„Paperology“
Na also! Wie bereits gestern in diesem Blog vermutet, gab es tatsächlich zwei widersprüchliche Vorlagen für die Eurogruppe zu Griechenland. Dahinter verbirgt sich ein Machtkampf zwischen Berlin und Brüssel.
Die Vorlage von Währungskommissar Moscovici kam der neuen Regierung in Athen weit entgegen; sie war offenbar mit Finanzminister Varoufakis abgestimmt.
Die Vorlage von Eurogruppenchef Dijsselbloem hingegen schreibt das umstrittene Hilfs-PROGRAMM fort. Kein Wunder, dass Varoufakis nicht zustimmen wollte.
So weit, so klar. Unklar ist aber immer noch, wieso das Mosco-Papier nicht einmal diskutiert wurde. Gab es Pressionen, z.B. aus Berlin? Wieso redet Moscovici nicht?
Auf Nachfrage sagte die EU-Kommission lediglich, sie wolle keine „Paperology“ betreiben. Dabei geht es hier offenbar um einen neuen Machtkampf um die Eurokrise.
Wenn nicht alles täuscht, hat Brüssel – bzw. die moderate Fraktion in Brüssel – diesen Kampf verloren. Berlin hingegen – bzw. die Hardliner um Schäuble – haben ihn gewonnen.
Bleibt die Frage, wie Griechenland mit dieser neuen Lage umgeht. Angeblich bereitet sich Athen aufs Einlenken vor. Derweil droht Schäuble: „Am 28., 24.00 Uhr, is over“…
Mike
18. Februar 2015 @ 22:29
OK, das wars. Ihr tut mir nur noch leid…
GS
18. Februar 2015 @ 13:14
@ebo
Die Argumentation ist doch Käse. Es gibt zig Länder, die keine Rohstoffe und dennoch eine gesunde Leistungsbilanz besitzen. Es liegt also nicht daran, dass man die Bodenschätze bisher nicht gehoben hat, sondern schlicht an der ungünstigen Wirtschaftsstruktur des Landes.
ebo
18. Februar 2015 @ 13:16
Beispiele?
Tim
18. Februar 2015 @ 13:18
@ ebo
Immer wieder herrlich, diese absicht-unabsichtlichen humoristischen Einlagen. 🙂
DerDicke
18. Februar 2015 @ 13:48
Deutschland, Japan
Wobei ich die Exportorientierung nur bedingt als „gesund“ bezeichnen würde.
GS
18. Februar 2015 @ 19:58
Wenn Dir die zwei Beispiele des Dicken nicht zusagen, hier noch ein paar andere: Südkorea, Belgien, Irland, Schweiz, Taiwan, Dänemark, Belgien, Österreich, Ungarn…gibt bestimmt noch andere.
GS
18. Februar 2015 @ 20:00
Umgekehrt ist es so, dass man mit Ressourcenreichtum die Schwäche der restlichen Wirtschaft übertünchen kann. Russland, Saudi-Arabien, überhaupt die ganze arabische Ölwelt.
Aber Griechenland steht mit seiner Rohstoffarmut nun weiß Gott nicht allein.
Peter Nemschak
18. Februar 2015 @ 13:01
@ebo Was haben diverse griechische Regierungen bisher zur Verbreiterung der Einnahmenbasis unternommen? Wo bleibt ihre Kritik am korrupten griechischen politischen System, an der jahrelangen Klientelpolitik?
ebo
18. Februar 2015 @ 13:18
Nichts, denn die Troika hat das nicht interessiert. Die Jahrelange Klientelpolitik sollte nun zu Ende gehen, denn die korrupten Eliten wurden abgewählt. Freuen Sie sich doch auch einmal darüber, diese Wahl war die beste Strukturreform der letzten 50 Jahre in Griechenland!
Tim
18. Februar 2015 @ 14:10
@ ebo
Bist Du etwa der Meinung, die griechische Regierung soll nur dann etwas Sinnvolles unternehmen, wenn die Troika es fordert? Das ist doch das alte Kolonialargument. Ebo, wir haben 2015. Nicht 1830.
ebo
18. Februar 2015 @ 14:12
@Tim
Nein, mein Lieber, schau mal nach Syrien oder Libyen. Wir leben wieder im Mittelalter, Deutschland spielt wieder Hanse, und es gibt natürlich auch wieder Kolonien. Griechenland versucht gerade, sich zu befreien…
Tim
18. Februar 2015 @ 14:31
@ ebo
Weich doch bitte nicht immer aus.
Warum war es der griechischen Regierung Deiner Meinung nach in den letzten ca. 6 Jahren unmöglich, auf eigene Initiative hin ein sauberes Steuersystem zu implementieren?
ebo
18. Februar 2015 @ 14:37
Weil die alten korrupten Eliten am Ruder waren und von Schäuble & co. gepampert wurden. Damit sollte es jetzt vorbeisein, aber Schäuble möchte nichts ändern…
Peter Nemschak
18. Februar 2015 @ 14:43
Warum immer die Troika vorschieben? Griechenland war und ist ein souveräner Staat. Wenn die Bürger sich 40 Jahre ein korruptes System gefallen lassen, müssen sie die Konsequenzen dafür tragen. Im übrigen hatte Griechenland in den letzten 120 Jahren wiederholt Finanzprobleme mit seinen Nachbarn. Das griechische politische System hat eine lange negative Tradition. Warum sollte sich das ändern? Nochmals: Verträge sind einzuhalten oder einvernehmlich zu ändern.
Tim
18. Februar 2015 @ 14:45
@ ebo
Aber das war doch genau das Ausgangsargument von Peter Nemschak: Griechenland hat selbst Schuld am Nichtstun der vergangenen Jahre.
Warum fällt es Dir so schwer, Andersdenkenden zuzustimmen, wenn sie mal Deine Meinung vertreten?
Deine Meinung kann man ganz einfach charakterisieren: Du bist dagegen. Egal wogegen. Zwischendurch franst Deine Argumentation so stark aus, daß man gar nicht weiß, was nun Sache ist. Fraktale Diskussion. Wir haben’s nicht immer einfach mit Dir. 🙂
ebo
18. Februar 2015 @ 15:11
@Tim
Falsch. Ich bin für einen Schuldentilgungsfonds in ganz Euroland, Griechenland eingeschlossen. Und ich bin dafür, den aktuellen „Vertrag“ (das PROGRAMM) zu annulieren, weil er Griechenland zu unlauteren Bedingungen aufoktroyiert wurde (Eurogruppe Dezember, schon Samaras wollte das PROGRAMM nicht haben). Die neue Regierung sollte 100 Tag Zeit und Überbrückungshilfe bekommen, um einen neuen Plan auszuarbeiten. Danach kann man verhandeln – oder Schluss machen.
DerDicke
18. Februar 2015 @ 22:49
Wessen Schulden sollen getilgt werden?
Welche Guthaben müssen hierfür verschwinden?
Wer Schulden tilgen will muss auch sagen, wer auf der Guthabenseite bluten muss. Vermutlich die Deutschen, die in die private Altersvorsorge investiert haben (die staatliche Rente musste ja kaputt reformiert werden damit Maschmeyer seinen Schnitt macht) und deren Anbieter in Staatsanleihen investiert haben…
Ist das die Lösung?
ebo
18. Februar 2015 @ 23:39
@DerDicke
Es geht um die Schulden des öffentlichen Sektors. Wie sie zu tilgen wären, hat der deutsche Sachverständigenrat gezeigt. Das Europaparlament hat den Vorschlag aufgegriffen, auch die EU-Kommission hat erste Überlegungen angestellt – doch die GroKo hat die Debatte abgeblockt.
DerDicke
19. Februar 2015 @ 09:44
Man ebo, Schulden = Guthaben. Die Schulden des „öffentlichen Sektors“ nennt man Staatsanleihen, und Versicherungen haben die Pflicht, einen großen Anteil ihrer Anlagen in diesen „sicheren“ Papieren investiert zu haben.
Die Gutshabenseite dieser Rechnung ist einerseits der Gewinn den die Versicherung macht, andererseits die Forderungen der Kunden in ihre Renten- und Lebensversicherung.
Wenn man die Schulden absolut senken will müssen auch die Guthaben absolut gesenkt werden.
Ohne Exportüberschuss keine Auslandsschulden gegenüber Deutschland. Ohne Auslandsschulden gegenüber Deutschland kein Exportüberschuss. Ohne Guthabenreduktion keine Schuldenreduktion. Ohne Schuldenreduktion keine Guthabenreduktion.
Jeweils 2 Seiten der selben Münze.
ebo
19. Februar 2015 @ 09:53
Hier steht, wie der Fonds funktionieren soll – nach Meinung des Sachverständigenrats. Für die Versicherungen und andere Gläubiger wäre das eine feine Sache – mit einem entscheidenden Unterschied zur nationalen Verschuldung/Tilgung: Sie können die Eurostaaten nicht mehr gegeneinander ausspielen und sich z.B. aus Griechenland völlig zurückziehen.
Peter Nemschak
18. Februar 2015 @ 10:17
Die moderate Fraktion in Brüssel übersieht, dass auch die Solidarität der EU mit Griechenland dem Prinzip der Subsidiarität gehorchen muss. Um die zweifelsohne bestehende soziale Not zu lindern sollte Griechenland, bevor es Erleichterungen der Finanzierungsbedingungen anstrebt, zu aller erst sein Steuereintreibungssystem optimieren, um entsprechende Mittel für die Basisbedürfnisse seiner unteren Schichten zu mobilisieren. Wie kommt der Rest von Europa dazu, die Steuerflucht Griechenlands zu finanzieren? Zuerst muss Griechenland seine wohlhabenden und reichen Bürger belasten bevor sie Solidarität der EU einfordern.
ebo
18. Februar 2015 @ 10:26
Darauf kommen Sie aber sehr früh. Unter deutscher Führung hält die Eurogruppe Griechenland schon seit fünf Jahren über Wasser – trotz oder gerade wegen massiver Steuerflucht. Schäuble und die anderen Hardliner haben sich nicht für eine gerechte Besteuerung eingesetzt, sondern nur für ein ungerechte Sozialkürzung.
Peter Nemschak
18. Februar 2015 @ 11:59
Die Verantwortung zur Eindämmung der Steuerflucht liegt bei der nationalen Regierung. Sonst hätte man Griechenland kommissarisch aus Brüssel oder Berlin regieren müssen, was vielleicht für die griechische Bevölkerung das Beste gewesen wäre. Die EU für alles und jedes in Europa verantwortlich zu machen, geht an der Realität vorbei. Niemand hat die Griechen gezwungen, die diversen Vorgängerregierungen vor Tsipras zu wählen.
ebo
18. Februar 2015 @ 12:06
Lieber Herr Nemschak, wo leben Sie eigentlich? Natürlich WURDE und WIRD Griechenland kommissarisch aus Berlin und Brüssel regiert. Das habe ich in diesem Blog doch schon x-mal aufgezeigt. Neben der Troika gibt es noch die Task-Force der EU-Kommission sowie diverse deutsche Berater und Projekte. Wenn Brüssel oder Berlin etwas nicht passt, wird einfach die Zahlung einer fälligen Hilfskredittranche ausgesetzt. Auch das ist schon x-mal passiert. Nur nicht in Sachen Steuerflucht – denn die „Rettung“ bedeutet immer nur Kürzen, nie Verbreiterung der Einnahmenbasis, siehe auch Irland…
DerDicke
18. Februar 2015 @ 11:49
Wie schon im anderen Beitrag geschrieben:
Im gemeinsamen Euro mit Deutschland wird Griechenland NIE auf eigenen Beinen stehen können, so lange Deutschland mit seinem fetischistischem Exportüberschuss die anderen Euro-Länder in die Zwangsverschuldung treibt.
http://www.flassbeck-economics.de/griechenland-war-auf-gutem-weg-der-bundesfinanzminister-verweigert-sich-der-realitaet-und-griechenland-steht-am-scheideweg/
Sie werden IMMER ein Exportdefizit haben, egal wie viele Steuern sie eintreiben. Und dadurch werden sie IMMER neue Schulden gegenüber den exportierenden Ländern aufbauen. Die Wettbewerbsfähigkeit ist immer relativ, und gegen Deutschland werden sie in 100 Jahren nicht ankommen. Gleich zweimal nicht wenn sie in der finanziellen Repression gehalten werden.
ebo
18. Februar 2015 @ 12:03
@DerDicke
Richtig. Allerdings ist das Leistungsbilanzdefizit in Griechenland vor allem darauf zurückzuführen, dass es keine Rohstoffe hat und keine moderne Energieversorgung. Das könnte man ändern…