Klatsche für von der Leyen, Veto für Flüchtlinge – und Bremse für Bulgarien
Die Watchlist EUropa vom 15. Juni 2022 –
Es ist eine Ohrfeige für die EU-Kommission: Zwei wichtige Ausschüsse des Europaparlaments haben sich am Dienstag in Brüssel gegen das geplante Ökolabel für Atomkraft und Gas ausgesprochen. Damit wackelt die so genannte Taxonomie, mit der die Brüsseler Behörde neue Investitionen in „nachhaltige“ Energieträger lenken will.
Die Idee stammt von Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU). Wenige Stunden vor der Jahreswende 2021/22 legte sie ihren Entwurf vor, mit dem sie sowohl Deutschland – beim Gas – als auch Frankreich – beim Atom entgegenkommen will. Beide Energieträger sollen als klimaschonende Übergangstechnologien gefördert werden.
Die Parlamentarier hat das nicht überzeugt. Der Umwelt- und der Wirtschaftsausschuss lehnten die Vorlage mit 76 zu 62 Stimmen bei vier Enthaltungen ab. Entscheidend wird nun die nächste Sitzung des gesamten Parlaments im Juli. Wenn das Plenum die Regelung ebenfalls ablehnt, so kann sie nicht in Kraft treten, die Taxonomie wäre tot.
Die Entscheidung fällt im Juli
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„Das ist eine erste Klatsche gegen den Versuch der Kommissionschefin von der Leyen, Atomkraft und Gas durch die Hintertür als grün zu deklarieren“, sagte der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss. Er geht davon aus, dass das Ausschussvotum eine Signalwirkung entfalten wird – und auch das Plenum im Juli „Nein“ sagt.
Den Ausschlag dürften im Juli rund 200 Abgeordnete geben, die bisher noch unentschlossen sind. Sie werden nun mit Argumenten von beiden Seiten – Anhängern und Gegnern der Taxonomie – bombardiert. Die Gegner verspüren nun Rückwind.
Doch selbst, wenn sich am Ende die Befürworter der Taxonomie durchsetzen sollten – der Streit im Europaparlament ist eine ernste Warnung für von der Leyen. Ihre selbstherrliche und beratungsresistene Politik stößt auf wachsenden Widerstand der Parlamentarier.
Mißtrauenvotum knapp abgewendet
Vor zwei Wochen wäre es fast zu einem Mißtrauensvotum gegen die Kommissionschefin gekommen. Anlaß war ihre einsame Entscheidung, Polen wieder EU-Gelder aus dem Corona-Aufbaufonds auszuzahlen – trotz der anhaltenden rechtsstaatlichen Probleme in dem Land.
Als sich der Aufstand abzeichnete, starteten von der Leyens Mitarbeiter in aller Eile eine Charmeoffensive. Plötzlich wurden die Europaabgeordneten umworben, die die EU-Kommission normalerweise kaum beachtet. „Das Telefon stand nicht mehr still“, berichten Insider.
Der Eklat wurde in letzter Minute abgewendet. Doch die Stimmung ist weiter angespannt, wie der Flop bei der Taxonomie zeigt. Einen weitere Fehltritt kann sich von der Leyen nicht mehr leisten…
Siehe auch „Showdown um die Taxonomie“
Watchlist
Wird Großbritannien Asylsuchende nach Ruanda deportieren? Ursprünglich sollte die heftig umstrittene Maßnahme am Dienstag beginnen. Doch kurz vor dem ersten Flug hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein Veto eingelegt. Das Gericht forderte die britischen Behörden in einer sogenannten einstweiligen Maßnahme auf, den Mann frühestens drei Wochen nach einer finalen Entscheidung in seinem in Großbritannien laufenden Verfahren außer Landes zu bringen.
Was fehlt
Die deutsche Bremse für Bulgarien. Finanzminister Christian Lindner hat bei einem Besuch in Sofai keine zeitliche Perspektive für einen Beitritt des Landes zum Euro genannt. Bei der Frage, ob Bulgarien die gemeinsame Währung einführen könne, komme es zuallererst darauf an, ob die offiziellen Kriterien erfüllt würden, sagte der FDP-Politiker. Dann sei es auch eigentlich keine politische Entscheidung mehr. Die Regierung in Sofia strebt die Einführung des Euro für 2024 an.
european
15. Juni 2022 @ 11:42
Es muss aufhören, dass die Länder gescheiterte Landespolitiker nach Brüssel entsorgen. Diese Krise hat bisher ganz deutlich gezeigt, dass dort mittlerweile wichtige Schalthebel sind, mit denen den Ländern großen Schaden zugefügt werden kann. Die EUCO Präsidentin demonstriert das aktuell daselbst in vollem Umfang.
Von der Leyen, Michel, Borrell, Oettinger… Die Liste wird lang und länger. Ich meine, Sonneborn von der Partei hat diesem Thema mal ein ganzes Video gewidmet.
Michael
15. Juni 2022 @ 09:24
Sie war schon immer selbstherrlich und wurde nur teuer von nahestehenden Leuten in dubiosen Vergaben beraten. Hauptsache, sie stand strahlend über allem. Jetzt ist noch Größenwahn und Kompetenzanmassung dazugekommen. Allerdings waren früher die Kollateralschäden eher gering. Jetzt ruiniert sie – auch als Statthalterin der USA mit den hirnrissigen Sanktionspaketen ganz Europa. Es ist wie bei der Austeritätspolitik: wenn die Wirkung ausbleibt oder das Gegenteil bewirkt, erhöht man einfach die Dosis.
Die Definition von Irrsinn: immer wieder das gleiche machen und auf ein anderes Ergebnis hoffen.