Panzerdebatte: Baerbock rudert zurück
Nun hat die Panzerdebatte auch die EU-Außenminister erreicht. Sie machen Druck auf Deutschland – wohl auch in der Hoffnung, Frau Baerbock würde den Weg frei machen. Doch die rudert zurück.
Deutsche Kampfpanzer für die Ukraine – damit haben die Außenminister der Europäischen Union normalerweise nichts zu schaffen. Bei ihrem Treffen am Montag in Brüssel stand das Thema nicht auf der Tagesordnung, nur eine allgemeine Aussprache zum Ukrainekrieg war geplant.
Doch als die Chefdiplomaten der 27 EU-Länder im Brüsseler Ratsgebäude eintrafen, war der deutsche Leopard-2 in aller Munde. Der brisante Panzerstreit, der bisher vor allem zwischen Warschau, Berlin und Washington tobte, war über Nacht nach Brüssel übergeschwappt.
Außenministerin Annalena Baerbock fand sich im europäischen Rampenlicht wieder. Denn sie hatte sich schon am Sonntag in Paris weit aus dem Fenster gehängt. “Wir würden Leopard-Lieferungen anderer Länder nicht blockieren”, sagte sie im französischen Fernsehen.
Das klang nach Rückendeckung für Polen, das seit Tagen auf grünes Licht aus Deutschland wartet. Doch kaum in Brüssel angekommen, ruderte Baerbock wieder zurück. Der entscheidenden Frage, ob Berlin tatsächlich eine Exportgenehmigung erteilen würde, wich sie aus.
Die Grünen-Politikerin begründete lediglich noch einmal, warum aus ihrer Sicht eine schnelle Entscheidung nötig ist. Die Ukraine müsse den Krieg gewinnen und brauche dafür jede erdenkliche Hilfe. „Denn wenn sie diesen Krieg verliert, dann gibt es keine Ukraine mehr“.
Was „gewinnen“ heißt, sagte Baerbock nicht
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Was „gewinnen“ heißt, sagte Baerbock nicht. Und ob für den Sieg deutsche „Leos“ gebraucht werden, ließ sie auch offen. Ob es daran liegt, dass sie von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zurückgepfiffen wurde? Die letzte Entscheidung liegt bei Scholz, und der zögert weiter.
Dabei wächst der Druck. Man dürfe sich nicht von Angst leiten lassen, sagte Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis mit einem Seitenhieb auf Scholz. Auch der estnische Außenminister Urmas Reinsalu kritisierte den Kanzler. Dass Berlin die Regierung in Kiew im Ungewissen lasse, verglich er mit dem biblischen „Fegefeuer“.
Auf dem Kanzler laste „eine große Verantwortung, wirklich einen Schritt zu tun“, sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Die Europäer müssten vor der nächsten russischen Offensive sicherstellen, „dass dann auch das Material zur Verfügung steht, damit die Ukraine sich wehren kann“. 300 Panzer würden mindestens gebraucht.
Auch Spanien und Dänemark haben Vorbehalte
Doch so viele Leoparden kann Deutschland allein nicht liefern. Zwar verfügen auch noch andere Länder wie Spanien oder Dänemark über den begehrten deutschen Kampfpanzer. Gegen die Lieferung gibt es aber auch dort Vorbehalte. Eine europäische Panzerallianz, wie sie das Europaparlament fordert, bleibt ein frommer Wunsch.
Bisher liege nicht einmal ein Antrag auf eine Exportgenehmigung aus Polen vor, sagte der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin. Wenn der Antrag – wie von Warschau angekündigt – gestellt werde, „gibt es ein eingespieltes Verfahren“. Dabei werde „mit der nötigen Zügigkeit, aber auch mit der nötigen Gründlichkeit“ vorgegangen.
Deutschland und die Nato dürften nicht Kriegspartei werden. Das habe „schweres Gewicht“, betonte Hebestreit. Und natürlich gebe es auch „Grenzen der Unterstützung“. Wo die genau liegen, würde man nun doch gern mal wissen…
Siehe auch Baerbock setzt auf Panzer-Diplomatie. Mehr zur Panzerdebatte hier
P.S. Auch wenn es Agenturen und Leitmedien anders darstellen: Es kann keine Rede davon sein, dass „die EU“ oder eine „breite Mehrheit“ für deutsche Panzerlieferungen sei. Selbst Polen zögert, einige Balten spielen mit gezinkten Karten. Der Rest versteckt sich hinter Deutschland – wie so oft, wenn es ernst wird…
KK
25. Januar 2023 @ 16:36
Seit heute wissen wir wohl, dass Baerbock sich schlicht verplappert hatte – und das „Zurückrudern“ nur den Schein wahrende Schadensbegrenzung…
ebo
25. Januar 2023 @ 17:06
Naja. Sie hat den Polen gesagt, dass sie einen Antrag stellen sollen, und nicht nur meckern. Das haben sie dann getan – mit dem bekannten Ergebnis.
KK
24. Januar 2023 @ 12:32
@ Annette Hauschild:
Zudem es in EUropa ja wegen der Sanktionen an den nötigen Ressourcen – Rohstoffen und Energie – fehlt, um in grosser Stückzahl und zu konkurrenzfähigen Preisen neue Panzer zu bauen, nicht wahr?
Annette Hauschild
24. Januar 2023 @ 11:07
@KK: das Kalkül der USA dürfte auch sein, wenn EU ihre Panzer in die UA schickt, dann brauchen sie neue. Und dann kommt nicht Kraus-Maffei-Wegmann ins Spiel sondern die US-Firmen. Denn Panzer baut man nicht so schnell, und die europäischen Hersteller haben in den letzten Jahren ihre Produktionskapazitäten zurückgefahren.
Annette Hauschild
24. Januar 2023 @ 11:03
Als ich die Meldung über Baerbocks Spruch zuerst las, dachte ich; wer hat hier die Richtlinienkompetenz? Setzt sie damit den Kanzler weiter unter Druck oder tun das die Medien? Mittlerweile ist mir klar, dass die Medien einfach nur verkürzt und zugespitzt haben müssen. Nachfrage gestern beim Bundespresseamt ergab, dass Anfragen nach den normalen Abläufen beantwortet werden sollen. Aber es lägen noch gar keine Anfragen vor.
Zwischen den Zeilen heißt das wohl, wir werden keine politischen Bedenken zum Bremsen benutzen. Man hofft wohl auch, dass Polen sich das noch mal überlegt…
WBD
24. Januar 2023 @ 10:39
Mir ist das ‚P.S.‘ unter diesem Artikel aufgefallen. Ja, zu meiner Überraschung hatte gestern Abend (23.1.) die 20-Uhr-Tagesschau plötzlich von ihrem ständigen verbreiten des Narrativs, daß alle Welt Deutschland zur Panzerlieferung auffordere, nachgelassen, und ganz plötzlich auch von Bedenken Anderer gesprochen, ganz so, als ob es tatsächlich auch andere zugelassene Meinungen gäbe… und heute früh, die 8 Uhr Nachrichten des Deutschlandfunks: plötzlich gab es wichtige Politiker mit Verständnis für ein Zögern, wo doch vorher nur die Rede von unverständlichem Zögern war…
Es ist, als ob der Dirigent des Medienorchesters auf dem Notenpult ein anderes Blatt gefunden hätte 😉
Meiner Meinung nach sollte auch etwas mehr nach ‚Atlantik-Brücke‘ geschaut werden, dort vermute ich die Chefdirigenten unserer Medienwelt. Gerne erinnere ich an eine Sendung der ‚Anstalt‘, die das vor einigen Jahren sehr präzise thematisierte. Danach klagte die ‚Zeit‘ gegen die ‚Anstalt‘ – und verlor !
KK
24. Januar 2023 @ 10:25
@ Kleopatra:
„Dass Polen noch keinen formellen Aneag gestellt hat, will nichts heißen. So einen Antrag stellt man erst, wenn informell schon die Zusage feststeht.“
Dafür nimmt Warschau den Mund aber ganz schön voll.
Und Sie helfen beim Kauen…
KK
24. Januar 2023 @ 10:21
„Doch als die Chefdiplomaten der 27 EU-Länder im Brüsseler Ratsgebäude eintrafen, war der deutsche Leopard-2 in aller Munde.“
Mögen die sich die Zähne daran ausbeissen; wenn EUropa mit vereinten Kräften 300 Leos lieferten, bliebe kaum genug übrig für die eigene Landesverteidigung. Habe Zahlen gesehen, wonach GR und die TR jeweils rund 500 hätten, aber beide Länder keinen einzigen abgeben wollen – dann kommen wohl Deutschland, Spanien und Finnland mit jeweils rund 200 (natürlich immer nur zu einem Teil einsatzbereit), die anderen Länder hätten jeweils nur eine Handvoll, wenn überhaupt.
Und welche Forderungen kämen dann aus Kiew, Washington, Warschau und den baltischen Ländern, nachdem die LEOs auch nur zugesagt würden? Kampfflugzeuge, Schiffe, atomare Teilhabe gar?
Langsam nimmt es wirklich die Dramaturgie eines Monty-Python-Films an…
Kleopatra
24. Januar 2023 @ 08:26
Dass Polen noch keinen formellen Aneag gestellt hat, will nichts heißen. So einen Antrag stellt man erst, wenn informell schon die Zusage feststeht.
european
24. Januar 2023 @ 07:54
„Denn wenn sie diesen Krieg verliert, dann gibt es keine Ukraine mehr“.
Es gibt sie sicherlich nicht mehr in der Form wie vor dem Krieg. Aber das hätte man sich überlegen müssen, bevor man die Ukraine seitens des Westens hochgerüstet hat. Es war völlig klar, dass Russland diesem Treiben nicht tatenlos zusehen kann, zumal Putin jahrelang auf dieses Konfliktfeld hingewiesen und Russland’s Sicherheitsinteressen klar benannt hat.
Die Ukraine wird diesen Krieg nicht gewinnen. Seitens des Westens kann man nur noch auf Schadensbegrenzung gehen, was nichts anderes bedeutet, als schleunigst mit ernstzunehmenden Friedensverhandlungen zu beginnen. Aber dafür sind die grünen Kriegstreiber absolut ungeeignet.