Neues vom Wirtschaftskrieg (105): Milliardenhilfen für den “Kriegswinter”
Der Wirtschaftskrieg gegen Russland zieht immer weitere Kreise. Deutschland und Schweden stellen sich auf einen harten “Kriegswinter” ein. In Tschechien demonstrieren Zehntausende gegen steigende Energiepreise. Derweil kaufen die EUropäer den Gasmarkt leer – zulasten von Ländern wie Pakistan.
- Deutschland und Schweden stellen Milliarden für den “Kriegswinter” bereit. Nach der Unterbrechung der russischen Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 will Schweden mit Milliarden-Garantien für Energieunternehmen in nordischen und baltischen Ländern eine Finanzkrise verhindern. Die schwedische Regierungschefin Magdalena Andersson sprach am Samstag bei einer Pressekonferenz von der Gefahr eines „Kriegswinters“. Die Finanzgarantien in Milliardenhöhe gäben den Energieunternehmen, die als Folge des Ukraine-Kriegs in Bedrängnis geraten, „die Atempause, die sie brauchen“. – Die Lage in Schweden scheint noch ernster als die in Deutschland. Allerdings: Uniper ist auch noch nicht gerettet…
- In der tschechischen Hauptstadt Prag demonstrieren zehntausende Menschen gegen steigende Energiepreise sowie gegen die Europäische Union und die Nato. Die Polizei schätzt die Zahl der Teilnehmer auf rund 70.000. Zu der Kundgebung aufgerufen haben rechtsextreme Parteien wie auch die Kommunistische Partei. Der Anstieg der Preise vor allem von Strom und Gas werde im Herbst die Wirtschaft zerstören, erklärt einer der Organisatoren. Ministerpräsident Petr Fiala, der mit einer Mitte-Rechts-Koalition regiert, kritisiert, die Demonstration sei von pro-russischen Kräften mitverantwortet und schade den Interessen des Landes.
- Europa kauft den Gasmarkt leer: In Deutschland können die Erdgasspeicher schneller gefüllt werden als erwartet. Das ist erfreulich für Deutschland und Europa, aber für manche andere Länder ein Problem. Um die Speicher zu füllen, kaufen europäische Länder derzeit jede Ladung an Flüssigerdgas (LNG), die der Markt hergibt. Das ist für Länder ein Problem, die ihren Gasbedarf nicht nur mit langfristigen Lieferverträgen gedeckt haben, sondern auch Erdgas kurzfristig auf dem sogenannten Spotmarkt kaufen. Dieser macht knapp zwei Fünftel des gesamten LNG-Markts aus und das Gas war dort meist günstiger zu haben als mit langfristigen Verträgen.
Mehr zum Wirtschaftskrieg hier (Live-Blog)
european
6. September 2022 @ 07:51
Zum Thema „Europa kauft den Gasmarkt leer“ ein aktueller Artikel über die afrikanische Sicht der Dinge auf Foreignpolicy.com
„From Africa’s perspective, this looks as if the West prefers an Africa that remains an exporter of low-value raw materials instead of developing its own industries. Right now, many Africans view China as the only partner serious about helping the continent build a high-value future.“
https://foreignpolicy.com/2022/07/14/europe-africa-energy-crisis-gas-oil-fossil-fuels-development-finance-hypocrisy-climate-summit-world-bank/
Lang, aber sehr lesenswert.
Robby
5. September 2022 @ 21:00
War eine schöne Zeit und ein netter Versuch mit der EU.
Schade, dass es schon vorbei ist.
Wieder kein Platz an der Sonne für die Kernmacht.
KK
5. September 2022 @ 17:48
“In der tschechischen Hauptstadt Prag demonstrieren zehntausende Menschen gegen steigende Energiepreise sowie gegen die Europäische Union und die Nato.”
Und ein britischer “Risikoberater” sagt eine „beispiellose Zunahme innerer Unruhen“ vor allem in vielen Staaten Europas voraus (Quelle: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9013).
Und wie die Geschichte gezeigt hat, hilft den Regierungsverantwortlichen gegen innere Unruhen am besten ein Krieg; ein Feind von aussen schweisst innen zusammen. Und es wird ja auch schon fleissig daran gearbeitet – und tunlichst alles unterlassen, was auch nur ansatzweise deeskalieren könnte.
Spätestens, wenn wegen weiter kollabierender Wirtschaft und Binnennachfrage kein Geld mehr reinkommt, um weitere “Entlastungspakete” zu schnüren, wird zu den Waffen gerufen werden.