Neue Sprachregelung: Kiew wird Kyjiv – und verliert trotzdem
Nach der “taz” haben sich nun auch die “Zeit” und der “Spiegel” der offiziellen ukrainischen Sprachregelung angepasst: Kiew wird “Kyjiv”. Um die Wahrheit über das Land zu erfahren, muß man allerdings andere Medien lesen.
Voller Stolz verkünden unsere Leit-Medien, dass sie jetzt endlich dem sehnlichsten Wunsch von Wolodymyr S. und Wladimir K. folgen und Kiew ukrainisch-korrekt Kyjiv nennen.
“Der SPIEGEL passt die Schreibweise für den Namen der ukrainischen Hauptstadt an – und nennt sie jetzt so, wie sie offiziell heißt”, heißt es beim “Spiegel”.
“Ein Zeichen gegen die Auslöschung – die ZEIT nennt die ukrainische Hauptstadt jetzt so, wie sie wirklich heißt”, brüstet sich die ZEIT.
Kein Verlass auf deutsche Medien
Toll! Wir schreiben und sprechen jetzt mit den Opfern! Danzig wird dann bestimmt auch bald Gdansk – in Gedenken an den deutschen Angriffskrieg!
Und Brüssel wird endlich Bruxelles und Brussel geschrieben – so, wie es offiziell heißt. Und nicht so, wie es Hitler genannt hat 😉
Der Lage vor Ort bringen uns diese Sprachregelungen allerdings keinen Schritt näher. Wer wissen will, wie es um den Krieg steht, kann sich nicht auf deutsche Medien verlassen.
Ich empfehle den “Economist” – der schreibt diese Woche, wie ernst die Lage ist…
P.S. Kommando zurück – auch der “Economist” nimmt ein Blatt vor den Mund. “Ukraine is now struggling to survive, not to win”, hieß es zunächst, auch auf X. Dann gab es wohl Beschwerden. Also wurde der Überlebenskampf gestrichen. “Ukraine is now struggling to cling on, not to win“, heißt die neue Sprachregelung…
Monika
1. November 2024 @ 11:06
wollen wir bei der Schreibweise schon aufhören? Ich bestehe ab sofort auf der korrekten Aussprache von deutschen Städtenamen besonders im englicschen Sprachraum… Nix Hämbörg, nix Mjunik oder gar Börlinn…Apropos Aussprache wie nochmal ist die Buchstabenfolge -ijy richtig zu artikulieren??
Kleopatra
1. November 2024 @ 11:50
Das “y” in “Kyjiw” ist etwa zwischen i und e, aber nicht ganz vorne, sondern etwas zurückgezogen. Das “w” übrigens bilabial wie im Englischen; Betonung auf der ersten Silbe. Für die Wiedergabe der ukrainischen Schreibung gibt es mehrere Möglichkeiten: “Kyjiw” ist eine Transkription, die sich für deutsche Texte eignet, “Kyïv” steht der Originalschreibung besonders nahe; die für ukrainische Pässe verwendete Transliteration ergibt “Kyiv”.
ebo
1. November 2024 @ 12:46
„Phonetisch ist es eine Herausforderung“, sagt Dennis Scheller-Boltz, Berliner Linguist mit Schwerpunkt auf slawischen Sprachen. Er beherrscht Russisch und Polnisch perfekt und ist auch mit dem Ukrainischen vertraut. „Ich werde mich sehr bemühen, mir Kyjiw anzueignen. Für mich ist es einfacher, weil ich die Phonetik kenne, die im Ukrainisch ganz spezifisch ist. Während das Deutsche einen Laut für i hat, hat das Ukrainische drei ähnliche Laute: i, y und ji.“ https://www.tagesspiegel.de/wissen/nicht-kiew-sondern-kyjiw-wer-entscheidet-uber-die-schreibweise-11321998.html
Bei dpa und den meisten deutschen Medien bleibt es übrigens vorerst bei Kiew, hier auch.
Kleopatra
3. November 2024 @ 11:12
Langfristig dürften sich auf Landkarten die offiziellen Transliterationen der entsprechenden Staaten (für Namen aus nicht lateinisch geschriebenen Sprachen) durchsetzen. Und das spricht dafür, diese Schreibweise auch in der Publizistik zu verwenden – damit man die Orte auf der Karte dann wiederfindet. Das würde für “Kyiv” sprechen.
KK
3. November 2024 @ 17:07
@ Kleopatra:
“Langfristig dürften sich auf Landkarten die offiziellen Transliterationen der entsprechenden Staaten (für Namen aus nicht lateinisch geschriebenen Sprachen) durchsetzen.”
Falls es langfristig überhaupt noch Landkarten braucht. Eskalationsfreudige wie Sie setzen ja alles daran, dass diese künftig zumindest für EUropa obsolet werden.
MarMo
1. November 2024 @ 10:08
Typisch für das Niveau, auf das “Nachrichten” in unseren Mainstreammedien gefallen sind. Eminent wichtige Informationen, um das aktuelle Geschehen zu kontextualisieren und sich selbst eine Meinung bilden zu können, werden nicht zur verfügung gestellt. Im Gegenteil: Propaganda – pro-ukrainisch, anti-russisch, pro-israelisch, anti-islamisch – hören wir in unendlichen Varianten in fast allen Formaten. Unwichtige, nebensächliche Themen werden dargeboten wie tolle Neuigkeiten. Wirklich bizarr.
Titi
1. November 2024 @ 09:47
Und Wien muss von allen Ländern auch „Wien“ genannt werden und nicht „Vienna“ , „Viena“, „Vienne“, etc. ☺️
Karl
1. November 2024 @ 08:25
Wer etwas über Moldau erfahren will, kann warten, bis Smetana eine neue Sinfonie komponiert … Oder guckt unter Moldawien.
Und wie war das noch mit der Schändung des Bulgakow-Denkmals und der geplanten Schließung des weltberühmten Bulgakow-Museums in Kiieffif? -> https://pragmatika.media/de/news/pam-iatnyk-bulhakovu-prykrasyly-ukrainofobnymy-tsytatamy-iz-joho-tvoriv/
Stattdessen 10.000 Bandera-Denkmäler und 100.000 Bandera-Sprachreinheitsbeamte in jedem Dorf gesponsorted von der EU…
Katla
31. Oktober 2024 @ 20:10
Dann bitte Nägel mit Knöpfen und gleich die kyrillische Schrift verwenden, denn die wirklich offizielle Schreibweise ist in kyrillischer Schrift und nicht in der transkribierten Form. Ich freue mich schon auf chinesische, thailändische, arabische, georgische oder indigene Ortsnamen in Kanada und in den USA in den jeweiligen Originalschriften.
KK
1. November 2024 @ 00:40
Die babylonische Sprachverwirrung war ja letztlich auch eine Strafe für Hybris… wie die für den Turm ausgegangen ist, wissen wir!
KK
31. Oktober 2024 @ 18:46
Und Moskau? Oder Sankt Petersburg?
Frage für einen russischen Freund…
Kleopatra
31. Oktober 2024 @ 17:44
Dass Printmedien, die im Zweifelsfall schon länger „Myanmar“ statt „Burma“ oder „Mirma“ schreiben, so lange brauchen, um zu „Kyjiw“ überzugehen, verrät Peinliches über diese Medien. Allerdings ist die Schreibweise „Kyjiw“ nicht weniger legitim als „Beijing“ etc. Und zu „Brüssel“ wäre einzuwenden, dass Deutsch eine der drei Amtssprachen Belgiens ist (freilich keine Amtssprache der Region Brüssel-Hauptstadt).
Die Tendenz, von dem anderen Land propagierte Schreibungen zu übernehmen, scheint mir übrigens eine englische (oder amerikanische) Mode zu sein.
Curious
31. Oktober 2024 @ 20:55
Und wieso sind die Amis dann immer noch nicht in der Lage Köln oder München statt Cologne oder Munich zu sagen/schreiben?
Thuringia (im Zuge der Wahlen dort wurde das bei der BBC auch noch so genannt), North Rhine-Westphalia oder als entfremdestes Beispiel: Mecklenburg–Western Pomerania?
Aber okay, erhält irgendwie auch noch den Anspurch dass Eastern Pomerania eigentlich noch fehlt *smirk* .
Michael
31. Oktober 2024 @ 13:37
… und die Türkei heißt jetzt Türkiye, und die Schweiz heist Helvetia und Deutschland endlich Germania und …. aus Israel muss Palästina werden!
Curious
31. Oktober 2024 @ 21:03
Ja, bei Germany denke ich mir auch immer wie blöde man eigentlich sein kann Deutschland nach einer vermeintlichen Entnazifizierung immer noch als den Staat mit Repräsentanz über alle Germanischen Völker oder Gebiete zu betiteln. Man könnte meinen, die Österreicher, Schweizer, Franzosen, Dänen etc. hätten da was dagegen.
Noch negativer daran ist halt, dass es die Nationswerdung vor nun 153 Jahren (fällt mir gerade auf dass die natürlich auch gar nicht irgenwie offiziell begangen wurde hierzulande) sowie die aktuelle vor nun 34 Jahren (49er Deutschland erlosch damit ja faktisch) immer noch negiert wird.
MarMo
31. Oktober 2024 @ 23:11
Gute Idee – war es nämlich, bevor die Zionisten kamen und gedeckt von der westlichen Welt die Palästinenserinnen und Palästinenser ihres Landes beraubten (und beim ersten Widerstand der Araber das Holocaust-Narrativ für ihr mörderisches und diebisches Tun instrumentalisiert haben). Von wegen ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land.