Wahl in Frankreich: Im Zweifel lieber rechts?
Vor der Schicksals-Wahl in Frankreich haben sich einflußreiche Kräfte gegen die linke “Volksfront” ausgesprochen. Im Zweifel werde man lieber rechts wählen – also Le Pen. Sérieusement?
Es begann mit dem “Nazi-Jäger” S. Klarsfeld. Er hat sich öffentlich für Le Pen und ihr rechtsradikales “Rassemblement National” ausgesprochen. Der Grund: die Linke sei antisemitisch. Le Pen nahm er in einem Interview in Schutz.
Dann kam Frankreichs Vorzeige-Intellektueller B.H. Lévy. Er hat sich zwar von Le Pen abgegrenzt. Doch die Linke will er auch nicht wählen – denn die sei nicht nur antisemitisch, sondern flirte mit dem “Islamo-Faschismus”.
Gemeint ist in beiden Fällen vor allem J.L. Mélenchon, der Chef der “France insoumise”. Allerdings sind im Linksbündnis auch noch brave Sozialisten, harmlose Grüne und etliche Linksliberale und EU-Fans wie R. Glucksman aktiv.
Eine Nähe zu Antisemiten, Islamisten und Faschisten kann man ihnen nun wirklich nicht vorwerfen. Doch seit Präsident Macron sich offen auf die Seite Israels gestellt hat, gilt jeder, der die Palästinenser verteidigt, als antisemitisch.
Eine ähnliche Entwicklung kennen wir ja in Deutschland. Anders als hierzulande, wo die AfD im Trüben fischt, wirft sich Le Pen aber auch noch in die Pose der Israel-Freundin – was sie offenbar selbst für Juden wählbar macht.
Bedenklich ist auch die Haltung vieler Manager. Sie flirten ziemlich unverhohlen mit Len Pen, wie die “FT” berichtet. Denn der verspricht Steuersenkungen und eine “Frankreich first”-Politik mit lukrativen Geschäften.
Macrons gefährliches Spiel
Und wie positioniert sich Macron, der den ganzen Schlamassel zu verantworten hat? Er wirft Linke und Rechte in einen Topf und versucht, mit der Angst vor den “Extremen” für seine eigene liberale Bewegung zu werben.
Doch wenn nicht alles täuscht, geht auch dieser Schuß nach hinten los. Kurz vor dem ersten Durchgang der Parlamentswahl liegen die Rechten vorn – nicht zuletzt, weil die Linke verteufelt wird…
Siehe auch “Neuwahl in Frankreich: Macron wird zur Gefahr”
Art Vanderley
4. Juli 2024 @ 20:45
Die Linke insgesamt, wohl in ganz Europa, hat ja wohl eher ein Problem mit dem Mißbrauch von Begriffen wie „Antisemit“, Nazi oder Rechtsextremist, was massiv zu deren Abstumpfung geführt hat und die, wo echte Rechtsextreme auftauchen, nicht mehr glaubwürdig sind.
Helmut Höft
1. Juli 2024 @ 09:20
Gerade wird im Radio über den rechten Rand gewählt fabuliert. >30 ? gleich Rand? Lechts und rinks dicke Ränder dazwischen ein schmaler Streifen gleich Mitte? Warum wird überall ein Preisschild draufgeklebt, ein Etikett drangepappt? *kotz* Hat da jemand ‘ne Idee warum alles kategorisiert werden muss?? Betreutes Sprechen und Denken en vogue?
ebo
1. Juli 2024 @ 09:23
In Deutschland hat man den Schuss noch nicht gehört. “Rechter Rand”, “Brandmauer”, “demokratische Mitte” – das sind alles Kategorien aus der Berliner Blase…
Helmut Höft
1. Juli 2024 @ 09:02
Sérieusement? Mais oui!
Was mir immer den Verstand raubt sind die unehrlichen, ignoranten, unüberlegten Argumente, Besipiel: “öffentlich für Le Pen und ihr rechtsradikales “Rassemblement National” ausgesprochen. Der Grund: die Linke sei antisemitisch.” Wir lernen: Wer die Politik Israels kritisiert – wenn auch häufig auch dieses mit unehrlichen Argumenten – der ist antisemitisch? OMG! Die Demonstrationen gegen die Politik in Israel auch antisemitisch – alles Antisemiten?? https://de.wikipedia.org/wiki/Antisemitismus
Und wie positioniert sich Macron, der den ganzen Schlamassel zu verantworten hat? In der kurzen Rückschau korrekt, aber schon in der mittleren unvollständig: Die Saat der letzten 40-50 Jahre geht auf!
Arthur Dent
30. Juni 2024 @ 23:55
Das Großkapital verdient auch jetzt prächtig an den Kriegen. Wer sind denn die Eigentümer von Rheinmetall & Co., einem Konzern, der auch schon Kaiser Wilhelm und Hitler zu Diensten war. (Die größten Eigentümer und Aktionäre haben alle ihren Sitz in den USA). Im Kriegsfieber sind jedoch die führenden EU-Demokraten. Ein deutscher Sozialdemokrat führt dauernd die Kriegstüchtigkeit im Mund. Führerprinzip, Militarismus, Sündenbockphilosophie sind alles Kennzeichen des Faschismus. In Deutschland bespitzelt sogar ein Inlandsgeheimdienst die Bürger.
Widerstand geleistet gegen die Nationalsozialisten hat auch die kommunistische Jugend – wird aber fast nirgends erwähnt. Warum nicht? Zufall? Außer Graf von Stauffenberg kennt man kaum jemanden. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages listet etwa 60 Abgeordnete auf, die als ehemalige NSDAP-Mitglieder bis in die 1980er Jahre für CDU/CSU, FDP und SPD als Abgeordnete im Deutschen Bundestag gesessen haben. Wird auch nicht so gern erwähnt, obwohl wir doch “Weltmeister der Vergangenheitsbewältigung” sind.
Dass die Gewinner demokratischer Wahlen von der politischen Konkurrenz sogleich als Zerstörer der Demokratie bezeichnet werden, ist auch irgendwie merkwürdig. Dabei ist niemandcgezwungen, RN oder AfD zu wählen. Wer die nicht will, wählt die einfach nicht.
Arthur Dent
30. Juni 2024 @ 14:16
“Rechts” ist erst einmal die zweite Hälfte des demokratischen Spektrums. Ein Sieg des RN würden den Menschen in der EU zeigen, dass es möglich ist, der kleinen Macht-Clique in Brüssel die Kontrolle über das öffentliche Leben zu brechen.
exKK
30. Juni 2024 @ 16:34
Wer sagt denn, dass die Rechten sich nicht auch der „kleinen Macht-Clique“ in Brüssel unterordnen und ihre Wähler auf den diesen wichtigsten Feldern ähnlich hängen lassen, wie es die Linken zu grossen Teilen vorgemacht haben?
Macht korrumpiert nun mal, da ist der Wähler offenbar weitgehend machtlos.
ebo
30. Juni 2024 @ 17:45
Wie demokratisch der RN ist, muß sich erst noch zeigen. Bisher war er von einem Führer*innen-Kult geprägt, der alte Le Pen war ein rechtsextremer Patriarch. Schon jetzt sehen wir allerdings, dass die wirtschaftlichen und intellektuellen “Eliten” eher zum RN neigen. Damit wiederholt sich die Geschichte – das deutsche Großkapital wollte auch lieber die Nazis als die Kommunisten, und es hat sich sehr gut mit den Nazis arrangiert.
exKK
30. Juni 2024 @ 19:07
Und es hat ja auch sehr gut an der Kooperation mit den Nazis verdient, das Großkapital…
ebo
30. Juni 2024 @ 19:29
Allerdings, insbesondere am Krieg…