Kein guter Trump-Deal in Sicht, Macron rechtfertigt sich & Merz verplappert sich
Die Watchlist EUropa vom 27. Mai 2025 – Heute mit News und Updates zum US-Handelskrieg gegen die EU, zu einem viralen Video aus Vietnam und zu Waffenlieferungen an die Ukraine.
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Aufatmen in Brüssel: Die befürchtete Eskalation im Zollstreit mit den USA ist vorerst abgewendet. In einem Telefongespräch mit US-Präsident Trump hat EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen eine neue Schonfrist bis zum 9. Juli vereinbart. Das zunächst angedrohte Ultimatum zum 1. Juni ist damit vom Tisch.
Trumps Drohung mit einem Strafzoll von 50 Prozent auf alle EU-Exporte steht zwar weiter im Raum – doch immerhin gibt es nun wieder Zeit für Verhandlungen. Worüber die USA und die EU verhandeln, will die EU-Kommission jedoch nicht verraten.
Von der Leyen hat bereits die beiderseitige Abschaffung aller Zölle auf Industriegüter vorgeschlagen und eingewilligt, mehr Flüssiggas aus den USA abzunehmen.
EU-Handelskommissar Sefcovic soll zudem angeboten haben, über zusätzliche Käufe von Hochleistungs-Chips für die sog. Künstliche Intelligenz zu sprechen und gemeinsam mit den USA gegen angebliche chinesische Überkapazitäten im Handel vorzugehen. Auch Waffenkäufe sind ein Thema.
Trump will auch übers Internet reden
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Trump reicht dies jedoch nicht. Der US-Präsident will nicht nur über den Handel, sondern auch über sachfremde Themen sprechen – etwa über die EU-Internetgesetze DSA und DMA, die X-Chef Elon Musk und anderen Trump-Buddys ein Dorn im Auge sind.
Das lehnt von der Leyen ab – jedenfalls bisher. EU-Gesetze ließen sich nicht einfach wegverhandeln, heißt es in Brüssel. Allerdings hat die EU-Kommission bereits mehrere Prüfverfahren nach dem Digitale-Dienste-Gesetz DSA auf die lange Bank geschoben – offenbar aus Rücksicht auf Trump und Musk.
Zu welchen Zugeständnissen die EU am Ende bereit sein wird, lässt sich schwer abschätzen. Von der Leyen braucht Trump nicht nur für einen Deal im Handel, sondern auch in der Ukraine. Die EU will die USA zu Sanktionen gegen Russland überreden – auch dies spielt im Hintergrund eine wichtige Rolle.
Es ist eine explosive Gemengelage, über die sich Trump und von der Leyen verständigen müssen. Ein guter Deal ist dabei nicht in Sicht. Die EU-Chefin hat sich schon sehr weit über den Tisch ziehen lassen. Daß es ihr noch gelingen wird, die US-Zollbarrieren vollständig abzuräumen, glaubt in Brüssel keiner mehr…
News & Updates
- Macron rechtfertigt sich wegen Vietnam-Video. Hat sich Frankreichs Staatschef mit seiner Ehefrau Brigitte gestritten, hat sie ihm gar einen Schlag ins Gesicht versetzt? Das legt ein Video von der Landung des Paars in Vietnam nahe; es ist nach der Veröffentlichung auf YouTube viral gegangen. Macron ließ zunächst erklären, dass die Bilder verfälscht und von Russland in böswilliger Absicht verbreitet worden seien. Doch das waren “Fake News”, denn es handelt sich um offizielle Aufnahmen und echte Bilder. – Macron blieb am Ende nichts anderes übrig, als sich zu rechtfertigen – man habe sich ein wenig gerauft und einen “Moment de complicité” geteilt. Peinlich…
- Brunner outet sich als Deutschland-Versteher. Der neue EU-Innenkommissar Brunner hat nicht die Absicht, Deutschland wegen der neuen Grenzkontrollen zu rügen. In den EU-Regeln gebe es Möglichkeiten, “wenn die öffentliche Sicherheit unter Druck, die öffentliche Ordnung unter Druck stehen”, gewisse Maßnahmen umzusetzen, sagte Brunner im WDR. “Und diese Möglichkeiten nimmt Deutschland jetzt wahr.” – Allerdings ist umstritten, ob in Deutschland eine Notlage besteht – und ob die Grenzkontrollen mit EU-Recht vereinbar sind. Mehrere Nachbarländer haben sich bereits beschwert – doch Brunner will offenbar nicht einschreiten…
- Nordische Staaten warnen Merz vor Russland. Regierungschefs aus Nordeuropa haben bei einem Nord-Gipfel vor den Gefahren gewarnt, die angeblich von Russland ausgehen. Finnlands Ministerpräsident Orpo sagte, Russland stelle eine „langfristige Gefahr für uns und für ganz Europa“ dar. Nicht nur militärisch, sondern etwa auch durch Cyberattacken und Vorfälle in der Ostsee, wo mehrfach Unterseekabel beschädigt worden waren. – Ihre Sorgen wollten die Nordlichter auch Kanzler Merz mitteilen – der kam für einen Kurzbesuch nach Finnland…
Das Letzte
Merz verplappert sich. Eigentlich hatte er gelobt, nicht mehr öffentlich über Waffenlieferungen an die Ukraine zu sprechen und “strategische Ambiguität” walten zu lassen. Doch nun hat sich Kanzler Merz verplappert – und wie: Es gebe „keinerlei Reichweiten-Beschränkungen mehr für Waffen, die an die Ukraine geliefert worden sind, weder von den Briten noch von den Franzosen noch von uns, von den Amerikanern auch nicht“, sagte er beim WDR-Europaforum in Berlin. Das sorgte für großes Aufsehen – und für viele Fragen: Geht es nur um Waffen, die schon geliefert wurden – oder auch um neue, vielleicht sogar um den deutschen Taurus? Und wenn ja, wird Deutschland endgültig zur aktiven Kriegspartei? – Merz wird sich bald erklären müssen, denn die Reaktionen aus Russland ist heftig. Dies seien „ziemlich gefährliche Entscheidungen, wenn es sie gegeben hat“, sagte Kremlsprecher Peskow. Gefährlich für Russland – oder auch für Deutschland?
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Helmut Höft
27. Mai 2025 @ 15:41
Donald John “… über sachfremde Themen sprechen”. Es gibt keine sachfremden Themen für den 47. POTUS: Vorsorgeprinzip, Umwelt- und Klimapolitik (“a chinese hoax to harm the amercan industry”): Das muss alles, nach trumpschen Ansprüchen, amerikanisiert werden.
Das Problem diesseits: Die Ignoranz der radikalen Mitte und die strunzdumme und ideologische Politniki.
Monika
27. Mai 2025 @ 10:26
1 Merz verplappert sich…
Politik auf KIGA-Niveau: er muss sich ja quasi “verplappern”, sonst weiss ja niemand, WIE großartig mERz ist!
Vielleicht sollte man doch für eine psychologische Eingangsprüfung von Anwärtern auf höchste politische Ämter plädieren… Einen Selfisten wie Merz jedenfalls haben die Deutschen nicht verdient!
2 Der komische Vogel aus Finnland sollte investigativ-journalistisch mal näher beleuchtet werden, welche Ausbildungkurse er bei CIA&CO durchlaufen hat, um dann als “finnischer” Ministerpräsident gepusht zu werden.
3 Und zu Macron: seine Herzdame sollte den kleinen Napoleon ruhig öfters mal handfest “erden”, und ja, öffentlich muss es sein sonst wirkt es ja nicht (siehe Punkt 1)
sollte – könnte – müsste … fromme Wünsche halt, denn die Welt ist und bleibt ein Affenfelsen.
Thomas Damrau
27. Mai 2025 @ 10:08
Nicht nur Merz verplappert sich: Alle Parteien der Radikalen Mitte schicken ständig irgendwelche PolitikerInnen mit dem Auftrag an die Mikrophone, mal wieder ein starkes Signal auszusenden. Heute früh im DLF ging es um die eingefrorenen russischen Vermögen und das 7312. Sanktionspaket.
Damit soll bei den WählerInnen mal wieder der Eindruck erweckt werden, jetzt habe man die magische Formel entdeckt, um Putin endlich zu Was-Auch-Immer zu zwingen.
Da darf natürlich der Boss von’s Ganze nicht zurückstehen: Ran ans nächste Mikrophone und irgendwas Markiges von sich geben.
Drei Fragen stellen sich in diesem Zusammenhang:
— Hat man nun (nach drei Jahren) die magische Formel gefunden?
— Wie lange kann man das deutsche Publikum mit einer solchen Nummern-Revue beeindrucken?
— Kann man Putin mit alledem beeindrucken?
Guido B.
27. Mai 2025 @ 10:52
“Hat man nun (nach drei Jahren) die magische Formel gefunden?”
Nö.
“Wie lange kann man das deutsche Publikum mit einer solchen Nummern-Revue beeindrucken?”
Ewig.
” Kann man Putin mit alledem beeindrucken?”
Nö.
Hier ein paar ergänzende Gedanken zum politischen Rahmen des Konflikts. Sie belegen, dass der Westen seit 2014 den Hauptbeitrag zur Eskalation leistet. Wenn ein großer Krieg in Europa ausbricht, dann ist er im Wesentlichen der völkerrechtswidrigen Politik des Westens zu verdanken.
Der Westen hat dreifach versagt, im Einklang mit dem Völkerrecht zu handeln – und sorry für den überlangen Text:
1)
Die Konfliktvermeidung nimmt im Völkerrecht (UN-Charte) einen zentralen Stellenwert ein. Friedenspolitik bedeutet in erster Linie, zwischenstaatliche Provokationen, Konfrontationen und Konflikte zu vermeiden. Es gibt keine Verlautbarungen Russlands, dass die einvernehmliche politische und wirtschaftliche Integration von ehemaligen Staaten der Sowjetunion in die Europäische Union für die Russische Föderation eine Bedrohung darstellt. Dagegen hat Russland wiederholt klar gemacht, dass die Osterweiterung der NATO, des grössten westlichen und traditionell antirussischen Militärbündnisses, die Sicherheit Russlands negativ tangiert. Ein antirussisches Militärbündnis ist auch dann eine Bedrohung für Russland, wenn es sich als „Verteidigungsbündnis“ ausgibt, denn Verteidigung kann zum einen auch aggressiv-imperialistisch verstanden werden (Stichwort Pax Americana), anderseits können defensive Waffensysteme wie Raktenbasen auch offensiv eingesetzt werden. Es ist daher eine plausibles Argument, dass die militärische Bedrohung mit dem Heranrücken der NATO an die russischen Grenzen für Russland zunahm. Kurz: Die NATO-Staaten gewannen mehr Sicherheit auf Kosten Russlands. Das war offenkundig und unbestritten auch der Zweck der Osterweiterung.
Schlussfolgerung: Mit ihrem Vorgehen verstiessen die NATO-Staaten gegen Artikel 1 der UN-Charta, der folgende Ziele nennt: Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit, Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Nationen sowie Förderung der internationalen Zusammenarbeit zur Lösung internationaler Probleme wirtschaftlicher, sozialer, kultureller oder humanitärer Art. Die NATO-Osterweiterung mit seiner eindeutig antirussischen Stossrichtung hat offenkundig einen Konflikt provoziert und widerspricht daher einer Friedenspolitik im Sinne des Völkerrechts.
2)
Von Seiten des Westens bestand zu keinem Zeitpunkt ein ernsthaftes Interesse, die Sicherheitsbedenken Russlands zu berücksichtigen und eine Eskalation des Konflikts zu vermeiden. Im Gegenteil: Je mehr sich Russland über die Pläne des Westens, die Ukraine aufzurüsten und in die NATO zu integrieren, beklagte, desto aggressiver wurde die Ukraine aufgerüstet und als künftiges NATO-Mitglied gefeiert. Die Unterstützung des Westens für die Ukraine in Form von Geld, Waffenlieferungen und NATO-Integration wurde nie an Bedingungen geknüpft. Schlimmer noch: Je antirussischer sich die ukrainische Regierung gebärdete, desto mehr Applaus und Unterstützung wurde ihr von westlichen Regierungen und Medien zuteil.
Dieses offen feindselige Auftreten des Westens gegenüber Russland manifestierte sich seit dem Euromaidan 2013/14 und radikalisierte sich nach dem Beginn der Special Military Operation im Februar 2022. Statt den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine zu deeskalieren, goss der Westen endlos Öl ins Feuer, indem er sich vorbehaltlos auf die Seite der ukrainischen Regierung stellte, alle diplomatischen Bemühungen einstellte und die Ukraine mit Waffen vollpumpte, auf dass sie Russland auf dem Schlachtfeld besiegen möge.
Zwar betonte der Westen stets, dass die Ukraine selber über ihre Zukunft zu entscheiden habe, doch er sorgte auch immer dafür, dass die Ukraine gegen Russland weiterkämpfen kann und muss. Er behauptete, dass in der Ukraine die Freiheit des Westens verteidigt werde und ein Sieg über Russland alternativlos sei, denn sonst würde Russland seinen „imperialen Krieg“ auf ganz Europa ausweiten. Damit schloss der Westen auch aus, sich auf Kompromisse mit Russland einzulassen. Obwohl er im Mai 2025 ultimativ einen bedingungslosen Waffenstillstand forderte, liess der Westen keinen Zweifel daran, dass es faktisch nichts zu verhandeln gibt. Er unterstützte stets die Maximalforderungen der ukrainischen Regierung, die eine vollständige Kapitulation Russlands bedeuten würden.
Schussfolgerung: Die Verweigerung jeder Diplomatie und das Bestehen auf der bedingungslosen Kapitulation Russlands lässt keinen Raum für echte Friedensverhandlungen und setzt einzig auf einen Sieg auf dem Schlachfeld, während harte Sanktionen und weitere Waffenlieferungen Russland in die Knie zwingen sollen. Dieses Verhalten widerspricht dem völkerrechtlichen Prinzip der friedlichen Streitbeilegung.
3)
Der Westen beurteilt die Aggression Russlands als Völkerrechtsbruch und verlangt, dass Russland dafür bezahlen und hart bestraft werden müsse. Bei den Aggressionen anderer Nationen ist der Westen kulanter, was vor allem in der Konfliktregion Naher Osten sichtbar wird. Sanktionen gegen die Türkei wegen Aggressionen in Syrien? Null. Sanktionen gegen Israel wegen Aggressionen im Gazastreifen, Libanon und in Syrien? Null. Sanktionen gegen die USA oder UK wegen Aggressionen überall auf der Welt, zuletzt in Afghanistan? Null. Es ist offensichtlich, dass der Westen ein Problem mit seiner Glaubwürdigkeit hat. Er teilt die Welt in „Gute“ und „Böse“ und bedient sich dabei einer Doppelmoral, die keine Scham kennt. Während er bei den Kriegsverbrechen seiner Freunde wegschaut (Bush, Obama, Selenski, Netanjahu), prangert er dieselben Verbrechen bei seinen Feinden an. Whistleblower wie Snowden und Assange werden verfolgt.
Schlussfolgerung: Der Westen definiert sich als edle „Wertegemeinschaft“ und zählt sich zu den „Guten“. Dies hält ihn jedoch nicht davon ab, ohne UN-Mandat militärisch aggressiv vorzugehen (Serbien, Irak, Libyen, Afghanistan, Syrien usw.) – mit entsprechenden Opferzahlen und Verwüstungen. Gleichzeitig sanktioniert er Nationen, die ihre nationalen Interessen auf ähnliche Weise vertreten, aber nicht zum Westen gehören. Der Westen macht also einen Unterschied zwischen befreundeten Aggressoren und feindlichen Aggressoren. Diesen Unterschied macht das Völkerrecht nicht. Darum kann die westliche „Wertegemeinschaft“ kein Teil der Friedenspolitik gemäss Völkerrecht sein.
Monika
27. Mai 2025 @ 13:12
Danke für diesen “überlangen” Text, der das angeblich so hochkomplexe westliche “Dilemma” überaus verständlich klarlegt. In Wahrheit ist es ja gar kein echtes Dilemma, denn der Westen müsste sich schlicht nur ans von ihm so hoch gepriesene Völkerrecht halten. Ganz einfach, jeder Staat für sich…und die künstlich geschaffene “Komplexizität” (zumindest soll das Dummbaddel Volk glauben) liesse sich in Kürze gänzlich unaufgeregt auflösen.