Brest bringt keine Bewegung, Straßburg wird “zu gefährlich” – und Vestager will Flüssiggas

Die Watchlist EUropa vom 14. Januar 2022 –

Im Konflikt um die Ukraine und eine neue europäische Sicherheitsordnung hat sich Russland eine weitere Abfuhr eingeholt. Nach der Nato, die am Mittwoch in Brüssel getagt hatte, lehnte am Donnerstag auch die Europäische Union die wichtigsten Forderungen Russlands ab.

Alle 27 EU-Staaten seien sich einig, dass es „nicht in Frage“ komme, der Ukraine einen Nato-Beitritt zu verwehren, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach einem Treffen der Verteidigungsminister in Brest (Frankreich). Das Nein sei „sehr konkret“.

Die Ukraine sei ein souveräner Staat, der allein über seine Bündnisse entscheide, sagte Borrell. Dasselbe gelte für Finnland und Schweden, die neuerdings verstärkt über einen Nato-Beitritt nachdenken. Russland habe kein Recht, ein Veto einzulegen – da seien sich alle Europäer einig.

Die Regierung in Moskau hatte ein Ende der Nato-Osterweiterung und umfassende Sicherheitsgarantien gefordert. Die USA, die Nato und die EU fürchten jedoch, dass dies nur ein Vorwand für eine Invasion in die Ukraine sein könnte – und drohen mit massiven Sanktionen.

Falls es zu einem Krieg komme sollte, könne die umstrittene deutsch-russische Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 nicht ans Netz gehen, sagte Borrell. Eine mögliche Inbetriebnahme sei „offensichtlich von der militärischen Situation“ abhängig, so der Spanier.

Gespräche auch in der OSZE

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Konzilianter äußerte sich Frankreichs Verteidigungsministerin Florence Parly. Es sei gut, dass es wieder Gespräche mit Russland gebe, so Parly. Frankreich und Deutschland würde nun gemeinsam versuchen, das so genannte Normandie-Format wieder zu beleben.

Dabei sitzen Russland, die Ukraine, Deutschland und Frankreich an einem Tisch, um diplomatische Lösungen zu finden. Moskau hatte Berlin und Paris allerdings im vergangenen Herbst vorgeworfen, russische Vorschläge zu ignorieren und die Gespräche aufgekündigt.

Seitdem führen die USA die Verhandlungen – auf allen Ebenen: Bilateral, in der Nato und in der OSZE, der der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Das Forum sei ideal für einen Dialog auf Augenhöhe, sagte US-Diplomat Michael Carpenter am Donnerstag in Wien.

Baerbock für “Dialog und Härte”

Allerdings will Russland mehr als einen Dialog – es will Taten sehen. Die Gespräche über Sicherheitsgarantien dürften nicht verschleppt werden, sagte Russlands Ständiger OSZE-Vertreter Alexander Lukaschewitsch. “Russland ist ein friedliebendes Land. Aber wir brauchen keinen Frieden um jeden Preis.”

“Ich sehe keinen Grund, sich in den kommenden Tagen zusammenzusetzen und wieder die gleichen Diskussionen zu beginnen”, sagte Vize-Außenminister Rjabkow. Er warf den westlichen Partnern fehlende “Flexibilität” vor, um Verhandlungen über “ernste Themen” zu führen. 

Vielleicht fehlt es auch an politischem Willen? Außenministerin Baerbock jedenfalls plädiert für eine Mischung aus Dialog und “Härte”. In der kommenden Wochen wird sie in Moskau erwartet – mal schauen, was ihr die “Härte” bringt…

Siehe auch “Die Nato sagt Njet, die EU folgt der Nato”

Watchlist

Verschwindet das Europaparlament bald ganz im Lockdown? Der am Dienstag verstorbene Präsident Sassoli war dagegen – er hatte eine Plenartagung in Straßburg angesetzt. Doch kurz nach seinem Tod beschlossen die Fraktionen, die Wahl seiner Nachfolgerin am kommenden Dienstag weitgehend virtuell zu organisieren. Eine persönliche Abstimmung in Straßburg sei zu gefährlich, hieß es angesichts einer Inzidenz von über 3000. Merkwürdig nur, dass die Parlamente in Paris und Berlin auch während der Pandemie weiter tagen – nur in Straßburg nicht…

Was fehlt

Die Sorge ums Flüssiggas. Wegen möglicher Wettbewerbs-Einschränkungen bei der Lieferung großer Flüssiggas-Tanker hat die EU-Kommission ein Veto gegen die geplante Fusion zweier Schiffbau-Schwergewichte in Südkorea eingelegt. “Große Flüssigerdgas-Tanker sind ein wesentlicher Bestandteil der Lieferkette für Flüssigerdgas”, erklärte Vizepräsidentin Margrethe Vestager. Zugleich trage Flüssigerdgas “zur Diversifizierung der europäischen Energieversorgung bei und erhöht somit die Versorgungssicherheit”. – Mehr zum Gas hier