Neue Libyen-Mission macht “Sophia” den Garaus
Rund 45.000 Bootsflüchtlinge hat die “Sophia”-Mission vor der libyschen Küste gerettet. Damit ist nun endgültig Schluß. Die EU-Außenminister starten einen neuen Marineeinsatz – aber diesmal ohne “Pull-Faktor”
Die EU plant einen neuen Marineeinsatz vor der libyschen Küste. Er soll das Waffenembargo überwachen und den Friedensprozess unterstützen, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Die frühere Mission „Sophia“, die viele Bootsflüchtlinge gerettet hat, werde nicht fortgeführt.
Die Entscheidung kam überraschend. Vor allem Österreich hatte sich gegen eine Verlängerung von „Sophia“ gesträubt und einen neuen Einsatz blockiert.
Die alte EU-Mission habe Schlepper begünstigt und Flüchtlinge angezogen, hieß es in Wien. Er habe Verständnis für diese „legitimen Bedenken“, sagte Borrell. Es dürfe keinen „Pull-Faktor“ geben.
Nach einer kontroversen Debatte einigten sich die EU-Außenminister darauf, „Sophia“ durch eine neue, vorwiegend militärisch ausgerichtete Mission zu ersetzen.
Sie soll nicht mehr unmittelbar vor der Küste Libyens tätig werden – sondern weiter im Osten, wo die Routen der Waffenhändler etwa aus der Türkei vermutet werden.
Bundesaußenminister Heiko Maas sprach von einem „positiven Grundsatzbeschluss“. Im Vordergrund solle die Überwachung des Waffenembargos stehen, das bei der Berliner Libyen-Konferenz Ende Januar verhängt worden war.
„Wichtig ist die Grundsatzentscheidung dafür, dass die EU ihrer Verantwortung gerecht wird und dazu beiträgt, dass das Waffenembargo nicht gebrochen wird.“
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Deutlich reservierter äußerte sich Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg. „Dies ist keine humanitäre Mission“, sagte er. „Wir wollen keine Mission, die wieder von Schleppern für ihr Geschäftsmodell mißbraucht wird“.
Deshalb werde „Sophia“ nicht verlängert, sondern durch einen Militäreinsatz mit ersetzt. „Sophia ist Geschichte“, so Schallenberg.
Sollte die neue EU-Mission dazu führen, dass wieder mehr Bootsflüchtlinge den Weg nach Europa suchen, so werde der Einsatz beendet.
Fast könnte man meinen, dass die EU mehr Angst vor Flüchtlingen hat als vor Waffenschmugglern…
Siehe auch “Keine Waffenruhe in Libyen”
Watchlist
Wird die schwarze Liste der Steueroasen weiter zusammengestrichen? Zuletzt war sogar Panama von der EU-Liste verschwunden. Am Dienstag haben die EU-Finanzminister eine weitere Gelegenheit, Finanzparadiese zu beglücken oder zu bestrafen…
Was fehlt
- Handelspolitik: CETA auf der Kippe – Das umstrittene Abkommen mit Kanada könnte am Dienstag in den Niederlanden scheitern
- Umweltschutz: Toxic residues through the back door – Wie Bayer & Co. versuchen, in der EU verbotene Pestizide in Umlauf zu bringen
- Albanien: EU hilft Albanien nach Erdbeben mit mehr als 100 Millionen Euro – Bei einer Geberkonferenz in Brüssel kam sogar mehr als 1 Mrd. Euro zusammen
- EU-Geschichte: Die geheimdienstliche Formierung der EU mit dem BND – Eine schier unglaubliche Enthüllungsgeschichte über die dunklen Ursprünge der EU
- EU-Budget: Net payer countries push back on EU budget plans – Auch Deutschland leistet Widerstand. Finanzminister Scholz fordert sogar, den jüngsten Entwurf zu vergessen und neu anzufangen… Mehr hier
Peter Nemschak
18. Februar 2020 @ 09:25
Das Waffenembargo wird die kriegführenden Parteien nicht wirklich einschränken. Vermutlich verhandeln manche europäische Staaten bereits mit dem voraussichtlichen Sieger, General Haftar, um sich für die Zeit danach eine günstige politische und wirtschaftliche Ausgangsposition zu sichern und das Feld nicht Russland allein zu überlassen. Die USA haben das Interesse an der Region nicht erst seit Trump weitgehend verloren. Wieder ein Grund, dass die EU In Sachen Sicherheit eigenes Gewicht aufbauen muss. Hier ist Macron geopolitisch den romantischen Deutschen weit voraus. Eine offene Unterstützung von Haftar würde die Türkei verärgern, was nicht im Interesse der EU ist. Libyen wird auch in Zukunft als Sperrriegel gegen illegale Migration dienen und hat Energiereserven, die für die EU aus Diversifikationsgründen strategisch erforderlich sind.