Schwere Krise im Kosovo – droht ein Krieg? Die EU lockt…
Die EU mußte schon mehrfach Feuerwehr spielen und zwischen Serbien und Kosovo vermitteln, um die Spannungen zu befrieden. Doch nun eskaliert die Krise – droht ein Krieg?
Davor warnt der Leiter der Bundeswehr-Einsatzkräfte vor Ort. Er sehe eine “andauernde Gefahr”, dass sich die Lage vor Ort “in kürzester Zeit” verschlechtere.
Die Unzufriedenheit vieler Menschen im Norden des Kosovos bilde eine “ständige Basis für mögliche Eskalationen und Gewaltpotenzial”, sagte der deutsche KFOR-Einsatzkontingentführer Egon Frank der “Welt”.
Frankreich zeigte sich “sehr besorgt”. “Frankreich verurteilt den inakzeptablen Angriff auf die EU-Mission Eulex und sämtliche Gewaltakte in der Region”, heißt es in einer Erklärung des Außenministeriums in Paris.
Man unterstütze die europäische Vermittlung, “die Serbien und Kosovo zu einem umfassenden und rechtlich verbindlichen Abkommen und in Richtung einer europäischen Perspektive voranbringen soll”.
Da machen sich die Franzosen wohl Illusionen. Die Kosovo-Serben haben die gewaltsame Abtrennung von Serbien nie akzeptiert. Sie wollen sich auch nicht mit der Verwaltung arrangieren, die serbische Nummernschilder abschaffen will und Neuwahlen angesetzt hat.
Die EU hatte geglaubt, das Problem durch einen Beitritt beider Staaten lösen zu können. Doch mehrere EU-Staaten, darunter Spanien und Zypern, erkennen Kosovo ebenfalls nicht an. Dennoch verfolgt die EU ihre Politik unbeirrt weiter.
“Die EU-Erweiterung ist der wirksamste Prozess, um ein stabiles und sicheres Europa zu gewährleisten”, sagte der tschechische Minister Jan Lipavsky. Beim EU-Gipfel am Donnerstag soll Bosnien-Herzegowina den Kandidaten-Status erhalten.
Dabei funktioniert auch dieses Gebilde nicht, das – ebenso wie Kosovo – aus den Balkankriegen hervorgegangen ist…
Mehr zum Kosovo hier
P.S. Trotz der wachsenden Spannungen – oder gerade deswegen? – drängt das Kosovo in die EU. Am 14.12. wurde eine formeller Mitgliedsantrag gestellt. Am selben Tag fiel in Brüssel ein Grundsatzbeschluß, den Bürgern des Kosovo Visa-Freiheit zu gewähren. Dabei gilt das Land als hoch korrupt, mehrere EU-Staaten haben Kosovo nicht einmal anerkannt…
Thomas Damrau
13. Dezember 2022 @ 20:53
Der Westen hatte schon immer ein seltsames Verhältnis zum Thema Sezession: Im Prinzip erst mal Nein. Dahinter steckte die Vorstellung, dass die Grenzen des Jahres 1945 für die Ewigkeit bestimmt waren. Dann kam die De-Kolonialisierung, in der neue Staaten mit teilweise willkürlichen gezogenen Grenzen entstanden.
Aber zumindest danach sollten Grenzen klar definiert sein – was nicht immer zutraf und zutrifft: Biafra, Nord- und Süd-Vietnam, Nord- und Süd-Jemen, Süd-Sudan, West-Sahara, Palästina, Tawain, …
Eine Welle von Problem-Fällen erzeugte der Zusammenbruch des Ostblocks.
Zunächst Jugoslawien (auch wenn das Land nicht zum Warschauer Pakt gehörte): Die Selbstzerlegung (und Selbstzerfleischung) dieses multi-ethnischen Staates wurde vom Westen – insbedondere vom deutschen Außenminister Genscher – durchaus wohlwollend betrachtet. (Auch wenn im Nachhinein so mancher Staatsmann Bedenken gehabt haben möchte.) Aber gerade in Jugoslawien zeigten sich die Probleme der Selbst-Filetierung: serbische Enklaven in Kroatien und Bosnien & Herzegowina taugten als Anlass für Krieg und Massaker.
Dann die albanische Minderheit in Serbien, deren Abspaltung als Kosovo wiederum eine serbische Minderheit im Kosovo erzeugte. Standpunkt der EU: Albanische Minderheitsrechte mit Waffengewalt durchsetzen – die nachfolgende Übergriffe gegen Serben und Roma waren dann nicht mehr so interessant.
Schnitt. Währendessen gab es auch immer wieder Sezessionsbewegungen im Westen Europas: Basken, Katalanen, Schotten und Nordiren. Die letzteren ein ungelöstes Problem der britischen De-Kolonialisierung.
Der Standpunkt der EU zu diesen Abspaltungsversuchen war immer ein klares Nein – bis zum BREXIT: danach scheinen eine Wiedervereinigung Irlands und ein “Welcome Scotland to the EU” nicht mehr so ganz abwegig.
Schnitt: Irak. Das Produkt einer überhasteten De-Kolonialisierung. Nach dem ersten Weltkrieg wurden die Trümmer das osmanischen Reichs, die Atatürk nicht für die entstehende Türkei sichern konnte, unter Briten und Franzosen aufgeteilt. Beide Kolonialmächte haben sich bei ihrem Rückzug wenig Gedanken gemacht, wie ihre Kolonien in stabile Staaten überführt werden könnten. Mit dem Sturz Sadam Husseins wurde der Irak zum Nicht-Staat, was den Westen nicht weiter stört, solange der IS es nicht zu toll treibt.
Schnitt: Der Zerfall der Sowjet-Union. Im Westen einhellig begrüßt: Alles, was Moskau schadet ist gut. Übersehen wurde, dass die neuen Grenzen der Teil-Staaten keine ethnischen Grenzen, sondern sowjetische Verwaltungsgrenzen waren. Was Fragen aufwarf – prominent: Armenier in Aserbaidschan, Grenzziehung zwischen Georgien und Russland, Russen in der Ukraine.
Schnitt: Diese Art von Problemen entsteht immer, wenn eine Bevölkerung, die Jahrzehnte unter einem staatlichen Dach zusammen gelebt hat, sich in einzelne Staaten aufteilen soll – selbst wenn das Zusammenleben erzwungen war. Eine Abspaltung Kataloniens, Schottlands oder Nord-Irlands würde ähnliche Probleme erzeugen. Deshalb kann ich die selektive Begeisterung der EU für den Zerfall von Staaten nicht verstehen.
Die EU pflegt das Idealbild einer Staatengemeinschaft, in der ethnische Konflikte keine Rolle spielen, weil ethnische Minderheiten im Zweifel in einer EU-Identität aufgehen können: Also auf der einen Seite eine immer größer werdende EU – während die Beitragskandidaten gerne in möglichst kleinen (und machtlosen) Portionen anklopfen sollen – Stichwort: Westbalkan.
Robby
13. Dezember 2022 @ 20:52
@ebo
Die Frage ist wer provoziert.
Und dass die EU den Schalter dort nur umlegen braucht ist auch kein großes Geheimnis.
Von Anfang an.
Die transatlantischen “Freunde” natürlich nicht zu vergessen.
Robby
13. Dezember 2022 @ 20:08
Das Ziel ist klar erkennbar, eine zweite Front gegen Russland zu eröffnen.
Und mitnichten ist die EU der Friedensengel und Schlichter.
Im Gegenteil.
Hat in allen Konflikten die derzeit hochkochen, oder am köcheln gehalten werden, entscheidend mitgewirkt.
Erinnere nur an den Ukraine Krieg, wo sie lange vor BoJo die ersten Verhandlungen mit einem 500 Mio.€ Waffenkredit abgewürgt haben.
ebo
13. Dezember 2022 @ 20:19
In diesem Fall ist es allerdings Serbien, das mit Militärgewalt droht – und das steht Russland nahe…
KK
13. Dezember 2022 @ 17:50
Da das Kosovo ja als Blaupause für den derzeitigen Konflikt um den Donbas betrachtet werden kann, können wir erahnen, wie lange dieser auch nach einem Waffenstillstand oder gar Friendensschluß noch schwelen und weiter vor sich hinkokeln wird.
Dieses Europa wird so – mit Nationalstaaten und deren Ansprüchen, gegebenenfalls nationale Minderheiten zu unterdrücken und auf Befindlichkeiten anderer keine Rücksichten zu nehmen – niemals friedlich werden!