Orbans schräger Deal, Habecks faule Ausreden – und der neue Klimazoll

Die Watchlist Europa vom 14. Dezember 2022 – Heute mit der “historischen” Kürzung von EU-Mitteln für Ungarn, einem schrägen Deal mit Viktor Orban, den Ausreden von Wirtschaftsminister Habeck zum Gaspreisdeckel – und CBAM, dem neuen Klimazoll.

Die EU macht ernst: Nach monatelangem Zögern werden Ungarn im Streit um den Rechtsstaat und die Korruption milliardenschwere EU-Hilfen entzogen. Allerdings geht es nur noch um 6,3 Milliarden Euro – und nicht um 7,5 Milliarden, wie die EU-Kommission empfohlen hatte. Europa-Staatsministerin Anna Lührmann sprach dennoch von einem “historischen Signal”. Es zeige, dass “Werte wie Rechtsstaatlichkeit nicht verhandelbar sind“.

Ein Teil des Deals ist, dass Ungarn auch Milliardenhilfen aus dem Corona-Aufbaufonds erhalten soll. Die Zahlungen von bis zu 5,8 Milliarden Euro sollen allerdings erst dann erfolgen, wenn 27 „Meilensteine“ erfüllt sind.

Diese betreffen zum Beispiel die Wirksamkeit der neu eingerichteten “Integritätsbehörde” zur Überprüfung mutmaßlicher Korruptionsfälle. Ungarn hat mit der Umsetzung dieser Bedingungen begonnen, 2023 soll alles fertig sein.

Budapest gibt sich zufrieden

___STEADY_PAYWALL___

Dies ist wohl auch der Grund dafür, dass sich die Regierung in Budapest zufrieden zeigt. “Wir haben unsere Ziele erreicht”, erklärte der ungarische Chefunterhändler Tibor Navracsics. Bis Jahresende werde man sich über die EU-Fonds einigen, so Navracsics. Im April oder Mai nächsten Jahres würde die Blockade der Mittel beendet sein. “Ungarn wird die EU-Mittel abrufen können”, fügte der Minister hinzu.

Nach Angaben von EU-Diplomaten geht der schräge Deal aber noch weiter. Ungarn habe im Gegenzug zugesagt, sein Veto gegen neue EU-Finanzhilfen für die Ukraine und gegen eine weltweite Mindeststeuer für Unternehmen aufzugeben. „Wir haben eine Paketlösung“, hieß es in Brüssel.

Damit könne man auch auf den „Plan B“ für die Ukraine verzichten. Er sah vor, 18 Milliarden Euro an Hilfskrediten durch Garantien aus 26 EU-Ländern (ohne Ungarn) abzusichern – und nicht aus dem EU-Haushalt. Nun sei die Kuh vom Eis, Ungarn habe sein Veto zurückgezogen.

Rechtzeitig vor dem Gipfel

Eine offizielle Bestätigung steht jedoch noch aus; das „Ungarn-Paket“ muß noch im schriftlichen Verfahren von allen 27 EU-Staaten bestätigt werden. Dies soll am Mittwoch geschehen – gerade noch rechtzeitig vor dem EU-Gipfel, der am Donnerstag beginnt.

Damit wäre auch die Gefahr gebannt, dass Orban das Spitzentreffen mit Erpressungs-Versuchen stört. Nun sieht es dagegen so aus, als könnten die Staats- und Regierungschefs ihren neuen Rechtsstaats-Mechanismus feiern – in Ungarn scheint er zum ersten Mal Wirkung zu zeigen.

Allerdings gehen die Kürzungen zulasten der ungarischen Bürger. Orban dürfte davon kaum etwas spüren. Und ob das EU-Budget besser geschützt und der Rechtsstaat verteidigt ist, muß sich erst noch zeigen…

Watchlist

Scheitert der Gaspreisdeckel – und damit die gemeinsame Antwort der EU auf die Energiekrise? Bei einem Sondertreffen konnten sich die Energieminister am Dienstag wieder nicht einigen. Schuld daran ist Deutschland, das immer neue Bedenken vorbringt. Wirtschaftsminister Habeck argumentierte nun auch noch mit der Finanzmarktstabilität. Der geplante Gaspreisdeckel sei heikel: “Wir greifen ja in einen Markt ein, der die Versorgung garantieren soll.” Extrem hohe Preise gefährden aber auch die Banken, die dafür gerade stehen sollen…

Was fehlt

Der neue europäische Klimazoll. In der Nacht zum Dienstag kamen das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten bei Verhandlungen in Brüssel überein, schrittweise eine CO2-Abgabe auf bestimmte Importe wie Zement und Stahl aus Drittländern zu erheben. Der sog. Grenzausgleichsmechanismus CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) zielt darauf ab, zu verhindern, dass für europäische Unternehmen Wettbewerbsnachteile durch Klimaschutzvorgaben entstehen. Drittländer warnen vor Protektionismus…