Neues vom Wirtschaftskrieg (87): EU verliert im “Kampf der Narrative”
Der Wirtschaftskrieg gegen Russland zieht immer weitere Kreise. Litauen weitet die Blockade von Kalinigrad aus. Deutschland verteidigt Lieferung von Siemens-Turbine (trotz Sanktionen). Und der Außenbeauftragte Borrell sieht die EU im “globalen Kampf der Narrative” in der Defensive.
- Der Hohe Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsident der EU-Kommission Josep Borrell hat nach dem Außenministertreffen der G20-Staaten auf Bali erklärt, dass der Westen “den globalen Kampf der Narrative” in Bezug auf die Ukraine verliere und weiter daran arbeiten müsse, diese Situation zu ändern. Der EU-Chefdiplomat schrieb in seinem Blog: “Der globale Kampf der Narrative ist in vollem Gange, und im Moment sind wir nicht am Gewinnen. Als EU müssen wir uns weiter engagieren, um die russischen Lügen und die Kriegspropaganda zu widerlegen und deutlich zu machen, wer für die Aggression und ihre Folgen verantwortlich ist.” – Wenn die EU verliert, dann liegt es womöglich an falschen Narrativen und einer schädlichen Politik. Doch das will sich Borrell (noch) nicht eingestehen.
- Angesichts heftiger Kritik aus der Ukraine hat die Bundesregierung die geplante Lieferung einer gewarteten russischen Turbine für die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 verteidigt. Eine Regierungssprecherin sagte am Montag in Berlin, die Lieferung falle nicht unter die EU-Sanktionen, weil diese sich aus gutem Grund nicht gegen den Gastransit richteten. Bei den Sanktionen gegen Moskau sei ein entscheidendes Kriterium, dass diese der EU und Deutschland nicht mehr schaden sollten als Russland. Über die zuletzt wichtigste Route für russisches Erdgas nach Deutschland erfolgten wegen geplanter Wartungsarbeiten seit Montagmorgen keine Lieferungen mehr.
- Litauen hat die Handelsbeschränkungen mit der russischen Exklave Kaliningrad ausgeweitet. Zu den seit Montagmorgen sanktionierten Waren gehörten nun auch Beton, Holz, Alkohol und Industriechemikalien auf Alkoholbasis, sagt ein Sprecher des litauischer Zolls. Man folge den EU-Sanktionen. Wie sich dies auf den Transit zwischen Russland und Kaliningrad auswirken wird, war zunächst nicht klar. Litauen setzte die bisherigen EU-Sanktionen auch auf der Transitverbindung zwischen Russland und Kaliningrad um, was zu heftigen Protesten Russlands führte.
Mehr zum Wirtschaftskrieg hier (Live-Ticker)
Inge Mertes
16. Juli 2022 @ 06:13
Ich habe die Kommentare gerne gelesen, weil ich e n d l i c h einmal h i e r auf Menschen treffe, die sich gut informiert haben und deshalb auch gute wahre Kommentare geschrieben haben. Danke dafür, denn was man ansonsten liest, sind hasserfüllte Kommentare gegen Putin. DA hat also unsere unfähige Presse und Politik „gute „Vorarbeit geleistet.
marianne brull
14. Juli 2022 @ 21:42
Eine Regierungssprecherin sagte: Bei den Sanktionen gegen Moskau sei ein entscheidendes Kriterium, dass diese der EU und Deutschland nicht mehr schaden sollten als Russland…unsäglich!
Alexander
12. Juli 2022 @ 13:39
Wenn sich sogar britische Käseblätter so defätistisch äußern, dann muss die Lage für Banderaland ja längst aussichtslos sein?
“the struggle for a nation suffering more than 20,000 casualties a month”
https://www.dailymail.co.uk/news/article-10998887/Conscripts-given-call-papers-beaches-Ukraine.html
Es gibt übrigens Videos, in denen zu sehen ist, wie die ukrainische Bevölkerung gegen den Abtransport von Weizen protestiert …
Thomas Damrau
12. Juli 2022 @ 11:02
“Krieg der Narrative” suggeriert, man müsse nur die richtige PR-Agentur engagieren, um die Deutungshoheit wiederzuerlangen. Wie soll die Aufrüstung im Krieg der Narrative funktionieren? Die Politiker von NATO und EU versichern sich täglich gegenseitig “Wir sind die Guten”, “Wir stehen für Freiheit und Demokratie”, “Wenn wir verlieren, droht die Herrschaft des Bösen”.
Was soll die fiktive PR-Agenten hier tun? Die Botschaft noch selbstgerechter formulieren?
Die augenblickliche Selbstbeweihräucherung blendet die letzten Jahrzehnte Geschichte aus: NATO, EU und insbesondere die USA haben knallharte Interessenpolitik auf dem Rücken des Restes der Menschheit exerziert. (Die Klimakrise ist hier ein sehr schönes Beispiel.) “America first” gilt nicht erst seit Donald Trump – Trump hat das nur ehrlich zugegeben. Spätestens seit Bush Jr. sind die USA bestrebt, wieder die alleinige Führungsmacht zu werden. Daran hat auch der Friedensnobelpreisträger Obama nichts geändert. Immer noch bestimmen Neo-Cons ( https://de.wikipedia.org/wiki/Neokonservatismus ), wie Victoria Nuland, die Richtung der amerikanischen Außenpolitik – egal, ob der Präsident von Republikanern oder Demokraten gestellt wird. Ziel: militärische Überlegenheit und militärische Präsens in möglichst vielen Ländern der Welt.
Ironischerweise wurde dieses Ziel gerade von “America-First”-Trump durch seine isolationistische Politik etwas aus den Augen verloren. Gott-Sei-Dank hat Biden diesen Zug wieder auf’s richtige Gleis gesetzt.
Die deutsche Bevölkerung mag sich im Augenblick aus Angst “vor dem Russen” um die parteiübergreifende Stahlhelmfraktion scharen. Für den Rest der Welt sieht die Welt doch etwas anders aus:
– Warum sollte China den Westen unterstützen – wohlwissend das es “next on list” ist?
– Warum sollte Indien Ärger mit Russland riskieren – wenn der Westen seinen “Erzfeind” Pakistan hofiert?
– Warum sollten die afrikanischen Staaten den Versprechungen des Westens mehr trauen als den Versprechungen Chinas? Es ist wirklich besser unter der Knute des IWF zu stehen als bei den Chinesen in der Kreide zu stehen?
– Warum sollten die lateinamerikanischen Staaten vergessen, dass sie immer noch als Hinterhof der USA gelten?
– usw.
Es wäre an der Zeit für eine realistische Betrachtung der eigenen strategischen Lage.
Ales
13. Juli 2022 @ 08:20
Ich wünschte, alle Online-Kommentare wären auf diesem hohen Niveau. Es würde eine Welt reflektieren, mit der ich mich anfreunden könnte.
oskarwagenrecht
12. Juli 2022 @ 10:44
Als ich und andere Im Telepolisforum im März/ April/ Mai auf die Gefahren der europäischen Sanktionspolitik für Deutschland und Europa hinwies, wurde ich und andere wegen FakeNews und russischer Propaganda zensiert und später ausgesperrt. Das damalige Narrativ der MSM war die alleinige Wahrheit. Heute stellt sich diese damalige Wahrheit als FakeNews und westliche Propaganda herraus. Wie nennt das heute Wolfgang Bittner auf den NachDenkSeiten: “Keiner soll hungern, ohne zu frieren!”
Am 6. Juli 2022 wiederholte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck auf der Münchner Handwerksmesse das, was er schon mehrmals gesagt hat: „Es kommen noch enorme Preiserhöhungen auf uns zu.“ Der Herbst werde teuer, und auf etwa 50 Prozent der Bevölkerung komme eine Situation zu, „in der sie weniger verdienen als sie ausgeben“. Für die deutsche Wirtschaft bedeute der steile Anstieg der Energiepreise das dreifache Risiko von Kaufkraftverlust, drohender Kreditklemme und Investitionsschwäche. In den Unternehmen gebe es eine wachsende Investitionszurückhaltung, und bei den Banken eine wachsende Zurückhaltung, Kredite zu vergeben.
Jeder der lesen kann, kann also auch wissen. Das galt auch schon im März/ April diesen Jahres.
european
12. Juli 2022 @ 14:37
Sie haben voellig Recht. Das war alles absehbar.
Die Medien kann man getrost vergessen, einschliesslich Telepolis.
Den Effekt haben Sie sehr treffend beschrieben. Insbesondere in Deutschland, dem Nettosparerland, wird die Sparquote jetzt wieder steigen, wie auch waehrend Covid. Die Investitionen werden weiter zurueckgehen, aber auch das Ausland wird sich bedeckt halten. WER investiert noch?
Die haben soviel Sand gleichzeitig ins Getriebe geworfen, dass nun nichts mehr geht.
Die Banken muessen ja Kredite vergeben, sonst gehen sie pleite. Wenn Otto Normal keine Kredite mehr bekommt, steigt die Zahl der Interbankenkredite, die man gern fuer Spekulationsgeschaefte benutzt. Noch hat die EZB mWn die Strafgebuehr fuer Refinanzierungen nicht zurueckgenommen.
Man wird sehen 😉