Platzt der Jubel-Gipfel in Rom?
Es soll eine „show of unity“ werden. Zum 60. Jahrestag der EU-Gründungsverträge treffen sich die 27 Chefs der Rest-EU (ohne UK) am Samstag in Rom. Doch der Jubel-Gipfel droht zu platzen.
Gleich zwei EU-Länder – Polen und Griechenland – blockieren die geplante „Erklärung von Rom“, mit der Kanzlerin Merkel und ihre Follower den Aufbruch in eine bessere Zukunft verkünden wollen.
Die rechtsnationale Regierung in Warschau sträubt sich gegen das Europa der „verschiedenen Geschwindigkeiten“, mit dem Merkel die EU aus der Krise holen (und die deutsche Dominanz sichern) will.
„Anstatt das Projekt zu reparieren, würde dies es zerlegen“, sagte Ministerpräsidentin Szydlo. Die Billigung dieses Prinzips würde „sehr mächtige Zentrifugalkräfte“ freisetzen und „Unsicherheit und Chaos“ bedeuten.
Auch die linke Regierung in Athen droht mit einer Blockade. Sie möchte erreichen, dass sich die EU nicht nur verbal zu einem sozialen Europa bekennt, sondern auch danach handelt.
Sie drohte sogar, die gesamte Erklärung aufzuhalten, wenn die Eurogruppe an „asozialen“ Reformen festhält und (wie geplant) Tarifverträge und Kündigungsschutz infrage stellt.
In Brüssel bemüht man sich, die Streitigkeiten herunterzuspielen. „Wir lassen uns nicht mehr dadurch erpressen, indem ein Land ein Dossier mit einem ganz anderen Dossier verknüpft“, sagte ein EU-Diplomat.
Zur Not könne Ratspräsident Tusk die Erklärung ganz allein unterzeichnen. Damit wäre aber der gewünschte Effekt dahin – die „show of unity“ wäre gescheitert.
Calvo
24. März 2017 @ 18:13
Ein Dossier mit einem anderen zu verbinden nennt man package deal. Das war seit je her das Prinzip, mit dem in der EU Fortschritte erreicht wurden. Wobei es natürlich fraglich ist, mit welchem package deal man Polen an Bord holen könnte, wenn dessen Regierung sich in den Kopf gesetzt hat, aus Gnatz sämtliche Beschlüsse zu blockieren.
Peter Nemschak
23. März 2017 @ 19:09
Polen ist der beste Beweis, dass ein Mitgliedsland aus dem europäischen Geleitzug ausscheren möchte. Bei 27 verbleibenden Mitgliedern, die unterschiedlicher nicht sein können, sind unterschiedliche Geschwindigkeiten durchaus angebracht. Wichtig für die europäische Zukunft ist die Möglichkeit von qualifizierten Mehrheitsentscheidungen, wenn es sein muss, auch gegen einzelne Mitgliedsländer.
Claus
24. März 2017 @ 09:11
@Peter Nemschak: „Wichtig für die europäische Zukunft ist die Möglichkeit von qualifizierten Mehrheitsentscheidungen, . . .“?
Diese würden zunächst einmal die Einführung des demokratischen Grundprinzips „One man, one vote“ voraussetzen, die die unterschiedliche Gewichtung von Stimmen („Klassenwahlrecht“) entsprechend der Einwohnerzahlen der EU-Mitgliedländer, wie es derzeit angewendet wird, schlichtweg verbietet.
Und dann sehen wir mal weiter . .
Peter Nemschak
24. März 2017 @ 11:43
Ihr Modell würde bedeuten, dass der Hund mit dem Schwanz wackelt. Das Prinzip dass die Mehrheit von 55 % der Mitgliedstaaten, die 65% der Bevölkerung repräsentieren, entscheidet, ist sinnvoll. Prinzipiell ist es in nationalen Demokratien nicht anders. Auf Wählerebene haben Sie natürlich das Prinzip von one man one vote.