Jetzt kommt die Steuerdebatte
Fast zwei Monate nach dem “historischen” EU-Gipfel ist immer noch unklar, wie die EU ihre neuen Schulden abtragen soll. Finanzminister Scholz versucht es jetzt mit einer Steuerdebatte.
Olaf Scholz hat einen Traum. Der Bundesfinanzminister will, dass “Europa mehr zu einer Union zusammenwächst” und finanziell stärker auf eigenen Beinen steht. Dazu sollen auch neue EU-Steuern und -Abgaben beitragen, erklärte der SPD-Politiker kurz vor einem Treffen der EU-Finanzminister am kommenden Wochenende in Berlin.
“Um die Folgen der Corona-Krise zu bewältigen, nimmt die EU-Kommission erstmals in ihrer Geschichte in größerem Umfang Geld auf“, so Scholz. „Jetzt stellt sich als nächstes die Frage, wie dieses Geld wieder zurückgezahlt wird? Da werden auch neue gemeinsame Einnahmen der Europäischen Union eine wichtige Rolle spielen.“
Doch bisher stehen diese Einnahmen – in Brüssel spricht man von Eigenmitteln – nur auf dem Papier. Bei ihrem „historischen“ Gipfeltreffen im Juli haben sich Kanzlerin Angela Merkel und ihre Amtskollegen zwar auf neue EU-Schulden in Höhe von 750 Milliarden Euro geeinigt. Zu den Eigenmitteln gab es aber nur Absichtserklärungen.
Lediglich eine Abgabe auf nicht recyceltes Plastik ist schon beschlossene Sache. Der Rest ist kaum mehr als Wunschdenken. Eine Digitalsteuer, eine Finanztransaktionssteuer und eine Ausweitung des umstrittenen europäischen Handels mit Emissionszertifikaten stehen ebenso auf dem Papier wie eine CO2-Grenzsteuer.
Scholz will nun Druck machen, damit aus dem Wunsch möglichst schnell Wirklichkeit wird. Denn ohne neue Eigenmittel könnte die EU nicht einmal den Schuldendienst finanzieren, der nach dem Gipfelbeschluss auf kommenden Generationen lastet.
Das schuldenfinanzierte Corona-Hilfsprogramm mit dem blumigen Titel „Next Generation EU“ würde dann zu einer schweren Hypothek auf die Zukunft.
Weiterlesen bei “Cicero online”. Siehe auch “Scholz hat eine Vision”
Peter Eschke
30. September 2020 @ 20:18
Dert Staat kann sich über Staatsanleihen bei der EZB refinanzieren. Wenn die Schulden zurückgezahlt werden müßten, wäre dieses Geld der Nachfrageseite entzogen und die Wirtschaft würde schwer geschädigt werden. Makroökonomie funktioniert eben gänzlich anders als die Finanzierung eines privaten Haushaltes.
Claus Hiller
10. September 2020 @ 11:11
Gäbe bei den EU-Verantwortlichen den zartesten Hauch von Respekt für Recht und Verfassung, würde es das „Corona-Hilfsprogramm nicht geben, denn es verstößt gegen mehrere Artikel der EU-Verfassung, wie zum Verbot der Gemeinschaftshaftung der Staaten (Art 125 AEUV) sowie Verbot der Staatsfinanzierung durch die Notenbank (Art 123 AEUV). Zudem ist jetzt schon absehbar, zu wessen Lasten die Sache laufen wird, und die Länder, die schon vor Corona pleite waren, gehören definitiv nicht dazu.
Gäbe es weniger Hofberichterstattung und mehr Medien, die ihre Kontrollfunktion wahrnehmen, wäre es auch der Öffentlichkeit in höherem Maße bewusst, wie sie hinter die Fichte geführt wird und welche Last ihr und den kommenden Generationen gerade aufgebürdet wird.
Würden Vertreter der nationalen Notenbanken verantwortlich mitreden, erzählten sie den EU-Funktionären, dass die hier zur Diskussion stehenden 750 Mrd. Euro (750.000.000.000) rein finanzmathematisch nicht getilgt werden können, wobei dies auch wohl nicht beabsichtigt ist, und ein RESET das Ganze dann wohl richten wird, weswegen wohl auch der Goldpreis sich derzeit gut entwickelt.
Und da die Politik keinesfalls untätig erscheinen möchte, streitet man sich ganz vergnüglich über eine „Plastiksteuer“. Plastik ist schlecht, das weiß ja wohl jeder!
Peter Nemschak
9. September 2020 @ 22:07
Steuerdebatte verfrüht. Das wird man sehen. Scholz will sich politisch profilieren. Steuerdebatten jetzt sind kontraproduktiv.