Orban wirft der EU “Kriegspolitik” vor – kein Mandat für Frieden?
Ungarns umstrittener Regierungschef Orban wirft der EU vor, eine “Kriegspolitik” zu betreiben, aber nichts für den Frieden zu tun. Kostet ihn das die Ratspräsidentschaft?
Nach seinen Blitzbesuchen in Kiew, Moskau und Peking hat Orban seine Position in der “Bild”-Zeitung, aber auch in einem Brief an die Staats- und Regierungschefs erläutert.
Der Konflikt um die Ukraine lasse sich nicht “an der Front” lösen, sagt er. Deshalb sei eine Friedenspolitik nötig. Die EU habe jedoch keinen eigenen Plan für einen Frieden, sondern betreibe eine “Kriegspolitik”.
Dies ist ein harter Vorwurf. Er deckt sich jedoch mit meinen Eindrücken aus Brüssel. Seit 20 Jahren berichte ich über die EU-Politik. Noch nie waren die Worte “Frieden” und “Diplomatie” so verpönt wie heute.
Wer sie ausspricht, muß mit Exkommunikation rechnen. Dies gilt auch für Orban. Am Mittwoch wollen die EU-Botschafter über mögliche Sanktionen sprechen – weil er es gewagt hat, ohne Mandat über Frieden zu sprechen!
Das Problem ist allerdings nicht seine improvisierte Pendeldiplomatie und sein Friedenswunsch – sondern das fehlende Mandat! Warum beauftragt die EU ihre Diplomaten nicht damit, einen eigenen Friedensplan auszuarbeiten?
Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt – kurz vor dem Ende der Amtszeit des altersschwachen (und zunehmend unberechenbaren) US-Präsidenten Biden, und gerade noch rechtzeitig vor dem befürchteten Amtsantritt von Trump.
Wenn der Krieg weitergeht, dann dürfte er bis zur US-Wahl eskalieren. “Es wird noch viel schlimmer werden”, ahnt Orban. Wenn Trump aber erst einmal an der Macht ist, wird die EU nur noch eine Getriebene sein.
Das Timing ist gut – allein, es fehlt der politische Wille…
Mehr zum Krieg um die Ukraine hier
P.S. Unterdessen hat die ukrainische “Friedensformel”, die auch die EU unterstützt, einen weiteren Rückschlag erlitten. Indiens Präsident Modi hat Kremlchef Putin in Moskau besucht. Beim “Friedensgipfel” in der Schweiz hatten die meisten Länder des globalen Südens sich geweigert, die Abschlusserklärung zu unterschreiben. Die Ukraine und die EU haben nicht nur den Frieden verloren, sondern auch den Süden…
Michael Conrad
10. Juli 2024 @ 13:13
Wer eine Frau Kallas zur Repräsentantin der EU Außenpolitik ernennen will, signalisiert schon durch diese Personalentscheidung, dass die Reise in Richtung Krieg und Dauerkonflikt mit Russland gehen soll.
Die EU Milliarden werden weiter im Fass ohne Boden namens Ukraine versenkt und fehlen dann für die wirklich wichtigen Aufgaben. Die EU will sich als bedeutender globaler Akteur inszenieren, um ihren realen wirtschaftlichen Abstieg zu kaschieren. Da sich diese Politik gegen die wirklichen Interessen der europäischen Völker richtet, kann sie nur mit undemokratischen Mitteln durchgesetzt werden. Auch aus diesem Grund wird der souveräne demokratische Nationalstaat, der sich an seinen eigenen Interessen orientiert, wieder sehr viel attraktiver werden.
Andreas Mathys
10. Juli 2024 @ 11:04
Schön, dass die verkommene EU wenigstens noch einen Orban hat!
exKK
10. Juli 2024 @ 11:47
Eigentlich erschreckend, dass jemand wie Orban mal als positives Beispiel herhalten muss…
Stef
10. Juli 2024 @ 10:58
“Wenn der Krieg weitergeht, dann dürfte er bis zur US-Wahl eskalieren. “Es wird noch viel schlimmer werden”, ahnt Orban. Wenn Trump aber erst einmal an der Macht ist, wird die EU nur noch eine Getriebene sein.”
Interessante Beobachtung! Das scheint mir ein Kernelement zu sein, wie jetzt schon versucht wird den Ukrainekrieg und die bedingungslose Unterstützung durch Nato “Trump-proof” zu machen. Wenn der Krieg nach der Wahl in der Eskalation ist, kann Trump nicht so einfach den Kurs wechseln.
So gesehen müssen wir uns vermutlich auf folgendes Szenario bis Januar 2025 einstellen: Mehr Angriffe auf russisches Territorium mit entsprechenden zivilen russischen Toten, um die Russen zu Gegenreaktionen zu provozieren. Mehr Schlimme Tragödien wie aktuell die Kindeklinik in Kiew ohne den Willen der Medien und der Politik sauber aufzuklären, was dort passiert ist. Zunehmende Verteufelungen der russischen Führung wegen zunehmder Kriegsverbrechen auf dünner Faktenlage.
“Dies ist ein harter Vorwurf. Er deckt sich jedoch mit meinen Eindrücken aus Brüssel. Seit 20 Jahren berichte ich über die EU-Politik. Noch nie waren die Worte “Frieden” und “Diplomatie” so verpönt wie heute. Wer sie ausspricht, muß mit Exkommunikation rechnen.”
Die Reihen der Kriegsbefürworter werden sich noch fester schließen und der geschilderte Gleichschaltungsdruck wird sich nochmal deutlich verstärken. Langsam sind wir mit dem Ruf nach Frieden wieder da, wo wir schon auf dem Höhepunkt der Corona-Impfkampagne mit dem Wunsch nach Selbstbestimmung und körperlicher Unversehrtheit waren. Man darf alles sagen, muss aber mit den “Konsequenzen” leben. Der “freie Westen” ist ein Ort der Unfreiheit geworden.
exKK
10. Juli 2024 @ 11:56
Interessant in dem Zusammenhang, dass im aktuellen AI-Bericht zur Lage der Demokratie in EUropa viel zu Klima, LGBTQ und Gaza gesagt wurde, aber eigentlich nichts zum Wunsch nach Frieden generell und speziell in EUropa…
Helmut Höft
10. Juli 2024 @ 10:26
„Rede gegen den Menschen“ https://de.wikipedia.org/wiki/Argumentum_ad_hominem
Der Orban ist böse, also ist alles was Orban sagt böse, auch Frieden. *facepalm*
Michael
9. Juli 2024 @ 18:29
Da die EU von den USA abhängig ist und nicht etwa umgekehrt wird sich an der diplomatischen Front innerhalb der EU nichts bewegen. Im Gegenteil, die USA zwingt ganz aktuell die Vasallen zu Frondiensten im pazifischen Raum, gegen China. Es geht auch dort nicht etwa um Taiwan – so wie auch die Ukraine nur ein Bauernopfer ist – sondern die Verteidigung der USA als Hegemonialmacht, auch wenn diese historisch schon verloren ist!
exKK
9. Juli 2024 @ 21:01
Wenn niemand ein Mandat der EU hat, ist es doch eigentlich nur konsequent, wenn sich jemand an der Spitze, und da ist nunmal der jeweils aktuelle Ratspräsident, dieses nimmt.
Und wenn „der EU“ und ihren Hofschranzen das nicht passt, plädiere ich für eine sofortige Rückgabe des Friedensnobelpreises… und das damit verbundene Eingeständnis, dass die EU nun kein Friedens-, sondern ein Kriegsprojekt ist.