Deutsch-französische Manöver, Showdown beim Rechtsstaat – und Meuthens Waterloo

Die Watchlist EUropa vom 16. Februar 2022 –

Erst Präsident Macron, dann Kanzler Scholz: Deutschland und Frankreich haben mit ihren diplomatischen Manövern in Moskau, Kiew und Washington versucht, den Ukraine-Russland-Konflikt zu entschärfen. Doch wie gut ist die diplomatische Offensive abgestimmt – und wie weit kann sie überhaupt tragen?

Zunächst sah es ganz gut aus: Als Macron vor einer Woche aus Moskau zurückkam, lag Entspannung in der Luft. Kremlchef Putin habe ihm versprochen, dass es keine militärische Eskalation geben werde, sagte der Franzose.

Russland werde seine Truppen nach dem Ende der Manöver in Belarus wieder abziehen, der Grundstein für einen sicherheitspolitischen Dialog sei gelegt, gab sich Macron optimistisch.

Doch Scholz konnte darauf bei seinem Besuch im Kreml nicht aufbauen. Von einer neuen Sicherheitsordnung in Europa, wie sie Macron vorschwebt, war nach seinem dreistündigen Gespräch mit Putin keine Rede.

Die Warnung aus den USA, am Mittwoch – also kurz nach Scholz’ Besuch in Moskau – könne der Krieg in der Ukraine beginnen, hat den Dialog schwer belastet, wenn nicht unmöglich gemacht.

Scholz sieht Grund zu Hoffnung

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Der Kanzler sieht zwar “genügend Ansatzpunkte” für eine “gute Entwicklung in der Ukraine-Krise, wie er in der Pressekonferenz mit Putin sagte. Doch worauf diese Hoffnung ruht, ist unklar.

Putin forderte, nun sei es höchste Zeit, über seine Forderungen zum Rückzug der Nato zu reden. Und er versuchte, den Druck auf die USA und die EU mit Hinweis auf den Kosovo-Krieg zu erhöhen.

Ein guter Start in Verhandlungen sieht anders aus. Denkbar erscheinen sie nur, wenn Deutschland und Frankreich den Schulterschluß üben – und die anderen EU-Länder, die Nato und die USA mitziehen.

Nato und USA schießen quer

Doch die Nato und die USA schossen gleich wieder quer. Ein russischer Angriff sei weiter möglich, so US-Präsident Biden. Und ob die Osteuropäer mitziehen, muss bezweifelt werden.

Erste Aufschlüsse werden vom EU-Gipfel erwartet, der am Donnerstag in Brüssel beginnt. Offiziell ist er zwar den Beziehungen zu Afrika gewidmet. Doch die Ukraine-Russland-Krise dürfte die Gespräche beherrschen.

Nur wenn es Macron und Scholz gelingt, eine Mehrheit hinter sich zu versammeln, können ihre diplomatischen Manöver weiter führen. Und wenn nicht? Dann werden wieder die USA die Regie übernehmen…

Siehe auch “Kriegswarnung ohne Beweise: Abschreckung oder Fake News?”

Watchlist

Macht die EU doch noch ernst mit dem neuen Rechtsstaats-Mechanismus? Dies dürfte sich am Mittwoch zeigen, wenn der Europäische Gerichtshof sein lang erwartetes Urteil über die neuen EU-Regeln fällt, die die Sperrung von Budgetmitteln etwa in Ungarn oder Polen ermöglichen. In Brüssel rechnet man mit grünem Licht – doch wird die EU-Kommission das Urteil auch umsetzen, oder spielt sie weiter auf Zeit?

Was fehlt

Das politische Waterloo für den früheren AfD-Chef Jörg Meuthen. Zweieinhalb Wochen nach seinem Austritt aus der AfD hat das EU-Parlament ihm die parlamentarische Immunität entzogen. Damit steht möglichen strafrechtlichen Ermittlungen gegen Meuthen formal nichts mehr im Wege. Nach Angaben aus dem Rechtsausschuss geht es um mutmaßlich falsche Angaben in Rechenschaftsberichten der AfD.