Neues “Team EUropa”: Eine bedenkliche Aufstellung
Die EU hat ein neues “Team EUropa” nominiert. Die Wahlverlierer von den Liberalen sind dabei, die Wahlgewinner auf der Rechten nicht. Doch nicht nur das ist bedenklich.
Wie erwartet und seit Monaten geplant, soll die deutsche CDU-Politikerin von der Leyen weiter die EU-Kommission führen, der portugiesische Sozialist Costa den Europäischen Rat und die estnische Liberale Kallas den Auswärtigen Dienst.
Die europäische “Oligarchie” hat sich durchgesetzt – so meine Analyse im “Cicero”. Ein nichtgewähltes Direktorium hat die Macht übernommen und die Posten an “Pro-EUropäer” verteilt – wie üblich nach Parteiproporz.
Kann man machen, finden viele in Brüssel okay – ist trotzdem nicht gut. Selbst wenn man die EU gegen ihre Feinde schützen will, heißt das noch lange nicht, dass man das Ergebnis der Europawahl auf den Kopf stellen darf.
Genau das ist hier aber geschehen. Die Aufstellung mit den drei EU-Spitzen entspricht nicht dem Wahlergebnis. Das hat nämlich gezeigt, dass der Kurs, den die EU unter von der Leyen fährt, nicht mehr mehrheitsfähig ist.
In Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und Belgien ist dieser Kurs von den Wählern abgestraft worden. Zugleich sind die Rechtskonservativen und Nationalisten gestärkt worden – doch die wurden übergangen.
Für die Rechten gibt es keinen Topjob – dabei haben sie bei der Wahl besser abgeschnitten als die Liberalen. Wenn es mit rechten Dingen zugehen würde, hätte die umstrittene liberale Politikerin Kallas verzichten müssen!
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Arthur Dent
4. Juli 2024 @ 23:56
@Michael
Dänemark ist nicht Bulgarien – es gibt nicht “die Demokratie”, sondern verschiedene Ausprägungen. Sheldon Wolin und Colin Crouch haben lange vor dem “System von der Leyen” von Postdemokratie gesprochen. Wolfgang Streeck sprach von einer Fassadendemokratie, Ingolf Blühdorn von der simulativen Demokratie.
Die Globalisierung wirkt sich durch die anwachsende Ungleichheit negativ auf die demokratische Selbstbestimmung aus. In der EU lässt sich ebenfalls eine Schieflage zwischen Exekutive und Legislative erkennen.
ebo
5. Juli 2024 @ 00:02
Sogar Scholz, der frühere EU-Parlamentspräsident, hat die “Hinterzimmerdeals” um von der Leyen kritisiert.
Michael
5. Juli 2024 @ 10:17
@Arthur Dent
Natürlich. Es gibt viele Ausprägungen. Ich wollte – auch indirekt – auf die Etymologie und Semantik verweisen. Derart ist auch „post-Demokratie“ eine Ausprägung. Und zu den Charakteristika der Ausprägungen der „EU-Demokratie“ gehört z. B. von Anbeginn – wie Sie selbst andeuten – auch ein massives Legitimationsproblem.
Per definitionem ist Demokratie aber nicht nur dass das „Stimmvieh“ mehr oder weniger regelmäßig zur Stimmabgabe geführt wird. Das ist nur ein formeller Aspekt. Zu westlicher Demokratie gehört aber eben auch dass genau dieser Westen Israel aus propagandistischen Gründen als „formelle Demokratie“ apostrophiert und dabei unterschlägt dass eine Kolonialmacht auf Basis von Apartheid und Genozid per definitionem keine Demokratie sein kann, und, wie ich argumentieren würde, nicht einmal eine „Ausprägung“ von Demokratie.
Michael
1. Juli 2024 @ 09:26
Es heißt:“ Wenn es mit rechten Dingen zugehen würde, hätte die umstrittene liberale Politikerin Kallas verzichten müssen.“
Das Problem ist m. E. dass die Politiker in Berlin ebenso wie in Brüssel, etc. aber auch die Beobachter von außen nurmehr von Wunschdenken und ideologischen Träumereien getrieben werden.
exKK
1. Juli 2024 @ 13:00
Ja, früher haben Politiker noch Wahlschlappen eingestanden und die Konsequenzen gezogen oder sind bei Verfehlungen, schlechter Amtsführung und ähnlichem zurückgetreten.
Heute wird das alles ausgesessen und weitergemacht wie zuvor. Neben den EU-Damen von der Leyen (u.a. laufende Ermittlungen und verweigerte Rechenschaft gegenüber dem Parlament) und Kallas (Wahlschlappe) ist jüngstes Beispiel in Deutschland Frau Stark-Watzinger, die sich trotz offensichtlicher Probleme mit dem Grundgesetz an ihr Amt klammert wie eine Ertrinkende an eine Holzplanke!
european
1. Juli 2024 @ 12:00
Moellemann ist seinerzeit wegen eines Werbebriefes fuer Einkaufswagenchips zurueckgetreten. Der Brief wurde auf dem Bogen des Wirtschaftsministeriums versendet. Das Produkt selbst wurde nicht mal finanziell gefoerdert.
Heute uebernimmt man verbal die Verantwortung und bleibt einfach sitzen.
Michael Conrad
1. Juli 2024 @ 08:57
Sowohl auf EU als auch auf nationaler Ebene haben wir es mit einer trostlosen Truppe von “lame ducks” zu tun, die mit letzter Kraft an der Macht klebt und den weiteren Abstieg verwaltet. Natürlich unter der Führung der Dementokratie in Washington.
Arthur Dent
1. Juli 2024 @ 08:44
@exkk
Wir sind schließlich tolerant & weltoffen – da kann man nicht so national denken. (und außerdem musste sie sicher den Russen oder den Chinesen zuvorkommen). 🙂
Arthur Dent
1. Juli 2024 @ 00:13
Uschi hat derweil ein Abkommen mit Ägypten über Milliarden-Hilfen abgeschlossen.
ebo
1. Juli 2024 @ 00:14
Am Parlament vorbei, wie neuerdings üblich
exKK
1. Juli 2024 @ 00:50
Ich denke, wir sollten das System von der Leyen endlich als post-demokratisch bezeichnen…
Ausserdem herrscht im Prinzip ja derzeit auch noch sowas wie eine Sedisvakanz, denn die Bestätigung ihrer zweiten Amtszeit durch das Parlament steht ja noch aus und ist keinesfalls sicher: da sollte man doch annehmen, das in der Zeit keine grundlegenden Abkommen abgeschlossen und Milliardenbeträge rausgehauen werden (immerhin diesmal nicht per SMS), ganz besonders nicht im Alleingang – oder seh ich das zu eng?
Falls nicht: Gibt es eigentlich keine Instanz, die sich solcher Allüren juristisch mal annähme?
Michael
4. Juli 2024 @ 17:24
@exkk
Dem kann ich mich ganz und garnicht anschließen: der Begriff „post-demokratisch“ insinuiert es hätte „Demokratie“ gegeben die nunmehr irgendwie überwunden worden wäre! M. E. haben jedoch „demokratische Verhältnisse“ historisch betrachtet nie geherrscht weshalb ich dazu tendiere in Kategorien wie „prä-demokratisch“ zu denken, besagend dass „Demokratie“ anzustreben bleibt.
Es verhält sich ganz so wie mit dem ideologisch propagandistischen Begriff „post-Kolonialismus“ der vortäuschen soll dass es keine Kolonien mehr gäbe. Dabei ist es eine Tatsache dass allein 8 Staaten weiterhin 61 Territorien kolonialisiert halten. Die besagten 8 sind:Australien, Dänemark,Die Niederlande, Neuseeland, Norwegen, Frankreich, USA und UK. Der sog. Westen unterschlägt dabei bewusst dass es eine neunte (9) Kolonialmacht gibt welche das zweiundsechzigste (62) Territorium weiterhin kolonialisiert: Israel kolonialisiert aktiv Palästina!