Die Ukraine hat keine realistische Beitritts-Perspektive
Kurz vor einem Nato-Krisentreffen am Freitag in Brüssel herrscht großes Rätselraten: Wie soll die westliche Militär-Allianz mit den Forderungen Russlands zur Ukraine umgehen? Dabei liegt die Antwort so nahe.
Die Ukraine hat keine Nato-Beitrittsperspektive. Zwar haben die Alliierten bei ihrem Gipfel in Bucharest 2008 den Beitritt in Aussicht gestellt. Doch Deutschland und Frankreich waren gegen den Start von Gesprächen, die Perspektive hat sich nicht konkretisiert.
Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Berlin und Paris wollen immer noch keinen Beitritt, selbst Washington kann daran kein Interese haben. Denn bei einer Aufnahme müßten sie die Ukraine im Ernstfall militärisch verteidigen, was eine direkte Konfrontation mit Russland bedeuten könnte.
Warum schenken die Alliierten der Ukraine daher nicht reinen Wein ein? Warum gehen sie nicht auf Russland zu, das einen späteren Nato-Beitritt des Landes ein für allemal ausschließen und Sicherheitsgarantien haben will?
Dies wäre die naheliegende und vernünftige Lösung.
Stattdessen nähren die USA und die EU gefährliche Illusionen. Jedes Land habe das Recht, selbst über sein Schicksal und seine Allianzen zu entscheiden, heißt es in Washington und Brüssel. Auch Außenministerin Baerbock hält an diesem Dogma fest.
Dabei zeigt ein Blick in die Geschichte, dass es auch ohne Nato-Beitritt geht. Österreich hat sich für die Neutralität entschieden. Finnland verzichtete, um nicht zum Spielfeld der Großmächte zu werden. Die „Finnlandisierung“ hat den Frieden bewahrt, immerhin.
Sie könnte auch für die Ukraine eine Option sein. Der Nato-Beitritt ist keine. Es braucht nur den Mut, dies offen auszusprechen. Wenn Deutschland und Frankreich heute genauso mutig wären wie 2008, könnten wir einer Lösung schnell näher kommen…
european
6. Januar 2022 @ 17:02
Zu empfehlen: Eiszeit – von Gabriele Krone-Schmalz. Kapitel „Die Nato-Perspektive für Georgien und die Ukraine“ Aus diesem Buch habe ich die Links.
https://www.nato.int/cps/en/natohq/opinions_190292.htm?selectedLocale=en
„And I was actually present at the NATO Summit in Bucharest in 2008, when all Allies agreed that Ukraine will become a member of NATO. And we stand by that decision and the decisions taken after to the Bucharest Summit on the issue of Ukraine’s possibility to become a NATO member. “
Es ist also keine Frage, OB die Ukraine Nato-Mitglied wird, sondern lediglich WANN. Alles andere ist schon beschlossene Sache der NATO. Gleiches findet sich unter Beziehungen zu Georgien.
Und da wundern wir uns über die Reaktion Russlands. Ich kann nur wieder Prof Mearsheimer zitieren. Wie wäre es denn umgekehrt?
https://www.mearsheimer.com/wp-content/uploads/2019/06/Why-the-Ukraine-Crisis-Is.pdf
„Imagine the outrage if China built an impressive military alliance and tried
to include Canada and Mexico in it“
Es ist der Westen, der hier immer wieder zündelt. Gleichzeitig teilen wir uns mit Russland den gleichen Kontinent. Wir sind Nachbarn und außerdem haben wir Gorbatschow seinerzeit versprochen, dass wir die Grenzen Russland’s respektieren und uns nicht weiter nach Osten ausdehnen.
ebo
6. Januar 2022 @ 20:05
Nun ja, ich war auch in Bukarest. Und ich kann bezeugen, dass Deutschland und Frankreich den damals schon geplanten Beitritt verhindert haben. Dazu sollten sie heute stehen und die Konsequenzen ziehen!
european
6. Januar 2022 @ 20:45
Das hat die Autorin auch mit keinem Wort in Frage gestellt, sondern nochmal ausdrücklich betont.
Aber gleichzeitig gibt es eben die Aussagen der NATO wie oben zitiert. Übersetzt also: Völlig egal was die Europäer sagen, die Ukraine und Georgien werden NATO-Mitglied. Nicht OB, sondern WANN.
Wer ist hier eigentlich der trouble maker? Die USA führen ihre Kriege immer außerhalb ihres Kontinents. Alle Einsätze – Afghanistan, Libyen, Irak, Syrien – haben letztlich auch die Konflikte innerhalb Europas erhöht.
Wir brauchen eine neue Friedenspolitik mit Russland.