Neues vom Wirtschaftskrieg (102): Der “Preis der Freiheit”

Der Wirtschaftskrieg gegen Russland zieht immer weitere Kreise. Kanzler Scholz und sein Vize Habeck reisen nach Kanada, um neue Energielieferungen nach Deutschland zu sichern. Uno-Generalsekretär Guterres fordert, auch russische Agrarprodukte und Düngemittel freizugeben. Und Frankreichs Präsident Macron räumt ein, dass die Sanktionen einen Preis haben.

  • Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat den russischen Angriff auf die Ukraine verurteilt und angesichts der wirtschaftlichen Folgen der Sanktionspolitik an die Bereitschaft der Franzosen appelliert, den “Preis der Freiheit” zu bezahlen. “Ich denke an unser Volk, das Seelenstärke braucht, um der kommenden Zeit entgegenzusehen, der Ungewissheit zu widerstehen, manchmal der Bequemlichkeit und der Widrigkeit und um gemeinsam zu akzeptieren, den Preis für unsere Freiheit und Werte zu bezahlen”, sagte Macron. – Macron ist ehrlicher als die deutschen Politiker. Er spricht aus, dass die Sanktionen etwas kosten, und dass der Wirtschaftskrieg zu einer Kriegswirtschaft führt. Doch wie kommt er darauf, dass Frankreichs Freiheit durch den Krieg in der Ukraine bedroht sei?
  • Nach den ersten Getreidelieferungen aus der Ukraine hat UN-Generalsekretär António Guterres auch einen ungehinderten Zugang russischer Agrarprodukte und Düngemittel zu den Weltmärkten gefordert. Bei einem Besuch des Koordinierungszentrums in Istanbul, das die Getreidelieferungen aus der Ukraine kontrolliert, erinnerte Guterres daran, dass das Lieferabkommen auch Russland das Recht garantiert, seine landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Düngemittel zu exportieren. Trotz des Abkommens gebe es dabei aber noch “Hindernisse”, sagte der UN-Generalsekretär und warnte, ohne die Düngemittel könnte es im kommenden Jahr nicht genügend Lebensmittel geben. – Darüber spricht man in Berlin und Brüssel nicht so gern. Nach offizieller Lesart geht es nur um die “Kornkammer” Ukraine
  • Mit einem dreitägigen Kanada-Besuch wollen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) die Wirtschaftsbeziehungen zum zweitgrößten Land der Welt deutlich stärken. Im Mittelpunkt werden dabei Energie- und Rohstofflieferungen nach Deutschland stehen. Bei den Gesprächen mit Ministerpräsident Justin Trudeau wird es aber auch um die Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine gehen und um den Umgang mit China. – Die Suche nach Alternativen zu russischem Gas ist zur wichtigsten Beschäftigung für Scholz und Habeck geworden. Bisher ohne durchschlagenden Erfolg: Nach Katar hat zuletzt auch Norwegen klar gemacht, dass es seine Lieferungen nicht ausweiten kann…

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P.S. Die Bundesregierung hält die Sanktionen für wirksam und erwartet in Russland einen Wirtschaftseinbruch von bis zu 15 Prozent in diesem Jahr. Diese Schätzung passt allerdings schlecht zu den letzten Zahlen aus Moskau. Demnach schrumpfte das BIP in den Monaten April bis Juni um 4,0 Prozent zum Vorjahreszeitraum, wie vorläufige Daten des Statistikamtes Rosstat zeigen. Zu Jahresbeginn hatte es noch ein Plus von 3,5 Prozent gegeben. Gleichwohl fiel der Rückgang nicht so groß aus wie von Experten erwartet.