Die Nato sagt Njet, die EU folgt der Nato – und noch ein Unwort aus Brüssel

Die Watchlist EUropa vom 13. Januar 2022 –

Sie sprechen wieder, aber sie reden aneinander vorbei: Bei ihrem ersten Treffen seit mehr als zwei Jahren haben die Nato und Russland keine Annäherung erreicht. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte nach fast fünfstündigen Beratungen, es bestünden nach wie vor “erhebliche Meinungsverschiedenheiten“ mit Moskau im Ukraine-Konflikt und in der Sicherheitspolitik.

Die Nato wirft Russland vor, die Ukraine mit einem massiven Truppenaufmarsch und „aggressiver Rhetorik“ zu bedrängen. Die Führung in Moskau weist das zurück. Sie fordert ein Ende der Nato-Osterweiterung und Sicherheitsgarantien, damit die Ukraine nicht zur Bedrohung für Russland wird. Vor der Nato hatte bereits die USA direkt mit Russland diskutiert – ebenfalls ohne Ergebnis.

Stoltenberg sagte, die Alliierten seien zu Gesprächen über Abrüstung und vertrauensbildende Maßnahmen bereit. Die russischen Forderungen wies er jedoch scharf zurück. “Wir werden keine Kompromisse bei unseren Grundprinzipien machen”, sagte der Norweger. So habe Russland “kein Vetorecht in der Frage, ob die Ukraine Nato-Mitglied werden kann“. Die Tür für die Ukraine bleibe offen.

Die Nato hatte dem Land bereits bei ihrem Gipfel in Bukarest 2008 eine Mitgliedschaft in Aussicht gestellt. Deutschland und Frankreich lehnten damals aber einen sofortigen Beitritt ab. Seitdem hängt die Ukraine in der Luft.

Im Falle einer russischen Invasion würde die Nato nicht militärisch zu Hilfe kommen, stellte Stoltenberg klar, denn das Land sei ja kein Mitglied. Zugleich drohte er Russland für den Fall des Angriffs mit massiven wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen.

Keine Zugeständnisse an Moskau

Allerdings kann die Nato gar keine Strafmaßnahmen verhängen. Die Hauptlast würden in diesem Fall die EU und Deutschland tragen. Beim EU-Gipfel im Dezember haben sich die Europäer bereits zu Sanktionen etwa im Finanzsektor oder bei der Ostseepipeline Nord Stream 2 bereit erklärt.

Stoltenberg sagte, das Kriegsrisiko sei real. Gerade deshalb sei es aber wichtig, miteinander zu sprechen. Das Treffen sei „sehr nützlich“ gewesen, auch wenn es keine konkreten Ergebnisse gegeben habe. Alle 30 Alliierten seien für eine Fortsetzung des Dialogs. Allerdings sei unklar, ob Moskau zu einem weiteren Nato-Russland-Rat bereit sei. „Sie waren nicht in der Lage, zuzustimmen.“

Umgekehrt war die Nato offenbar nicht bereit, auf die Forderungen Moskaus einzugehen. Russland habe seine Vorschläge auf den Tisch gelegt, so Stoltenberg. Aus Sicht der Alliierten gebe es aber keinen Grund, über die Ukraine oder die Nato-Erweiterung zu reden. Nicht die Ukraine bedrohe Russland, vielmehr sei es umgekehrt. Auch die Nato-Erweiterung bedeute keine Gefahr.

Gefährliche Zwischenfälle

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Zuletzt hatten sich jedoch gefährliche Begegnungen zwischen Nato-Einheiten und russischen Militärs gehäuft. Nicht nur in der Ukraine, auch im Schwarzen Meer und im Baltikum kommt es immer öfter zu Zwischenfällen. Russland sieht sich zunehmend bedrängt und eingekreist – und fordert auch deshalb eine neue Sicherheitsordnung für die Ukraine und Europa.

Die USA weisen dies jedoch als Versuch zurück, die alten Einflußzonen der Sowjetunion wiederherzustellen. Die EU, die von dem Konflikt in ihrer Nachbarschaft unmittelbar betroffen ist, schweigt. Die EU-Kommission war am Mittwoch auf einer internen Klausurtagung und gab keinen Kommentar ab.

Statt sich selbst zu engagieren, ließ sich die Brüsseler Behörde von den USA unterrichten. Der Kabinettschef von Behördenchein von der Leyen, Seibert, telefonierte mit Washington und bekräftigte, dass die EU zu Sanktionen gegen Russland bereit seien. Das nennt man wohl “transatlantische Zusammenarbeit”…

Siehe auch “Nato sagt Nein zu Moskau – und Kiew”

Watchlist

Folgen auch die Außen- und Verteidigungsminister der Nato und den USA? Dies soll eine gemeinsame Sitzung in Brest erweisen, die unter französischem EU-Vorsitz stattfindet. Die Minister werden dabei wohlgemerkt nicht mit, sondern nur über Russland sprechen – und natürlich mit Nato-Generalsekretär Stoltenberg. Schade eigentlich, dass nicht auch noch der US-Außenminister eingeladen wurde. Aber immerhin: Annalena (Baerbock) kommt!

Was fehlt

Das neueste Unwort aus Brüssel. Nein, es heißt nicht “europäische Souveränität”, sondern “Pushback” – und bezeichnet die illegale Rückschiebung von Flüchtlingen über eine EU-Außengrenze. Eine Jury aus Sprachwissenschaftlern kürte es zum “Unwort des Jahres 2021”. Im letzten Jahr waren die “Rückführungspatenschaften” der EU-Kommission “ausgezeichnet” worden – gemeinsam mit der “Corona-Diktatur”. Warum trifft es eigentlich immer die EU?