May’s Tsipras-Moment – Exit vom Brexit?

Schon wieder May-Day. Weil sie für den Brexit-Deal mit der EU zuhause in London keine Mehrheit findet, versucht die britische Premierministerin nun ihr Glück in Brüssel. Doch die EU bleibt hart: Nachverhandlungen soll es nicht geben.

Nur über unverbindliche Klarstellungen zum “Backstop” für Irland könne man noch reden, sagten die EU-Chefs Juncker und Tusk am Dienstag. Dasselbe hatte zuvor schon Kanzlerin Merkel in Berlin erklärt.

Wie lässt sich diese harte, aus Sicht der Parlamentarier in London rücksichtslose, Haltung der EU begründen? Offiziell geht es darum, das EU-Mitglied Irland zu schützen und die Einheit der EU-27 zu wahren.

„Irland wird niemals alleingelassen“, betonte Juncker. Deutschland könne nicht in bilaterale Verhandlungen mit May eintreten, erklärte Merkel. Die EU trete beim Brexit geschlossen auf, und das werde auch so bleiben.

Beobachter in Brüssel vermuten jedoch, dass es auch darum gehe, ein Exempel zu statuieren. Seit dem Brexit-Referendum wurde immer wieder die Sorge laut, andere EU-Länder könnten es UK gleichtun und mit dem Austritt drohen.

Möglichen Nachahmern dürfte das Brexit-Chaos als abschreckendes Beispiel dienen. Je härter die EU auftritt, desto größer die Abschreckung. Es ist Mays Tsipras-Moment – der griechische Premier hat das alles 2015 auch schon erlebt.

Außerdem hofft mancher, die Briten könnten es sich noch einmal anders überlegen. Vor allem Ratspräsident Tusk würde es begrüßen, wenn es zum „Exit vom Brexit“ käme. Die Tür stehe offen, betont Tusk bei jeder Gelegenheit.

Auch der Europäische Gerichtshof hält eine Umkehr für möglich: „Dem Vereinigten Königreich steht es frei, seine Austrittsbekundung einseitig zurückzunehmen“, urteilten die höchsten EU-Richter am Montag in Luxemburg.

Der irische Premier Varadkar hat May nun sogar ganz offen aufgefordert, den Brexit zu stoppen. Nach dem EuGH-Urteil habe sie “die Option”, den Exit vom Brexit zu wagen, sagte er. Na dann…

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WATCHLIST:

  • Darf Italien im Budgetstreit mit der EU-Kommission auf Nachsicht hoffen? Am Mittwoch trifft Premier Conte auf Kommissionschef Juncker. Der wollte eigentlich hart bleiben, muss aber nun auch die neue Lage in Frankreich bedenken. EU-“Musterschüler” Macron möchte plötzlich mehr neue Schulden machen als Italien… – Mehr dazu hier

WAS FEHLT:

  • Die deutsche Niederlage im Streit um die Anleihekäufe der EZB. Der Europäische Gerichtshof stellte am Dienstag fest, die vor allem in Deutschland umstrittenen Transaktionen würden nicht gegen EU-Recht verstoßen. Dies sei ein “Freifahrtschein für Anleihenkäufe”, meint Reuters. Aber keine Angst: die EZB will ihr Programm ohnehin zurückfahren!