Portugal schlagen, Frankreich treffen
Wie erwartet, haben die EU-Finanzminister ein milliardenschweres Strafverfahren gegen Portugal und Spanien auf den Weg gebracht. Das wahre Ziel scheint aber der “Defizitsünder” Frankreich zu sein.
Die beiden iberischen Länder hätten die Defizitregeln verletzt und würden nun die verdiente Strafe erhalten, sagte ein zufriedener Finanzminister Schäuble. Das sei auch in ihrem eigenen Interesse.
Komisch, dabei hatten Spanier und Portugiesen doch in drei Wahlen gegen Schäubles Spardiktate gestimmt. Aber der CDU-Mann hat die (von ihm gemachten) EU-Regeln auf seiner Seite.
Und die will er auch weiter konsequent anwenden – als nächstes offenbar gegen Frankreich. Denn auch das zweitgrößte Euroland überzieht beim Defizit.
Damit stellt es zwar keine Gefahr für die Finanzstabilität in der Eurozone dar, wie zum Beispiel die Deutsche Bank. Doch Regeln sind Regeln, nicht wahr?
Deshalb müsse die EU-Kommision nun auch zu Frankreich “einen Vorschlag machen”, so Schäuble. Das Risiko der Deutschen Bank tat er dagegen ab: “Man kann es auch herbeireden”.
Hella-Maria Schier
13. Juli 2016 @ 23:08
Schäuble. Immer wenn ich von seinen Bösartigkeiten höre und ihn dann sehe, sinniere ich über die Höhe seiner Lebenserwartung und kann die Vorstellung kaum abschütteln, dass es doch ein Leichtes wäre, Europa von dieser Plage zu befreien, aber wir sind weder im Mittelalter, noch hätten wir die Asaasini zu Hilfe..
Das eine iberische Land kann ihn nicht mehr als Antichristen auf die auf die Liste der Inquisition setzen, obwohl es vielleicht davon träumt..
In dem kleineren iberischen Land wurde, soweit ich weiß eine linke Regierung gewählt, der man nicht erlaubt, zu regieren.
Und wir? Wir würden Schäuble ja noch nicht mal los, würden wir selbst aus der EU austreten.
Da werden alle immer ganz hysterisch wegen der neuen Nationalismen in Europa, die die Demokratien bedrohen würden usw. Mag ja sein, sowas kann halt das Ergebnis sein, wenn man lange Zeit jegliche tiefergehende EU-Kritik propagandistisch in die rechte Ecke geschoben hat. Da wächst sie dann halt. Und heute macht man munter weiter damit und produziert so weiteren Rechtsruck.
Währenddessen praktizieren die großen EU-Strategen Schäuble und Merkel deutsch-nationale Politik mit den Instrumenten der EU. Niemand nennt das Nationalismus. Niemand wagt sich ihnen entgegen zu stellen. Man muss nur mächtig genug sein. Mir fällt “großdeutsche Politik” dabei ein.
Hatten wir das nicht schon mal?
Aber unserer Presse, die sich über jeden Zuwanderer-skeptischen Niedriglöhner, heftig echauffiert, fällt bei dieser Art imperialen deutschem Macht-Gehabe nicht ein, dass auch das zu den oft beschworenen braunen Zeiten geführt hat.
Warum haben wir nur eine so regierungsergebene Presse?
Vielleicht weil das damals auch so war…
Peter Nemschak
14. Juli 2016 @ 07:13
Schäuble: des einen Leid, des anderen Freud. Bei manchen die hier posten, ist es aus meiner Sicht umgekehrt.
bluecrystal7
13. Juli 2016 @ 05:41
“Die beiden iberischen Länder hätten die Defizitregeln verletzt und würden nun die verdiente Strafe erhalten, sagte ein zufriedener Finanzminister Schäuble. Das sei auch in ihrem eigenen Interesse.” – Oh, Mister Schwarze Null spielt wieder den Hardliner… Hat er denn die Portugiesen und die Spanier etwa persönlich gefragt, ob das in ihrem “eigenen Interesse” sei?
alex
12. Juli 2016 @ 21:32
@ebo: da stimme ich vollkommen überein: das eigentliche Ziel der deutschen Wirtschaftspolitik ist Frankreich: man will letztendlich über ein EU-Superfinanzministerium mit minimalem Budget deutsche Kontrolle endlich auch über den franz. Staatshaushalt bekommen (Plan von Schäuble – darüber gibt es zahlreiche Interviews mit Varoufakis). Nur wird man hier nicht die Rechnung mit dem Wirt gemacht haben – ich glaube nicht, dass das die Franzosen mit sich machen lassen werden. Aber eine Frage kann ich mir nicht beantworten: womit hat man Hollande und seine Berater am Haken, dass er die gestellten Fallen nicht sieht, denn makroökonomisch ist die deutsche Wirtschaftspolitik a la “Beggar thy Neighbour” (d.h. durch Lohndumping jahrzentelang Inflationsraten unter den EZB-Auflagen und dadurch sinkende Lohnstückkosten mit erschlichenem Wettbewerbsvorteil) für eine Währungsunion einfach nicht tragbar. Das müssen die Franzosen doch wissen! Ich gehe jede Wette ein, wenn wegen dieser merkantilistischen Politik die Wahrungsunion scheitern wird (und muss wenn man nicht sofort energisch entgegensteuert), die nächsten 100 Jahre kein Land mit Deutschland je eine Währungsunion eingehen wird. Das wird auch für Deutschland eine Katastrophe und eine EU wie wir sie heute kennen wird es auch nicht mehr geben.
Peter Nemschak
13. Juli 2016 @ 19:12
Die Lohnsteigerungen der letzten Monate in Deutschland können nicht als Lohndumping bezeichnet werden. Wenn die Währungsunion scheitert, dann, weil die Wirtschaftskulturen und -strukturen in den Mitgliedsländern zu unterschiedlich sind. Allerdings waren auch vor Einführung des EURO die BIP pro Kopf sehr unterschiedlich bei den Mitgliedsstaaten. Es wäre eine Illusion zu glauben, dass bei Auflösung des EURO sich das materielle Wohlstandsniveau in der EU annähern würde. Auch ohne EURO würden die einzelnen Mitgliedsländer schnell an ihre Verschuldungsgrenze kommen, da die Märkte auf erhöhtes Risiko sehr rasch negativ reagieren würden.
Peter Nemschak
12. Juli 2016 @ 18:21
Frankreich hätte durchaus die wirtschaftlichen Voraussetzungen, wenn es politisch gewillt ist, die Stabilitätskriterien, die von Deutschland als Antwort auf den EURO in die Welt gesetzt wurden, zu erfüllen. Allerdings bedarf es dafür einer Änderung der gesellschaftlichen Gewohnheiten Frankreichs, die wir in den Jahren regelmäßiger Abwertungen des französischen Francs gesehen haben. Den Francs gibt es schon lange nicht mehr, die französische Wirtschaftskultur ändert sich allerdings nur langsam in Richtung einer weltoffenen Wettbewerbswirtschaft mit weniger staatlichem Dirigismus und ideologisch verhärteten Gewerkschaften. Das Verhältnis zwischen den französischen Sozialpartnern ist nach wie vor dogmatisch statt pragmatisch. Es wird interessant zu beobachten, welches Wirtschaftsparadigma sich in der EU durchsetzen wird, insbesondere, da der europäische Umverteilungsstaat, den die Bürger nicht wollen, in immer weitere Ferne rückt. Der EURO hat sich als große Belastung für die EU erwiesen. Er war eben ein politisches und kein wirtschaftliches Projekt.
GS
12. Juli 2016 @ 17:32
Wollte der französische Finanzminister auch sich selbst treffen, oder wie hat er abgestimmt?
ebo
12. Juli 2016 @ 17:36
Keine Ahnung, er war eigentlich gegen Sanktionen…