Nicht Netflix-tauglich
Seit der Eurokrise ist die EU auf der Suche nach einer neuen „Erzählung“. Sie soll begründen, warum Brüssel trotz Krise gut für die Bürger ist. Doch das Problem liegt ganz woanders, sagt der Autor von „House of Cards“.
Michael Dobbs ist ein vielbeschäftigter Mann. Früher war er mal Stabschef bei M. Thatcher, heute ist er Serienstar bei Netflix.
Nun war der Autor von „House of Cards“ zu Besuch in Brüssel, wo er am „International Communication Summit“ ICS teilnahm.
Die Veranstalter wollten wissen, wie die europäische Krise gelöst werden könnte. Mit mehr politischer Kommunikation, also PR aus Brüssel?
Reicht es aus, die EU besser zu erklären? Oder braucht sie eine neue „Erzählung“, nachdem die alter Friedensleier nicht mehr zieht?
Dobbs hält von beidem nicht viel. Er brachte zwei Beispiele: Schottland und die Ukraine.
Das Referendum in Schottland habe gezeigt, dass die Menschen das Gefühl haben, ihre Regierung sei zu weit weg gerückt – nach London und Brüssel.
Die Krise in der Ukraine ist für Dobbs ein Beispiel für Denkverbote: „Will Ukraine strengthen or simply stretch Europe? The question must be asked“.
Im Kern gehe es um eine Identitäts-Krise. Europa habe seine Seele verloren, und das könne man nicht durch Institutionen wie die EU heilen.
„Identity isn’t defined by institutions, but by culture“, so der Bestseller-Autor. „Europa is brought together by our diversity“, fügte er hinzu.
Wohl wahr. Vereint in Vielfalt – nicht durch Zentralismus à la London, Brüssel oder Berlin (wer fühlt sich in Bonn oder München schon von Berlin vertreten?).
Und wann wird es eine EU-Identität geben? Dobbs Antwort: Vielleicht dann, wenn wir schlüpfrige Fernseh-Serien über die Politik in Brüssel drehen.
Tja, das kann noch dauern. Juncker und sein Team sind keine Garanten für eine hohe Einschaltquote, im Gegenteil…
Siehe auch “Ein neues Narrativ?”
Tim
26. September 2014 @ 16:02
@ Peter Nemschak
Diese Glühbirnenfarce spart keinen Strom und war keine Umweltschutzmaßnahme, sondern lupenreine Industrieförderung. Die Zusammenhänge und Gründe sind an anderer Stelle tausendfach diskutiert worden, müssen wir hier nicht unbedingt nachholen.
Johannes
26. September 2014 @ 14:41
Köstlich. Bitte mehr davon.
Peter Nemschak
26. September 2014 @ 09:31
Die EU ist meilenweit von einem europäischen Bundesstaat entfernt, in manchen Dingen allerdings zu zentralistisch. Das lässt sich ändern, ohne sie deshalb auflösen zu müssen. Der Umstand, dass es 28 Mitgliedsstaaten gibt, führt zu einer moderaten Politik der Mitte, fern von den linken und rechtsnationalen politischen Rändern, auch wenn Entscheidungsprozesse dadurch lange in Anspruch nehmen. Die Kritik von Sackstedt ist daher maßlos überzogen. Im Sinne von Energiesparen war die zugegeben unbequeme Glühbirnenregelung notwendig. Der Weg von der traditionellen Glühbirne bis zur gleichwertigen LED-Beleuchtung ist lang und teuer. Ohne die Glühbirnenregelung hätte die Industrie das Entwicklungsrisiko wahrscheinlich nicht übernommen,
Tim
26. September 2014 @ 10:43
@ Peter Nemschak
Na sowas, das ist ja 1:1 die damalige Argumentation von Osram. 🙂
War ja eine Riesenüberraschung für alle damals, als sich dieses freundliche Unternehmen so überzeugend für den Umweltschutz auf europäischer Ebene einsetzte.
Peter Nemschak
26. September 2014 @ 11:01
Hätten Sie an Osrams Stelle investiert? Ich nicht. Letztlich zahlt immer der Konsument, d.h. der Letzte in der Kette die Rechnung für den Umweltschutz. Jeder befürwortet ihn, keiner will dafür freiwillig zahlen, Sie etwa?
Ben Klock
25. September 2014 @ 12:59
House of Cards ist sehr sehenswert. habe beide Staffeln gegeuckt und kann die Serie empfehlen.
Ulrich Sackstedt
25. September 2014 @ 11:51
Europa ist zunächst mal nichts anderes als ein Erdteil. Der Ansatz, diesen Erdteil politisch zu einem Puzzlebild zusammenzuschließen, kann nur aus dem Interesse derjenigen Kreise erklärt werden, die sich davon Vorteile versprechen. Da die Völker Europas zu diesen Fragen garnicht angehört wurden, liegt es auf der Hand, daß sich hier eine verselbständigte politische Clique aufgemacht hat, ein neues feudales Königreich zu errichten. Freilich nicht unter diesem Namen, aber natürlich mit den dazu passenden Attributen wie zentrale Gewalt und Überwachung, zentrale Gesetzgebung, zentrale Exekutive. Dies alles soll, ohne daß es die Bürger merken, heimlich hinter dem Vorhang mit der Aufschrift “Demokratie” geschehen.
Daß es hier aber nicht mehr um Demokratie geht, zeigen die bereits eingeleiteten Entwicklungen der Entnationalisierung der Zentralstaatlichkeit Brüssels deutlich.
Dieses Modell wurde übrigens bereits von den deutschen Nationalsozialisten ausgearbeitet. Es ist nicht neu und entspricht demselben Großmachtstreben, wie es die “Nazis” schon hatten. Daß es nun eiskalt und ohne mit der Wimper zu zucken, freilich unter Verwendung der zeitgeistig angepaßten, politisch nach links ausgerichteten Methode zur Anwendung kommt, das läßt einen denkenden Menschen schon die Stirn runzeln. Es zeigt aber, daß auch hier Sozialistisches und Großnationales (Brüssel) munter miteinander kombiniert wird und die Perfidie damit einen neuen Höhepunkt erreicht hat.
Es wird damit ein Staatsgebilde eingerichtet, in welchem der Sozialismus gilt und der von den neuen Feudalherren (Kommissaren im Auftrag des Großkapitals) nach totalitären Prinzipien regiert wird.
Die Glühlampenverbote zeigen nur auf, was auch auf allen anderen Gebieten geplant wird.
ebo
25. September 2014 @ 12:13
Von Sozialismus habe ich in Brüssel noch nichts gemerkt. Es geht immer nur um Marköffnung, Liberalisierung und Privatisierung…
Tim
25. September 2014 @ 12:32
Abgesehen von Landwirtschaft und Bankwesen, bei denen Brüssel ja gern bis ins Detail alles durchregulieren möchte, selbstverständlich alles ausschließlich zum Wohle des Verbrauchers.
Huch, das sind ja ausgerechnet die beiden Branchen, mit denen sich die EU hauptsächlich beschäftigt.
eine Stimme
25. September 2014 @ 14:58
Sozialisiert werden durch die EU die Schulden. Insofern kann ich trotz dem Hinweis auf Marktöffnung, Liberalisierung, Privatisierung den Kommentar von
Herrn Sackstedt verstehen.
Tim
25. September 2014 @ 08:57
Die EU müßte sich aus allem raushalten, was die Staaten besser machen können.
Die Staaten müßten sich aus allem raushalten, was die Regionen besser machen können.
Die Regionen müßten sich allem raushalten, was die Kommunen besser machen können.
War da nicht was? Ach ja, Subsidiarität, der europäische Kernwert. Statt dessen regeln wir europaweit, welche Glühbirnen eingesetzt werden dürfen.
Wer sich da wundert, warum der europäische Geist stirbt, lebt sehr fern der Realität.
ebo
25. September 2014 @ 09:14
Die Glühbirne haben die Deutschen verbockt, unter deutscher EU-Ratspräsdientschaft. Man munkelt, dass es der dicke Siggi war 🙂
Tim
25. September 2014 @ 09:44
Klar, aber ohne EU wäre es sicher etwas schwieriger gewesen, das europaweit durchzudrücken. 🙂
r.u.sirius
25. September 2014 @ 16:59
AMEN!!!!!
absolut korrekt und aufn punkt!
plus ein abgeändertes geldsystem natürlich!