Putin strafen, Erdogan schmieren

Man kann durchaus darüber streiten, ob die EU wg. des Giftgas-Angriffs in Salisbury weitere Strafen gegen Russland verhängen musste. Aber wie Ratspräsident Tusk mit dem Fall umgeht, ist hanebüchen.

Ausgerechnet aus dem bulgarischen Warna, wo sich Tusk mit dem türkischen Sultan Erdogan trifft, ließ der EU-Chef die Meldung verkünden, dass insgesamt 14 EU-Staaten russische Diplomaten ausweisen.

Vierzehn – das ist nicht die gesamte EU, auch wenn Deutschland und Frankreich mit von der Partie sind. Tusk hat es also nicht einmal geschafft, alle 28 EU-Staaten hinter sich (oder Großbritannien) zu bringen.

Er bricht damit mit der guten Tradition, in wichtigen Fragen der Außenpolitik die Einstimmigkeit (oder wenigstens eine qualifizierte Mehrheit) zu sichern. Das ist der erste, schwere Fehler des Polen.

Der zweite Fehler war, die Sanktionen gegen Zar Putin ausgerechnet an jenem Ort zu verkünden, wo die EU einen Kotau vor Sultan Erdogan macht. Ein Sondergipfel mit Erdogan als Bühne für Sanktionen gegen Putin!

Das macht mich sprachlos. Schließlich hatte die EU noch am Freitag festgestellt, dass Erdogan illegal und völkerrechtswidrig handelt, indem er Kriegsschiffe vor der Küste Zyperns auffahren lässt und Afrin erobert.

Das Mindeste wäre also gewesen, auch Erdogan zu strafen. Stattdessen wird der Sultan nun erneut mit 3 Mrd. Euro geschmiert, um uns die Flüchtlinge aus Syrien vom Hals zu halten, die er mit seiner Militäroffensive selbst produziert.

Okay, wir streichen die Worte „Wertegemeinschaft“, „gemeinsame Außenpolitik“ und „Bekämpfung der Fluchtursachen“ – und hören auf, uns über Trump zu empören. Die EU ist nämlich um keinen Deut besser…

Ach ja – die Sanktionen gegen Russland waren mit den USA abgestimmt! Jetzt fehlt eigentlich nur noch ein Nato-Einsatz, und die westliche Welt ist wieder in Ordnung…

Siehe auch meinen Kommentar in der taz