Merkel muss Klinken putzen
Erst Brüssel, nun Ankara: Angesichts der Flüchtlingskrise, die neuerdings bekanntlich vor allem Deutschland trifft, muss Kanzlerin Merkel Klinken putzen. Doch bisher hat sie wenig Erfolg.
Beim EU-Gipfel in Brüssel blitzte sie mit dem Versuch ab, die umstrittenen Quoten zur Umverteilung von Flüchtlingen auf Dauer festzuschreiben. Die Osteuropäer blockten den Vorstoß ab.
Bei ihrem Treffen mit dem türkischen Sultan Erdogan am Sonntag dürfte sie schon froh sein, wenn der keine neuen Forderungen erhebt. Mit einer schnellen Einigung sei nicht zu rechnen, heißt es in Berlin.
Dabei hat Mutti schon Brücken gebaut: Als einzige zeigte sie beim EU-Gipfel Verständnis für Erdogans Forderung nach 3 Mrd. Euro Schmiergeld – pardon: Finanzhilfe – für die Abschottung Europas…
Mehr zur Flüchtlingskrise hier und in meinem neuen Krisenmonitor
Peter Nemschak
17. Oktober 2015 @ 18:10
Wann ist die Einreise von Flüchtlingen illegal? Unter den heute an den Grenzen Europas herrschenden Zuständen ist das Meiste, das passiert, illegal. Dafür ist nicht alleine Deutschland sondern die EU als Gesamtes verantwortlich. Solidarität ist in der EU ein Schönwetterbegriff geworden, nachdem die die Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs 70 Jahre und der Zusammenbruch der Sowjetunion ein Vierteljahrhundert zurückliegen. Nicht nur Individuen, auch Gesellschaften leiden unter Gedächtnisverlust.
ebo
17. Oktober 2015 @ 20:33
Sie sind lustig. In Griechenland pochen Sie auf die Einhaltung der Regeln. Aber sobald es um Deutschland oder Österreich geht, ist alles legal bzw egal…
Peter Nemschak
17. Oktober 2015 @ 22:28
Für die Grenzsicherung der Außengrenzen ist die EU als Ganzes verantwortlich, weil auch im Interesse jedes Mitgliedslandes. Dass eine faire Aufteilung der Flüchtlinge geboten ist, braucht man nicht weiter recht zu fertigen. Das sollte sich von selbst verstehen, ebenso, dass es gemeinsamer Regeln der Asylpolitik in Europa bedarf. Von allein wird das nicht kommen. Irgend jemand muss dabei die Führung übernehmen. Wenn den anderen die Führung durch Deutschland nicht passt, müssen andere vortreten. Bisher hält sich die Meldung von Freiwilligen allerdings in Grenzen.
Claus
17. Oktober 2015 @ 21:53
Die einzig “legale” Einreise von Flüchtlingen / Asylbewerbern nach Deutschland könnte nur auf dem Luftwege erfolgen, sieht man davon ab, dass eine Anlandung über die Nord- oder Ostsee per Schiffspassage eher unwahrscheinlich ist. So ist die Rechtslage.
Claus
17. Oktober 2015 @ 11:11
Zunächst: Es handelt sich weniger um ein Problem mit „Flüchtlingen“, einer „Flüchtlingskrise“, oder einem „Flüchtlingsstrom“, sondern vielmehr um ein Problem der illegalen Einwanderung in die EU und nach Deutschland. Zur Erinnerung: Gemäß Genfer Flüchtlingskonvention qualifizieren sich weniger als 5% der täglich hier ankommenden Menschen als „Flüchtlinge“, und es ist für mich ein Indiz für den bedauernswerten Zustand der Medien, wenn im Sinne des politisch verordneten öffentlichen Wohlgefühls noch immer an dieser Realität vorbeigeschrieben und in Folge auch kommentiert wird.
@Peter Nemschak: Auf wessen ernstzunehmende Menschenrechte beziehen Sie sich? Das Menschenrecht der illegalen Einwanderer mit dem fast vernachlässigbaren kleinen Anteil von Flüchtlingen? Oder das Menschenrecht eines gesamten Staatsvolkes auf Integrität, Stabilität und den Bestand des Staates? Als Orientierung könnte hier der von Frau Merkel geleistet Amtseid dienen:
„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen (. . .) werde“.
Ausgehend hiervon scheint es nur eine elementar wirksame politische Handlungsoption zu geben: Die illegale Einreise verwirkt das Begehren auf Aufenthalt und Asyl.
Peter Nemschak
16. Oktober 2015 @ 14:33
Kurzfristig ist die Politik Merkels tatsächlich alternativlos, langfristig kann mit verschiedenen Maßnahmen in den Ländern vor Ort und der Türkei der Flüchtlingsstrom nach Europa wenn schon nicht zu Versiegen gebracht so doch eingedämmt werden. Ob die Bürger, aber auch die Politikerkollegen on Merkel dafür den langen Atem haben werden, bleibt abzuwarten. Politik wird durch Emotionen und nicht durch Rationalität getrieben. Die Rationalität spräche für Merkels Ansatz unter der Annahme, dass man die Menschenrechte ernst nimmt.
ebo
16. Oktober 2015 @ 14:45
Alternativlos gibt es nicht. Merkel hätte einfach mit dem Ende der Beitrittsgespräche für die Türkei drohen können. Sie könnte auch die deutsche Marine in die Ägäis schicken, um der griechischen Küstenwache zu helfen. Aber so viel Mumm hat Mutti nicht, lieber rutscht sie vor dem Sultan auf den Knien…
Peter Nemschak
16. Oktober 2015 @ 18:13
Mit dem Ende der Beitrittsgespräche drohen ist ein zweischneidiges Schwert für die EU, außerdem liegt ein möglicher Beitritt ohnehin in weiter Ferne und stellt einen schwachen Hebel dar. Das Visathema ist ein wirkungsvolleres Mittel, weil als Incentive kurzfristig vor den Wahlen in der Türkei für Erdogan interessant. Mit der Marine ist, wie wir wissen außer politischem Aktionismus wenig gewonnen. Die Flüchtlingsfrage ist ein Europathema und gehört systematisch und von mehreren Seiten angegangen. Allerdings dauert dies seine Zeit, besonders in der EU, die das Thema allzu lange verdrängt hat. Die genannten Alternativen sind daher nicht besonders attraktiv
DerDicke
16. Oktober 2015 @ 22:25
Was soll die Marine bringen? Was im Moment zu uns kommt sind zu einem guten Teil Afghanen und Pakistani. Die kommen auf dem Landweg zu uns. Ist ohnehin zu spät zum Handeln, es sind immer noch zehntausende auf dem Weg, die Lager voll, die Kommunen überlastet, nur Mutti (Kinderlos und mit gesicherter persönlicher Zukunft) thront über allem und flötet “wir schaffen das” – wer bitte ist wir, und was ist ihr persönlicher Beitrag? Diejenigen, die am meisten leisten und ihre Arbeit auch noch einigermaßen schaffen, bekommen den Spott von denen, die nichts auf die Reihe bekommen zu spüren:
http://willkommen-in-wilmersdorf.de/index.php/2015/10/12/offener-brief-an-den-regierenden-buergermeister-von-berlin/
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeslaender-registrierten-in-40-tagen-409-000-fluechtlinge-a-1058120.html
409000 in 40 Tagen = 3.500.000 im Jahr. Und das obwohl wir schon bremsen und die Österreicher langsam ins schwimmen kommen:
http://derstandard.at/2000023969226/Fluechtlinge-Stadt-Salzburg-startete-randvoll-in-den-Freitag
Wie lange soll der Spaß noch weitergehen?
http://www.welt.de/debatte/henryk-m-broder/article147588559/Angela-Merkel-hat-die-Bodenhaftung-verloren.html
GS
17. Oktober 2015 @ 02:21
Dicker, das wird ein heißer Winter werden. Und damit meine ich nicht die Temperaturen. Passt natürlich auch bestens zur Situation, dass er bereits Mitte Oktober einsetzt.
Aber ebo hat Recht. Es muss endlich Schluss sein mit diesem endlosen Gequarke der Alternativlosigkeit. Ich kann’s nicht mehr hören. Aber man muss nur auf Programmatik und Personal von SPD und Grünen schauen, um zu sehen, dass es kein Entrinnen gibt. Die gehören zur erweiterten Merkelpartei und wenn sie davon abweichen, ist’s aktuell nur noch schauriger. Dann braucht sich auch keiner zu wundern, wenn die AfD, die gefühlt nach der Spaltung schon tot war, demnächst Rekordergebnisse bei den Landtagswahlen einfährt. Es sind nur noch zwei Jahre bis zur nächsten Bundestagswahl – Deutschland wird sich an den europäischen Trend anpassen.
Mir, als gebürtigem Ossi, wird übrigens zunehmend mulmig mit diesen ganzen Ossi-Evangelikalen an der Spitze unserer politischen Kaste…Merkel, Gauck und jetzt greift Göring-Eckart bei den Grünen nach der Macht. Schon eine bemerkenswerte Häufung, bedenkt man, welchen kleinen Anteil diese Gruppe an der deutschen Gesamtbevölkerung ausmacht.