfahren an.
Von der Leyen hat also nichts zu fürchten…